Facebook: Das Dilemma der Finanzdienstleister
Köln - Der Präsenz von Finanzdienstleistern auf der boomenden Netzwerkplattform Facebook haftete lange das Etikett „Nice to have“ an. Erst in jüngster Zeit zeichnet sich in der Branche ein deutlicher Wandel in Richtung stärkerer Professionalisierung und strategischer Ausrichtung ab. Doch noch laufen die Finanzdienstleister auf Facebook weit hinterher: Von den 70 Prozent der rund 25 Mio. Facebook-Nutzer in Deutschland, die bereits Unternehmen „geliked“ haben, taten dies bisher nur elf Prozent bei Finanzdienstleistern. Branchen wie Unterhaltung, Handel und Konsumgüter kommen bereits auf über 50 Prozent „Likes“. Dies zeigt die Trendstudie „Erfolgreiche Facebook-Strategien für Finanzdienstleister“ von HEUTE UND MORGEN in Kooperation mit dem auf die Assekuranz spezialisierten Social-Media-Berater „As im Ärmel“.
Die Reichweite der deutschsprachigen Assekuranz auf Facebook betrug am 1. Dezember 2014 über 2,5 Millionen „Fans“ (Summe aus 134 Gesellschaften). Zum Vergleich: Die derzeit beliebtesten Unternehmen bzw. Marken auf Facebook erreichen 91 Millionen (Coca-Cola) bzw. 86 Millionen (YouTube) „Likes“. Immerhin erreichen die Versicherer auf Facebook derzeit im Durchschnitt aber ein monatliches Fan-Wachstum von rund sechs Prozent. Zudem kann sich grundsätzlich jeder fünfte Facebooknutzer (20%) vorstellen, Finanzdienstleister zu „liken“. Die Marken mit den meistens Fans sind - mit Stand 1. Dezember 2014 - der ADAC, gefolgt von Allianz Deutschland, Zurich (D-A-CH), Sparkasse, sijox und Techniker Krankenkasse.
Fragt man die Facebooknutzer, welche Art Postings von Finanzdienstleistern sie bisher besonders gemocht haben bzw. welche sie am liebsten „liken“ würden, so sind dies vor allem solche mit einem besonderen Unterhaltungswert. Deutlich geringer ist hingegen die Bereitschaft ausgeprägt, Produktinformationen oder allgemeine Unternehmensinformationen zu liken. Zugleich werden aber gerade Postings mit Unterhaltungsinhalten spontan als am vergleichsweise wenigsten zu Finanzdienstleistern passend erlebt – im Unterschied zu Produktinformationen, Ratgeberservices oder auch Gewinnspielen. Hierin zeigt sich ein Dilemma für das es keine „einfache Lösung“ gibt.
Generell erfolgversprechend erweist sich, wenn es gelingt, das bisweilen allzu trockene, verengte oder beziehungsferne Image der Finanzdienstleister mit den Mitteln von Unterhaltung und Nahbarkeit im Alltag durchlässiger zu gestalten - ohne dies jedoch überzustrapazieren oder unterhaltsame Elemente nur unverbunden „aufzukleben“ oder Anbiederei zu betreiben. Zugleich sind bei der Gestaltung der Facebook-Aktivitäten - je nach primärer Zielgruppe – auch die mittlerweile recht heterogene Alterszusammensetzung der Facebook-Community zu berücksichtigen. Hierzu zählt auch: Die große Mehrheit der erwachsenen Facebook-User möchte von Finanzdienstleistern auf Facebook „gesiezt“ und nicht etwa „geduzt“ werden.
Bei der Entwicklung erfolgreicher Facebook-Strategien stellt sich für Finanzdienstleister darüber hinaus die Frage, welche Art von Nutzern sie überhaupt mit ihrer „Fanseite“ und weiteren Facebook-Aktivitäten ansprechen können und wollen. Generell lassen sich die deutschen Facebook-Nutzer auf Basis ihrer Nutzungsmotive, Einstellungen zu Unternehmensinformationen und Nutzungshäufigkeiten in vier verschiedene Typen einteilen: „Heavy User“ (Anteil: 37%) sind besonders häufig auf Facebook anzutreffen und interessieren sich sowohl für den Kontakt zu Freunden als auch für Informationen zu Unternehmen. „Infotainment User“ (30%) nutzen Facebook vor allem zum Zeitvertreib. Häufig sind sie an Neuigkeiten über bereits gelikete Unternehmen sowie an Informationen zu aktuellen und möglichst unterhaltsamen Ereignissen interessiert. Für die „Netzwerker“ (21%) stellen der Kontakt zu Freunden wie die private und auch berufliche Vernetzung das Hauptmotiv ihrer Facebook-Nutzung dar, Informationen von zuvor geliketen Unternehmen sind in der Regel Nebensache. „Gezwungene“ (11%) nutzen Facebook nur selten. Wenn sie dies tun, dann für den Kontakt zu Freunden um hier den Anschluss nicht zu verlieren. Informationen von Unternehmen finden in dieser Gruppe so gut wie keine Beachtung. Für die Finanzdienstleister gilt es daher, sowohl die „Heavy User“ zukünftig verstärkt auf sich aufmerksam zu machen als auch die „Infotainment User“ nach erfolgten Basis-Likes dauerhaft bei der Stange zu halten.
Generell stehen deutlich mehr Facebooknutzer als von der Branche bisher erreicht werden konnten, den Fanseiten, Postings und Gewinnspielen der Finanzdienstleister auf Facebook offen und nicht ablehnend gegenüber. Mehr als gegenüber anderen Branchen wird zwar eine durchaus kritische Messlatte angelegt, wobei die Themen Authentizität und Vertrauen aber auch Attraktivität eine besondere Rolle spielen. Durch ausgefeilte, ebenso seriöse wie attraktive Informations- und Beziehungsangebote, die auch bisher teils noch vorhandene Plumpheit überwinden, können auf Facebook nicht nur mehr „Fans“ gewonnen, sondern diese auch zu begeisterten Kunden werden.
Zu Studie: Studiengrundlage sind eine repräsentative Befragung von 1.000 Facebooknutzern ab 18 Jahren im Herbst 2014 sowie die Ergebnisse einer seit April 2012 durchgeführten Längsschnittanalyse zur Entwicklung der Fanzahlen der Facebook-Seiten von 134 deutschsprachigen Versicherungen und Krankenkassen aus der D-A-CH-Region und zahlreiche Praxisbeispiele.
Weitere Informationen zur Studie „Erfolgreiche Facebook-Strategien für Finanzdienstleister“ finden Sie in unserem Studien-Shop.
ah
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