Interview mit Brigitte Bayer, Michelle Pia Grätsch, Dr. Antje Venjakob, Dr. Tina Walber „Eye Tracking erlebt gerade seinen zweiten Frühling"

Die Methode des Eyetracking ist für viele Marktforschende noch immer Neuland. In den letzten Jahren fand ein Paradigmenwechsel statt: weg von aufwendigen Studiotests hin zu Remote-Verfahren über Webcams und Smartphone-Kameras. Aufgrund von gestiegenen UX-Anforderungen und dem Kampf um die werbliche Aufmerksamkeit erlebt die Methode gerade eine Wiedergeburt. Wir sprachen mit Eyetracking-Expertinnen aus den Unternehmen eye square, Eyevido, Liketoknow und Oculid über den Status Quo, die wichtigsten Einsatzbereiche, die Herausforderungen bei Projekten und wohin die Reise technologisch noch gehen soll.

Mutete noch ein wenig wie Borg-Technologie aus dem Star Treck-Universum an: Eye Tracking-System im Jahr 1997, präsentiert auf einer Ausstellung an der Uni Jena.  Inzwischen haben Sensorik und Software sprichwörtliche Quantensprünge hinsichtlich Größe und Genauigkeit gemacht und können in Brillen und Webcams integriert werden. (Bild: picture-alliance / ZB | -)

Wie hat sich in Ihrer Wahrnehmung die Methode des Eye Trackings in den letzten Jahren entwickelt?

Michelle Pia Grätsch: Eye Tracking als Methode galt immer als materialintensiv, denn ohne Eye Tracker kein Eye Tracking. Aber wie in allen technologiebasierten Methoden sehen wir auch beim Eye Tracking große Fortschritte in Bezug auf Qualität und Flexibilität in der Nutzung. Die Tracker werden immer genauer, sind weniger fehleranfällig oder lichtempfindlich.

Moderne Algorithmen helfen bei der Kopf- und Augenerkennung, so dass auch herkömmliche Kameras in Smartphones oder Webcams immer bessere Ergebnisse erzielen können, ganz ohne weiteres Equipment und bei den Teilnehmenden zu Hause.

Professionelle Eye-Tracker für den Monitor oder als Brille sind mittlerweile so handlich und bequem und können wie eine normale Brille auf der Nase getragen werden bzw. einfach am Monitor befestigt werden. Dadurch kann Nutzerverhalten heute in einem deutlich realeren Kontext getrackt werden im Vergleich zu früher.

Antje Venjakob:

Eyetracking erlebt gerade seinen zweiten Frühling. Getrieben von technischen Fortschritten in der Kameratechnik auf mobilen Endgeräten findet ein Paradigmen-Shift aus dem Labor in natürliche Umgebungsbedingungen statt.

Dies ist eine tolle Verbesserung, da es die Validität und Aussagekraft der Studien deutlich erhöht und eröffnet zahlreiche neue Anwendungsszenarien.

Tina Walber: Bedingt durch die Corona-Pandemie und geschlossene Labore gibt es einen Trend hin zum Remote-Testing mit Webcam-Eyetracking.

Die Qualität der Daten und das Handling für die Probanden ist allerdings eine Herausforderung. Zum Beispiel sollten Brillen abgesetzt werden und die Teilnehmer müssen so still wie möglich sitzen, um eine brauchbare Datenqualität zu erreichen.

Wir haben gerade in einer Studie festgestellt, dass wir über doppelt so viele Teilnehmer für einen Remote-Webcam-Test rekrutieren mussten, wie wir gute Eyetracking-Datensätze benötigten. Bei einigen Probanden lieferte das Webcam-Eyetracking so schlechte Daten, dass sie nicht die Kalibrierung durchlaufen konnten oder die Datensätze aussortiert werden mussten.

Wir führen aber auch weiterhin Infrarot-Eyetracking-Tests mit hochqualitativen Daten in unserem Lab durch. Hier geht der Trend etwas weg von Tests in firmeneigenen Laboren, hin zur Dienstleistung Studiendurchführung, da die Mitarbeitenden häufig selbst in Homeoffice arbeiten.

Häufig macht es Sinn, eher wenige Tests im Labor mit hoher Qualität durchzuführen. Entscheidend ist das Ziel einer Untersuchung. Sollen in Usability-Tests Erkenntnisse über die Gestaltung von Webseiten gewonnen werden, empfehlen wir das Infrarot-Eyetracking. Regelmäßig bekommen wir Anfragen zu Webcam-Eyetracking, bei denen sich Kunden letztendlich auf Effizienzgründen doch für den Infrarot-Ansatz entscheiden.

Brigitte Bayer: Mit der wachsenden Bedeutung von Nutzerzentrierung in (Inhouse) User Experience, Usabililty und User-Centered Design hat auch die Relevanz von Eye-Tracking-basierten Forschungstools zugenommen.

Werbetreibende und Produktentwickelnde haben gelernt, dass sie heute frustrierte oder enttäuschte Nutzende schnell verlieren können und Eyetracking Ihnen helfen kann, die Wahrnehmung ihrer Produkte zu erfassen, um die Performance zu steigern.

Mit der wachsenden Nutzerzentrierung wächst auch das Interesse an unkomplizierten und agilen Lösungen und DIY-Lösungen in Unternehmen, die mit weniger hohen Kosten, einem geringeren Organisationsaufwand oder langen Feldzeiten verbunden wird.

Wir führen noch die Mehrzahl unserer Studien in unserem Teststudio durch. Wir sehen aber den Trend zum mobilen Eye Tracking via Smartphone. Denn je nach Studieninhalt macht es Sinn, das Nutzerverhalten genau dort zu untersuchen, wo der reale Kontext beziehungsweise die echten Touchpoints sind. Mit der wachsenden Bedeutung von Social Media-Inhalten, aber auch von Mobile-Shopping Aktivitäten, wird das Smartphone als Eye-Tracking Tool dank hochentwickelter Selfie-Kameras und Machine Learning-Algorithmen zunehmend wichtiger.

Aktuell entstehen spannende Start-Ups und Unternehmen im Bereich der mobilen und remote Eye-Tracking. Im Rahmen unserer Werbewirkungsforschung arbeiten wir beispielsweise unter anderem mit Entropik, um Eye-Tracking mit Emotional Tracking-Ansätzen zu kombinieren. Wir haben aber auch Newcomer wie Pupil Labs oder Oculid im Blick. Generell setzen wir im Bereich Eye-Tracking auf Partner, die bereits über eine hohe technische Expertise verfügen, die wir mit unserer Marktforschungskompetenz sinnvoll ergänzen. Kooperationspartner sind für like to KNOW generell von hoher Relevanz. Bei unseren Teststudio Lösungen arbeiten wir lange Zeit schon eng mit Tobii zusammen.

Weitere spannende zukünftige Entwicklungen sehen wir in Eye-Tracking-Technologien in VR- und AR-Brillen. Hier bleibt abzuwarten, wie sich Anwendungsfelder entwickeln beziehungsweise wie messgenau diese Anwendungen sind.

Eyetracking (Bild: picture alliance / dpa | Sebastian Gollnow)

Eye Tracking-Technologie kann längst in Brillen und somit den Alltag von Probanden integriert werden. (Bild: picture alliance / dpa | Sebastian Gollnow)

Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die Haupteinsatzbereiche für Eye Tracking? Welche Veränderungen nehmen sie diesbzgl. über die Jahre wahr?

Tina Walber: Aus meiner Sicht sind die Haupteinsatzgebiete Usability-Tests von Webseiten, im Webbrowser und auf mobilen Geräten, sowie Tests im Marketingbereich, wo etwa Werbeanzeigen oder Plakatwände optimiert werden. Beim Online-Shopping gibt es weiterhin einen leichten Trend hin zu mobilen Geräte. Wir testen seit Jahren regelmäßig Apps und mobile Webseiten. In anderen Gebieten, etwa dem Onlinebanking, wird weiterhin viel im Webbrowser gearbeitet und dementsprechend auch getestet.

Brigitte Bayer: Für uns als Marktforschungsanbieter bleibt die Werbewirkungsforschung der stärkste nachgefragte Einsatz. Werden alle relevanten Elemente eines Werbemittels wahrnehmungsrelevant rezipiert, oder gibt es hier noch Optimierungsbedarf? Dabei setzen wir bei like to KNOW auf einen Multi-Methoden-Ansatz und kombinieren die Eye Tracking-Messung immer auch mit qualitativen Interviews, um das „Warum“ zu hinterfragen und Wirkungszusammenhänge aufzudecken.

Aktuell sehen wir mit den immer kleiner werdenden (und damit auch weniger invasiven) mobilen Eye-Tracking Headsets auch das Potential für schnellere und kostengünstigere PoS-Forschung vor Ort. Hier bewegt sich gerade in Bezug auf automatische Bild- und Mustererkennung in den vergangenen Jahren einiges, was wiederum zu einfacherer Auswertbarkeit und damit zu kostengünstigeren Studiendesigns führen kann.

Antje Venjakob: Eye Tracking wird schon lange von Universitäten in der Grundlagenforschung angewandt. Innerhalb der verschiedenen Anwendungsfelder hat die Marktforschung definitiv eine Vorreiterrolle. Eye Tracking ist unserer Erfahrung nach hier verbreiteter und Bekannter als zum Beispiel im Bereich der UX-Forschung, für die Eye Tracking ebenfalls sehr interessant sein kann. Innerhalb der Marktforschung hat Eye Tracking im Bereich von Packaging und Storetests eine große Bekanntheit und Anwendung.

Und auch in der Werbebranche verzeichnen wir erhöhtes Interesse an Eye Tracking. Hier nimmt der Kampf um Aufmerksamkeit, oder im Fachjargon die „Attention Economy“, getrieben durch immer mehr Einflüsse, die täglich auf uns einwirken, weiter Fahrt auf.

Im Fokus stehen deshalb Tests, die untersuchen, ob, und wie lange geschaltete Werbungen – gerade auf Social-Medi – überhaupt gesehen und wahrgenommen werden.

Michelle Pia Grätsch: In der Werbewirkungsforschung sehen wir vor allem ein gestiegenes Interesse am In-Home Eye Tracking. Denn nicht nur die professionellen Eye Tracker profitieren vom technischen Fortschritt. Durch die stetige Verbesserung der Kameraqualität in unseren privaten Devices kann mittlerweile über die Webcam oder die Smartphone-Kamera im direkten Umfeld der Menschen Eye Tracking durchgeführt werden. So kommen wir immer mehr hin zu einer Real-Life-Experience mit einer maximal biotischen Mediennutzungssituation und entfernen uns von Labortests.

Außerdem wird Eye Tracking vermehrt zur Messung der puren Wahrnehmung – wir nennen dies System 0 – im Bereich des digitalen Werbekontaktes eingesetzt. Auf den sozialen Plattformen, aber auch in der Mediennutzung eher klassischer Kanäle, wird Aufmerksamkeit in unserer mit Reizen gefluteten Umwelt immer mehr zu einem raren und damit sehr bedeutsamen Gut. Es wird insbesondere also getrackt, ob Werbung überhaupt angeschaut wird und nicht mehr zwingend, welche Bereiche der Werbung die größte Aufmerksamkeit erzielen, wie es früher zum Beispiel bei Printanzeigen oder Plakaten der Fall war.

Für Marken ist es in diesen Zeiten unerlässlich Aufmerksamkeit und folglich Blickkontakt zu erzeugen, um mit ihren Botschaften zum Konsumenten durchdringen zu können.

Was erleben Sie bei Eye Tracking-Projekten nach wie vor als herausfordernd?

Brigitte Bayer: Wir bieten Eye Tracking immer in Kombination mit anderen Verfahren an. Denn nicht alles, was gesehen wird, wird auch langfristig im Gedächtnis verankert bzw. ist relevant. Wir wissen, dass auch Informationen verarbeitet und weiterverarbeitet werden, die nicht im Fokus des Blickfeldes waren. Daher ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen und die Daten richtig zu interpretieren.

Für uns steht der Wirkzusammenhang immer im Fokus unserer Forschung. Herausfordernd ist, wenn Kunden Ergebnisse auf Basis von Eyetracking Ergebnisse interpretieren, ohne die qualitative Analyse abzuwarten.

Zudem sind für uns mobile Eye-Tracking Headsets in ihrer Qualität noch nicht für alle Anwendungsbereiche präzise genug. Eine millimetergenaue Auswertung der Fixationen, wie man sie von stationären/in einen Monitor integrierten Eye-Tracking-Lösungen kennt, ist hier noch nicht immer möglich. Auch äußere Faktoren wie zum Beispiel (infrarotes) Licht oder der Winkel, in dem das Stimulusmaterial (z.B. ein Smartphone) gehalten wird, kann die Datenqualität beeinflussen. Hier muss man je nach Einsatzbereich abwägen, welches Testszenario und welche Technik am meisten Sinn macht. Hier liegt die Herausforderung für uns darin, die richtigen Kooperationspartner zu finden, die qualitativ hochwertige Tools bieten.

Michelle Pia Grätsch: Bei Projekten, die im privaten Umfeld der Menschen durchgeführt werden, spielen natürlich zum einen die Qualität der technischen Ausstattung der Teilnehmenden und zum anderen der Datenschutz eine Rolle. Zum Glück haben viele mittlerweile ein sehr gutes Kamera-Setup zur Verfügung, was das Webcam Eye Tracking aus der Ferne möglich macht. Dabei wird kein Video aufgezeichnet, dennoch ist es verständlicherweise manchmal eine Hürde den Zugriff auf die Webcam zu gewähren. Diese beiden Herausforderungen fallen bei on-site durchgeführten Studien weniger ins Gewicht. Wir können bei uns vor Ort oder bei In-Store-Projekten mit der modernsten Technik arbeiten und die Teilnehmenden haben keine Angst zu viel von ihrem privaten Umfeld preiszugeben.

Antje Venjakob:

Eye Tracking ist als Methode noch nicht überall bekannt und trifft gelegentlich auf Bedenken wegen der Genauigkeit und in Datenschutzfragen.

Hier ist noch Aufklärungsarbeit zu tun. Eye Tracking ist zudem immer dann herausfordernd, wenn wir sehr dynamische Settings haben, die sich zwischen den einzelnen Teilnehmern sehr unterscheiden. Hier ist es wichtig Elemente, die von Interesse sind, während der Studie gut zu tracken, damit eine automatisierte Auswertung ermöglicht wird, zumal eine manuelle Auswertung sehr zeit- und damit kostenintensiv ist.

Tina Walber: Die Auswertung der Eyetracking-Daten kann für Neulinge eine Hürde darstellen. Wir versuchen zu vermitteln, dass man sich sehr leicht mittels „Learning by doing“ der Interpretation von Eyetracking-Daten nähern kann. Die meisten unserer Kunden nutzen zum ersten Mal diese Form der Daten und konnten sich selbstständig einarbeiten.

Außerdem arbeiten wir in unserem Forschungsprojekt UDeco zusammen mit der Universität Stuttgart daran, Eyetracking-Daten automatisiert auszuwerten. Es soll eine Art automatische Bewertung der Nutzerdaten entstehen. Es wird beispielsweise berechnet, ob relevante Bereiche mehrmals betrachtet werden, bevor geklickt wird. Ein solches Verhalten deutet auf Unklarheiten hin, die Nutzer sind sich etwa nicht sicher, ob der Klick eines bestimmten Buttons zum Ziel führt.

Wie kann man sich als Anbieter in diesem Feld von der Konkurrenz abheben?

Antje Venjakob: Eine Kombination aus Genauigkeit und natürlichem Umfeld ist bedeutsam und gibt uns die Möglichkeit uns vom Wettbewerb abzuheben, da viele gängige Verfahren sich nur für einen Weg entscheiden. Tatsächlich ist aber beides wichtig, denn genaue Daten, die unnatürliches Verhalten reflektieren, sind genauso problematisch wie natürliches Verhalten, dass ungenau wiedergegeben wird.

Michelle Pia Grätsch: Eye Tracking ist eine aufwendige Methode und es bedarf beim Aufsetzen und Durchführen solcher Studien sehr viel Know-how. In mehr als zwei Dekaden Erfahrung haben wir einen umfangreichen Eye Tracking Benchmark für unterschiedlichste Branchen aufbauen können, mit dessen Hilfe wir neue Studien einordnen und somit noch aussagekräftiger machen können.

Zudem ist es unerlässlich zu jeder Zeit auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Wie bereits erwähnt, entwickeln sich die technologieintensiven Methoden stetig und schnell weiter.

Zusammen mit unseren Partnern von Pupil Labs (Eye Tracking-Brillen) oder Oculid (Smartphone Webcam Eye Tracking) sind wir an der Weiterentwicklung von Soft- und Hardware beteiligt, um unsere Kunden stets mit aktueller Technik unterstützen zu können.

Tina Walber: Ziel unserer Softwarelösung EYEVIDO Lab ist es, eine einfache und effiziente Durchführung von Nutzerstudien mit Eyetracking zu ermöglichen. Unter anderem werden im Webbereich Screenshots automatisiert erstellt und die Daten aller Probanden akkumuliert dargestellt und ausgewertet. Das ermöglicht ein sehr intuitives und schnelles Arbeiten.

Außerdem ist das Portal zur Studienerstellung und -auswertung, unabhängig von der Art der Datenerhebung. Wir bieten sowohl Infrarot- als auch Webcam-Eyetracking an. Die Ansätze können sogar kombiniert werden.

Brigitte Bayer: Wir kombinieren Eye-Tracking und apparative Techniken immer mit dem, was der Kernauftrag der Markforschenden bleibt: Zusammenhänge herstellen, Insights liefern und konkrete Handlungsempfehlungen ableiten.

Besonders die Kombination von apparativen Methoden mit tiefenpsychologischer Marktforschung wird hochrelevant bleiben.

Denn diese Kombination liefert mehr als nur die Aufdeckung von Phänomenen. Dadurch schaffen wir Zusammenhang und Sinn und finden heraus, was die echten Treiber und Motivatoren sind. Wir sind uns sicher: Nur wenn wir Menschen und ihre inneren Prozesse ganzheitlich verstehen, können wir Daten interpretieren und klare Handlungsempfehlungen ableiten.

Welche innovative Weiterentwicklung würden Sie sich im Bereich Eye Tracking wünschen?

Brigitte Bayer: Für uns ist das Thema VR spannend, um bisher teure Studien günstiger anzubieten, da sich virtuelle Umgebungen schnell verändern und anpassen lassen. Hier sind wir gespannt auf neue Entwicklungen. Wir wünschen uns eine höhere Präzision bei Eye-Tracking Headsets und verbesserte Bilderkennungsalgorithmen zu einfacherer, kumulierter Auswertbarkeit.

Zusätzlich würden wir uns wünschen, dass sich die Hersteller von Eye-Tracking-Software wieder vermehrt um die bessere Auswertbarkeit von Web-UX- und Usability-Studien kümmern, denn hier gibt es, was das Thema automatisierte und kumulierte Auswertbarkeit angeht, noch viel Optimierungspotenzial.

Michelle Pia Grätsch: Standardisierte Tests können bereits schnell und einfach ausgewertet werden. Mit steigender Individualität und Komplexität steigt jedoch auch der Auswertungsaufwand. Für viele Bereiche gibt es bereits automatisierte Coding-Verfahren. Bei der automatischen Auswertung von Smartphone Eye Tracking stehen wir jedoch eher noch am Anfang der Reise.

Für die Zukunft erhoffe ich mir mehr Automatisierung bei der Auswertung, was nicht nur die Kosten senken, sondern auch die Studienlaufzeiten enorm verkürzen könnte.

Tina Walber: Wir arbeiten selbst an Weiterentwicklungen und sehen das größte Potenzial in zwei Bereichen: der automatisierten Datenauswertung und einer weiteren Verbesserungen des Webcam-Eyetrackings. Bei letzterem geht es hauptsächlich um eine weitere Erhöhung der Datenqualität. Hier sehen wir viel Potenzial in der gezielten Unterstützung der Tester. Sie sollen zukünftig in Echtzeit auf eine zu stark veränderte Sitzposition oder zu schlechte Lichtverhältnisse hingewiesen werden.

Antje Venjakob: Eye Tracking muss noch verständlicher werden für Anwender, die es nicht regelmäßig durchführen.

Ich denke, dass Interpretationshilfen beinahe bedeutsamer sind als technologische Weiterentwicklungen. Hier sind wir auf einem guten Weg.

Über Brigitte Bayer

Brigitte Bayer
Brigitte Bayer leitet die neue People Insight Agency like to KNOW– eine eigenständig agierende Tochtergesellschaft von RTL Deutschland mit Gruner + Jahr. Sie kommt aus den eigenen Reihen von RTL Deutschland, wo sie zuletzt bei RTL Data als Senior Head of Audience, Trend & UX Research die Teams für die Programmforschung, Trend- und Zukunftsforschung sowie für UX methodisch und inhaltlich (weiter)entwickelt hat. Ihre Laufbahn als Marktforscherin startete Brigitte Bayer 1997 als Trainee bei der Werbeagentur Grey. Nach Stationen bei RSG Marketing Research und Sony Deutschland folgte 2012 der Wechsel als Werbewirkungsforscherin in die Medienbranche. Die studierte Betriebswirtschaftlerin vertiefte ihre Marktforschungskenntnisse im morphologischen Kompaktstudium zum Markt-/Medienforscher beim Rheingold Institut in Köln.

Über Michelle Pia Grätsch

Michelle Grätsch
Michelle Pia Grätsch arbeitet als Research Consultant in der Brand and Media Experience Unit von eye square. Ihre Leidenschaft gilt vor allem quantitativen Ansätzen für verschiedene Forschungsfragen. Sie analysiert und optimiert insbesondere Bewegtbildformate internationaler Marken. Als Teil des System-0 Tribes ist Michelle Expertin im Bereich der Analyse der menschlichen Wahrnehmung, z.B. durch unterschiedliche Eye-Tracking-Verfahren.

Über Dr. Antje Venjakob

Antje Venjakob
Dr. Antje Venjakob ist Mitgründerin und CEO von Oculid, einem Berliner Unternehmen, das eine Eye-Tracking-Testplattform für die Remote Testing auf Smartphones anbietet. Sie ist eine datenorientierte Forscherin und Unternehmerin mit einem Hintergrund in Psychologie, studierte und arbeitete in Amsterdam und Berlin und gründete Oculid 2018 als Spin-off der TU Berlin. Oculid hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, Eyetracking für Unternehmen jeder Größe und jeden Budgets verfügbar zu machen.

Über Dr. Tina Walber

Tina Walber
Dr. Tina Walber ist Gründerin und Geschäftsführerin der EYEVIDO GmbH. Das Unternehmen bietet eine cloud-basierte Software zur Durchführung von Nutzertests sowie Dienstleistungen im Bereich Eyetracking an. Tina Walber ist Informatiker und hat im Bereich Eyetracking promoviert. Sie nutzt die Methode seit mehr als 10 Jahren in der wissenschaftlichen Forschung und im Usability-Testing.

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  1. Jürgen Bluhm am 20.06.2022
    Vielen Dank für das interessante Interview, wobei man vielleicht sogar schon vom 3. oder 4. Frühling sprechen kann. In meinen über 30 Jahren Eye-Tracking Tätigkeit gab es immer wieder Phasen, in denen Eye-Tracking besonders nachgefragt wurde. Richtig ist aber auch, dass inzwischen immer mehr die Kombination mit anderen biometrischen Messungen an Bedeutung gewinnt, mehr in Richtung Neuromarketing, um die notwendige Bedingung Aufmerksamkeit durch die zweite Dimension emotionaler Nutzen zu ergänzen. In der Marktforschung spielt es schon seit langem eine wichtige Rolle (z.B. habe ich schon in den Neunzigern des letzten Jahrtausends regelmäßig Verpackungstests mit Eye-Tracking für verschiedene Hersteller weltweit durchgeführt), das Thema Eye-Tracking ist aber inzwischen insbesondere bei der Integration im industriellen Bereich und im Sport von herausragender Bedeutung, weitere Infos siehe auch unter www.eye-tracking-education.com.

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