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Weltweite Studie zu Meinungs- und Wahlforschung Festnetzstichproben weltweit kaum noch relevant, F2F und Online dominieren

Mit zunehmender Online- und Mobil-Penetration auch in Entwicklungsländern wie in Simbabwe sinkt die Bedeutung von Festnetzstichproben für die Meinungsforschung (Bild: picture alliance/AP Photo | Tsvangirayi Mukwazhi).
Welche Methoden werden eingesetzt?
Auch wenn in den meisten westlichen Ländern spätestens seit der Corona-Pandemie Online-Interviews die populärste Umfragemethode sind, so dominieren global betrachtet immer noch F2F-Interviews bei Meinungsumfragen. In 91 Prozent der 157 Ländern werden persönliche Interviews eingesetzt, nur die Länder aus Europa liegen bei lediglich 77 Prozent. Vor allem in Entwicklungsländern und in Ländern mit einem hohen Anteil an Landbevölkerung werden Interviews für Meinungsumfragen noch häufig persönlich durchgeführt-
Danach folgen allerdings bereits Online-Interviews, die global betrachtet in mehr als drei Viertel aller Länder zum Einsatz kommen. Lediglich die Region Afrika reißt hier mit 57 Prozent nach unten aus. Es gilt die Regel: Je höher die Online-Penetration in dem jeweiligen Land, desto wahrscheinlicher sind Online-Interviews die dominierende Methode. In Gebieten mit geringerer Online-Dichte wie Afrika und Asien, Pazifik und Ozeanien sind Online-Interviews noch vergleichsweise teuer – vor allem für die Befragten, – was zu systematischen Ausfällen und niedrigen Teilnahmequoten führt.
Bei telefonischen Interviews spielen Festnetzanrufe eine immer unwichtigere Rolle. In 68 Prozent der Länder werden telefonische Umfragen nur noch über Mobilfunknummern durchgeführt. Festnetz-Stichproben werden nur noch in 42 Prozent der Länder eingesetzt.
In vielen Ländern werden zunehmend mehr Mixed-Mode-Designs verwendet, auch wenn Single-Mode-Designs noch nicht komplett ersetzt werden.
Wie wird die Qualität der Umfragen eingestuft?
In immerhin 60 Prozent der 157 Ländern wird die Qualität der Meinungs- und Wahlumfragen als qualitativ hochwertig eingestuft, allerdings in nur 17 Prozent als „qualitativ sehr hochwertig“. Das ist eine Verschlechterung zu 2017 um sieben Prozentpunkte. Dabei stechen die Umfragen in North Amerika (inkl. Karibik) sowie Europa positiv hervor. Hier fällt die Einschätzung mit 29 beziehungsweise 21 Prozent etwas höher aus. Am wenigsten Top-Urteile bekommen die Umfragen in Latein-Amerika sowie Asien, Pazifik und Ozeanien.
Kritisch wird allerdings auch die Qualität der Berichterstattung über die Meinungsumfragen bewertet. Global bewerten 43 Prozent die Qualität der Berichterstattung negativ, nur 23 Prozent positiv (der Rest ist unentschieden).
Das hat vor allem damit zu tun, dass Journalisten Verständnis über die Methoden wissenschaftlicher Meinungsforschung fehlt (87 Prozent im Vergleich zu 73 Prozent 2017). Außer in Amerika (inkl. Karibik) schätzen die Experten die Methodenkompetenz von Journalisten in allen Regionen als relevantes Problem ein.
Wie verfügbar sind Detailinformationen über Umfragen?
Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit von Umfragedaten. Nur in neun Prozent der untersuchten Länder stellen ESOMAR und WAPOR hier einen Idealzustand fest. Das heißt, dass Daten verfügbar sind und der Zugang zu ihnen einfach ist.
In 68 Prozent der Länder, so die Experten, werden relevante Informationen über Umfragen wie Informationen zur Stichprobengröße oder der Feldzeit nicht kommuniziert. Auch hier sticht Amerika (inklusive Karibik) positiv hervor. Besonders häufig fehlen Informationen in den Regionen Afrika (südlich der Sahara) und Asien, Pazifik und Ozeanien.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Journalisten und andere Nutzer von Meinungsumfragen verstärkt über professionelle Standards für die Berichterstattung und den Zugang zu den Daten, die den veröffentlichten Ergebnissen zugrunde liegen, informiert werden müssen.
Welche Sperrfristen müssen beachtet werden?
Sechzig Prozent der untersuchten Länder meldeten eine Sperrfrist für die Veröffentlichung von Umfragen vor Wahlen. In weiteren fünf Prozent wurden keine Umfragen vor den Wahlen durchgeführt, so dass nur in einem Drittel der untersuchten Länder die Veröffentlichung von Umfragen vor den Wahlen nicht eingeschränkt war. Sperrfristen sind in zwei Regionen vorherrschend: Lateinamerika (79 Prozent) und Europa (65 Prozent). Der Unterschied zwischen diesen beiden Regionen liegt in der Dauer. In Europa dauern die meisten Sperrfristen weniger als eine Woche. In Südamerika beträgt die durchschnittliche Dauer des Veröffentlichungsverbots eine ganze Woche. In Asien-Pazifik-Ozeanien und Subsahara-Afrika sind Sperrfristen zwar seltener, aber das liegt zum Teil daran, dass in mindestens einem Fünftel aller Länder in diesen Regionen (und in mehr als einem Drittel in Asien-Pazifik-Ozeanien und Westasien & Nordafrika) keine Wahlumfragen durchgeführt wurden.
Während die durchschnittliche Sperrzeit in Europa drei Tage beträgt (wobei einige Länder wie Griechenland, Italien und die Slowakei zweiwöchige Sperrzeiten melden), können die Sperrzeiten in Lateinamerika bis zu 30 Tage dauern. In den meisten Ländern erwarten die Experten auch für die Zukunft keine großen Änderungen dieser Vorschriften.
Wie ist es um Exit-Polls bestellt?
In etwas mehr als der Hälfte aller Länder gibt es keine Einschränkungen für die Durchführung von Exit Polls, bei denen die Wähler beim Verlassen des Wahllokals am Wahltag befragt werden. In elf Prozent der Länder dürfen Exit Polls überhaupt nicht durchgeführt werden, und in einem Viertel der Länder gibt es Beschränkungen, wo genau ein Interviewer stehen darf, um Wähler zu befragen.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse von Exit Polls ist sogar noch stärker eingeschränkt. In zwei Dritteln der Länder, in denen Exit Polls durchgeführt werden, gibt es Beschränkungen hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Ergebnisse der Exit Polls veröffentlicht werden dürfen. Diese Beschränkungen verbietet in der Regel eine Berichterstattung bis zur Schließung der Wahllokale.
Zur Methode
Erhebungsmethode | Online-Befragung |
Befragte Zielgruppe | Experten, die über den Status von Meinungsumfragen in dem jeweiligen Land Auskunft geben können. Zumeist waren dies Repräsentanten der Organisationen Esomar oder Wapor des jeweiligen Landes. |
Rekrutierung | Kontakte und Mailing-Listen der beiden Organisationen |
Stichprobengröße | n=157 Länder |
Feldzeit | Februar – Juni 2022 |
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