Gehaltsunterschiede Gehälter und Löhne in Deutschland: Der Einfluss von Branche, Bundesland und Geschlecht

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhielten hierzulande im Jahr 2022 durchschnittlich ein Bruttogehalt von 4.105 Euro. Deutschland liegt damit in einem Vergleich von insgesamt 42 europäischen Ländern gemessen an der Pro-Kopf-Kaufkraft auf dem achten Platz. Auf den ersten Blick scheint also alles in Ordnung zu sein beim Thema Verdienst. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, wie groß die Unterschiede im Detail sind. Die größten Einflussfaktoren in diesem Zusammenhang stellen immer noch die Branche, das Bundesland sowie das Geschlecht dar.

Gehälter und Löhne in Deutschland: Der Einfluss von Branche, Bundesland und Geschlecht

Nicht nur der Gehaltsunterschied zwischen den einzelnen Branchen überrascht, sondern vor allem auch der zwischen Ost- und Westdeutschland. (Bild: alterfalter | shutterstock.com)

Der durchschnittliche Netto-Stundenlohn in Deutschland liegt bei 20,85 Euro

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht jährlich die Entwicklung des durchschnittlichen Stundenlohns je Arbeitnehmer in Deutschland. Von 2021 auf 2022 ist dieser Wert von 19,93 Euro auf 20,85 Euro angestiegen. Zum Vergleich: Seit dem Jahr 1992 hat sich der Stundenlohn damit mehr als verdoppelt.

Durchschnittlicher Netto-Stundenlohn je Arbeitnehmer in Deutschland von 1991 bis 2022 (Bild: Statista)

Heißt das im Umkehrschluss, wir können uns damit auch doppelt so viel leisten wie vor rund 30 Jahren?

Leider nicht, denn bei der Entwicklung der Stundenlöhne muss auch immer die Inflation berücksichtigt werden. Und die ist laut dem Inflationsrechner von LawyerDB im Beobachtungszeitraum ähnlich angestiegen wie der Stundenlohn. Die Inflationsrate ist in den Jahren 1992 bis 2022 pro Jahr durchschnittlich um 1,88 Prozent angestiegen. Die Preissteigerungen belaufen sich in diesem Zeitraum auf insgesamt 78,03 Prozent. Anders ausgedrückt: Die (theoretischen) 1.000 Euro aus dem Jahr 1992 waren 2022 nur noch 561,71 Euro wert.

Besonders interessant wird die Analyse des Durchschnittseinkommens in Deutschland vor allem bei einem genauen Blick auf drei entscheidende Einflussfaktoren.

Spoiler-Alarm: In Deutschland ist es nicht egal, in welcher Branche jemand tätig ist und wo der genaue Arbeitsort liegt. Und es macht vor allem immer noch einen entscheidenden Unterschied, ob vor dem Namen ein „Frau“ oder „Herr“ steht.

Einflussfaktor Branche: Die Unterschiede sind riesig

Vor allem im Vergleich der Branchen ergeben sich immer noch erhebliche Unterschiede. Wer etwa im Jahr 2021 in den Branchen „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ oder „Information und Kommunikation“ beschäftigt war, erhielt dafür mehr als das dreifache Bruttoeinkommen von Beschäftigen im Gastgewerbe.

Konkret: In den beiden erstgenannten Branchen lag das Bruttoeinkommen im Jahr 2021 bei 81.929 Euro. Im Gastgewerbe mussten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen mit 26.820 Euro zufriedengeben.

Zu den bestbezahlten Branchen in Deutschland gehören darüber hinaus die Energieversorgung, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen sowie das Grundstücks- und Wohnungswesen. Am unteren Ende der Skala findet sich schon fast traditionell der Handel und das Baugewerbe.

Und trotz aller Beteuerungen von vielen Politikern im Rahmen der Corona-Pandemie konnte auch das Gesund- und Sozialwesen keinen entscheidenden Schritt nach vorne machen und liegt im Ranking immer noch auf Platz 10 mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von 53.084 Euro.

Interessant beim Vergleich der Branchen ist vor allem die unterschiedliche Bezahlung des gleichen Berufs. Die Vergütungsberatung Compensation Partner vergleicht in ihrem Branchenindex die Gehaltsdaten von insgesamt 17 Berufen.

Das Ergebnis: Wer beispielsweise in einem Unternehmen aus dem Bereich Maschinenbau als Buchhalter tätig ist, verdient wesentlich mehr als jemand, der dieser Tätigkeit in der Lebensmittelindustrie nachgeht. Wohlgemerkt bei gleicher Qualifikation, Erfahrung und Unternehmensgröße.

Einflussfaktor Bundesland: Die üblichen Verdächtigen

In weiterer Folge macht es auch noch einen entscheidenden Unterschied, in welcher Region beziehungsweise in welchem Bundesland dieser Buchhalter beschäftigt ist.

Denn die Unterschiede beim Stundenlohn sind auch bei diesem Einflussfaktor riesig. Während das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen im Jahr 2021 in Hamburg etwa bei 5.209 Euro lag, betrug es in Mecklenburg-Vorpommern lediglich 3.467 Euro.

Mit einem Stundenlohnrechner lässt sich daraus sehr einfach der Stundenlohn berechnen. Daraus wird erkennbar: Der durchschnittliche Stundenlohn für Beschäftigte liegt in Hamburg bei knapp über 30 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern bei exakt 20 Euro. Das heißt, der Buchhalter in Hamburg muss für 60 Euro „nur“ zwei Stunden arbeiten, während sein Kollege in Mecklenburg-Vorpommern drei Stunden dafür aufwenden muss.

Besonders hoch ist der Stundenlohn auch in den Bundesländern Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Auffällig ist immer noch das starke Ost-West-Gefälle in Deutschland. Die alten Bundesländer belegen im Ranking die Plätze 1 bis 11, die ehemaligen Länder der DDR liegen mit Ausnahme von Berlin alle auf den hinteren Plätzen.

Das ist wohl auch einer der Gründe, warum laut einer Umfrage von Ipsos der Mauerfall immerhin von rund 15 Prozent der Bürger negativ beurteilt wird.

Einflussfaktor Geschlecht: Die Gender Pay Gap

Am 7. März 2022 war in Deutschland der Equal Pay Day. Vereinfacht ausgedrückt: Bis zu diesem Datum haben Frauen im Jahr 2022 kein Geld für ihre Arbeit bekommen, wenn dafür als Vergleichsbasis die Löhne und Gehälter ihrer männlichen Kollegen herangezogen werden.

Laut dem WSI Gender-Datenportal betrug der Gender Pay Gap im Jahr 2022 in Deutschland 17,7 Prozent. Der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen lag bei 20,05 Euro, während Männer 24,36 Euro „verdienten“. Eine Buchhalterin muss also etwa vier Stunden arbeiten, um das zu erhalten, was ihr männlicher Kollege in drei Stunden bekommt.

In den letzten Jahren ist die geschlechterbezogene Verdienstlücke zwar etwas kleiner geworden, doch die Entwicklung schreitet nur sehr langsam voran. Setzt sich das in den nächsten Jahren ähnlich fort, dauert es wohl noch etwa bis zur nächsten Jahrhundertwende, bis der Equal Pay Day erstmals am 1. Januar gefeiert werden kann. Das Datum des Equal Pay Day hat sich jedenfalls von 2022 auf 2023 nicht geändert: Es bleibt vorerst beim 7. März.

Allerdings zeigt sich vor allem seit dem Jahr 2015 eine signifikante Verringerung des Gender Pay Gaps in Deutschland. Verantwortlich dafür war vor allem die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde zum Januar 2015. Die Einführung und stetige Anhebung hat zu einem starken Anstieg der Mindestlöhne geführt. Da Frauen wesentlich häufiger im Niedriglohnsektor beschäftigt sind als ihre männlichen Kollegen, hat sich auch der Unterschied beim Stundenlohn seit diesem Zeitpunkt deutlich verringert.

Interessant in diesem Zusammenhang ist vor allem das Missverhältnis von Ost und West. Denn während die Frauen im Westen Deutschlands immer noch einen um 19 Prozent geringeren Brutto-Stundenverdienst als ihre männlichen Kollegen haben, beträgt der Gap im Osten des Landes „nur“ noch etwa sieben Prozent.

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