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Frauen in der Marktforschung: Antje Gollnick, mindline „Es ist absolut möglich, mit 30 Wochenarbeitsstunden eine gute Führungskraft zu sein“

Antje Gollnick hat selbst über mehrere Jahre Teilzeit in einer Führungsposition gearbeitet.
Frau Gollnick, Sie haben mehr als 20 Jahre Forschungserfahrung in globalen Forschungsinstituten und sind seit gut zehn Jahren Geschäftsführerin von mindline. Gab es in Ihrer beruflichen Entwicklung Herausforderungen, die Sie als „frauenspezifisch“ empfanden?
Antje Gollnick: Hier ist sicherlich in erster Linie die Vereinbarkeit von Familie und Karriere zu nennen. Ich persönlich hatte das Glück, dass es bei meinem ersten Arbeitgeber Research International (bei dem ich 17 Jahre geblieben bin) keine Rolle gespielt hat, ob man eine Frau oder ein Mann, alleinstehend oder Mutter zweier Kinder ist. So konnte ich z. B. als meine Kinder noch klein waren, zehn Jahre lang in part-time arbeiten (30 Stunden) und trotzdem die Rolle der Geschäftsführerin und Leiterin des Frankfurter Büros weiter ausüben. In meinen späteren Stationen habe ich dagegen erlebt, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Nach Abschluss Ihres Studiums in Marketing, Wirtschafts- und Sozialpsychologie sind Sie direkt in die Marktforschung bei Research International eingestiegen. Gab es für Sie weibliche Vorbilder oder Mentorinnen, die Ihren Werdegang beeinflusst haben?
Antje Gollnick: Ja, auf jeden Fall. In erster Linie ist hier Astrid Carl-Zeep zu nennen. Sie war in meinen Anfangsjahren CEO von Research International – und zweifache Mutter. Das hat mir gezeigt, dass dies möglich ist.
Frau Gollnick, Sie wurden bei unserer Umfrage nach besonderen Frauen in der Marktforschung mehrfach nominiert. Wie erklären Sie sich Ihre Fürsprechenden?
Antje Gollnick: Ich glaube, es liegt einerseits daran, dass es selbst in der Marktforschung immer noch nicht selbstverständlich ist, dass Frauen (und Mütter) in Führungspositionen arbeiten. Außerdem war es mir immer wichtig, anderen Frauen ein positives Vorbild zu sein und sie zu ermutigen, ebenfalls in Führungspositionen aufzusteigen – ohne dabei auf ein Familienleben verzichten zu müssen.
Und nicht zuletzt glaube ich, dass ich einfach eine sehr gute Marktforscherin bin, die auch noch nach 25 Jahren Lust und Neugierde an neuen Themen/Branchen/Methoden hat. :)
Wo sehen Sie persönlich Ihre „Aushängeschilder“ in Ihren Projekten.
Antje Gollnick: Von meinen Kundinnen und Kunden wird besonders wertgeschätzt, dass ich ihre Briefings immer extrem challenge mit dem Ziel, den besten Methoden-Mix für ihre (manchmal etwas verborgene) Fragestellung zu finden – und das möglichst forschungsökonomisch. Ebenso offen und direkt bin ich dann auch bei der Präsentation der Ergebnisse inkl. detaillierten Empfehlungen für Optimierungen. Aber das alles auf möglichst charmante Art und Weise ;)
Wie nehmen Sie in Ihrer langjährigen Berufserfahrung die Arbeitsbedingungen für Frauen in der Marktforschungsbranche wahr?
Antje Gollnick: Grundsätzlich glaube ich, dass Frauen sehr gute Möglichkeiten in der Marktforschung haben. Sie verfügen über zahlreiche Soft Skills, die für eine gute Marktforscherin wichtig sind, wie z. B. Empathie, Neugierde, Kreativität, Kundenorientierung, Teamfähigkeit, aber auch gute analytische Fähigkeiten.
Es ist nur wichtig, an die eigenen Fähigkeiten zu glauben und die sich ergebenen Karriere-Chancen auch zu ergreifen. In diesen beiden Aspekten sind Frauen leider häufiger etwas zurückhaltender als Männer. Ganz ohne objektiven Grund.
2018 haben Sie sich in einem Interview auf marktforschung.de zum Personalwachstum im Verhältnis zum Auftragswachstum und den Erfahrungen bei der Suche nach Mitarbeitenden bei mindline geäußert. Wie hoch ist der Anteil von Frauen in Forschungspositionen bei Ihren Bewerbungseingängen und wie sieht es bei der Besetzung in Ihrem Unternehmen speziell in der Führungsriege aus?
Antje Gollnick: Bei Berufseinsteigern bekommen wir deutlich mehr qualifizierte Bewerbungen von Frauen. Auf Führungsebene sieht das leider anders aus. Und so besteht aktuell auch in unserem Führungsgremium noch ein Männerüberschuss.
Allerdings hat sich das in den letzten drei bis vier Jahren deutlich verbessert – auch durch diverse interne Maßnahmen, die wir ergriffen haben. So habe ich z. B. vor drei Jahren zusammen mit einer Reihe von weiblichen High Potentials aus unserem Unternehmen über mehrere Monate hinweg Barrieren identifiziert, die Frauen davon abhalten, in Führungspositionen zu gehen und danach diverse Maßnahmen entwickelt, wie diese Barrieren am besten überwunden werden können. Das war wirklich sehr Augen öffnend und hat geholfen, unseren Frauenanteil in Führungspositionen deutlich zu erhöhen.
Und wir bleiben weiter am Thema dran: Aktuell führen wir eine repräsentative Befragung zu diesem Thema durch und ergänzen die Ergebnisse mit biographischen Interviews weiblicher Führungskräften aus verschiedensten Branchen, die es ganz nach oben geschafft haben. Die Ergebnisse werden wir übrigens u. a. auf der succeet23 vorstellen. Interessierte gerne vormerken!
Wo sehen Sie noch Potenzial, die Chancengleichheit von Frauen in Führungspositionen in der Marktforschungsbranche zu fördern?
Antje Gollnick: Als Erstes müssen Frauen dazu ermutigt werden, sich eine Führungsposition zuzutrauen und dann auch einnehmen zu wollen.
Dafür ist es notwendig, dass die richtigen Rahmenbedingungen sowie das mindset im Unternehmen geschaffen werden, dass man sich Karriere z. B. nicht durch längere Arbeitszeiten, sondern durch Qualifikation und Leistung erarbeitet.
So ist es absolut möglich, mit 30 Wochenarbeitsstunden eine gute Führungskraft zu sein. Und damit fällt die größte Barriere für die Chancengleichheit von Frauen, die z. B. zu Hause noch immer den größten Anteil an Carearbeit leisten.
In welchem Bereich Ihrer Arbeit können Sie sich am meisten selbst verwirklichen und wobei gewinnen Sie neue Inspirationen?
Antje Gollnick: Ich liebe drei Dinge am meisten: Kunden zu beraten, Mitarbeitende voranzubringen und zusammen mit meinen Geschäftsführungskolleginnen und -kollegen kontinuierlich unser Unternehmen weiterzuentwickeln.
Was würden Sie Frauen raten, die in der Marktforschung erfolgreich werden wollen?
Antje Gollnick: Sucht euch das richtige Institut und die richtigen Vorgesetzten aus.
Wie sehen Ihre Zukunftsvisionen für Frauen in der Marktforschungsbranche aus und welche Schritte müssen unternommen werden, um diese Visionen zu erreichen?
Antje Gollnick:
Ich wünsche mir eine Marktforschungswelt, in der nur die Leistung und Kompetenzen und nicht mehr das Geschlecht eine Rolle spielt.
Neben den Punkten, die ich oben bereits erwähnt habe, sind dafür viele gute weibliche, aber auch männliche Rollenvorbilder extrem hilfreich. Und ich versuche, zumindest eine davon zu sein. :)
Über die Person
Antje Gollnick ist seit 2013 Geschäftsführerin der mindline Gruppe – ein kontinuierlich wachsendes Full Service Marktforschungsinstitut, das sich in der Zwischenzeit in die Top10 der deutschen Marktforschungsbranche geschoben hat. Antje Gollnick arbeitet bereits seit über 25 Jahren in der Marktforschungsbranche, u. a. in Führungspositionen bei globalen Instituten wie TNS oder Research International, und ist Expertin für Marken- und Kommunikations-Forschung.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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