Sonderauswertung Employer-Branding: Was hat er, was ich nicht hab?

Von Julian von der Meden, marktforschung.de
Fachkräftemangel ist ein viel debattiertes Thema. Mehr als die Hälfte der in unserer Gehaltsstudie Befragten – sowohl auf Instituts- als auch auf Betriebsseite (51 und 58 Prozent) – empfindet den Fachkräftemangel für ihr jeweiliges Unternehmen als ein großes Problem. Und auch wenn außerhalb der Marktforschungsbranche die Meinungen über seine Existenz auseinandergehen, sorgt eine Entwicklung definitiv für weniger Personal am Arbeitsmarkt: Der demographische Wandel schickt mehr Menschen in Rente, als er von den Bildungseinrichtungen des Landes in den Berufseinstieg entlässt. Die Geschäftsführerin des ADM, Bettina Klumpe, vertritt in diesem Dossier die Auffassung, dass der Kampf um die Talente längst begonnen hat. Doch welche Waffen wählen im "War for Talents"? Im diesjährigen Sonderteil "Attraktion und Fluktuation" der marktforschung.de Gehaltsstudie sind wir dieser Frage nachgegangen und geben Einblick in die Ergebnisse: Was bietet ein attraktiver Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, was ein unattraktiver nicht hat?
Stärken des externen Employer Brandings aus der Perspektive von Marktforschern bei Instituten und Dienstleistern
Auf die Kategorie "Klima & Kultur" entfallen die mit Abstand häufigsten Nennungen von Stärken des externen Employer Brandings in Markt- und Sozialforschungs-Instituten sowie bei Dienstleistern der Branche. In diese Kategorie fällt bspw. eine offene Unternehmenskultur: Wo Chefs nicht nur die Möglichkeit einräumen Feedback zu geben sondern Kritik auch zum Anlass nehmen, an sich zu arbeiten. Wo Nachhaltigkeit nicht nur ein Marketing-Buzzword ist, sondern als unabdingbare Notwendigkeit aufgeklärten Unternehmertums verstanden wird. Wo man mit Kollegen nicht nur arbeitet, sondern auch mal ein Bierchen trinken geht. Da möchten Menschen arbeiten. Teil eines Unternehmens zu sein, das die ideelle Ausrichtung nach einem moralischen Kompass und die Orientierung an sozialen Normen vorlebt, erscheint den Befragten als relevantes Kriterium, wenn es um die Attraktivität für Bewerber geht.
Am zweithäufigsten werden Aspekte genannt, die sich auf Faktoren wie den Traditionsreichtum des Unternehmens, die Markenbekanntheit oder eine ausgezeichnete Reputation beziehen. Dieser eher im ökonomischen Erfolg des Unternehmens begründeten Aspekte bedarf es aber neben den ideellen auch, um eine Identifikation mit dem Unternehmen zu ermöglichen – wer identifiziert sich schon gerne mit Misserfolg und Unbekanntheit?
Weniger Nennungen entfallen auf Gehälter, flexible Arbeitsmodelle und Benefits als Stärken des externen Employer Brandings.
Das Unternehmen betreibt in letzter Zeit verstärkt ein gutes Change-Management im Bereich New Work: VPN, Fern-Office, Vertrauensarbeitszeit, Sharepoint etc.
Dahinter rangieren etwa abwechslungsreiche Aufgabengebiete, interessante Themen oder die Anwendung besonderer oder vielfältiger Methoden: Langeweile oder Eintönigkeit scheinen keine guten Argumente für einen Job oder Arbeitgeber zu sein.
Von fast einem Viertel (23 Prozent) der Befragten entfallen Antworten auf die Kategorie "Perspektive & Sicherheit". Hierzu zählen bspw. Fortbildungsmöglichkeiten, Aufstiegschancen, aber auch die Unternehmenspotenziale sowie die daran gekoppelte Sicherheit des Arbeitsplatzes. Standort, Lage und Ausstattung sowie die Größe des Unternehmens sind weniger bedeutsam. Ebenso wie die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen und die Kunden oder Branchen. "Führung & Mitarbeiterorientierung" drückt sich etwa in flachen Hierarchien, Wertschätzung der Mitarbeiter oder Engagement und Kompetenz der Führungsetage aus.
Stärken des externen Employer Brandings aus der Perspektive von betrieblichen Marktforschern
In Unternehmen werden als Stärken des externen Employer Brandings am häufigsten etwa die Strahlkraft des Unternehmens, die Marktführerschaft oder die Bekanntheit der Marke genannt.
Wirtschaftlich gesund, weitestgehend unabhängig und dennoch einen Großkonzern im Rücken.
Knapp dahinter kommen monetäre Anreize wie ein attraktives Gehalt oder Sozialleistungen und Flexibilität – z.B. Home-Office, Gleitzeit oder gute Work-Life-Balance.
Bei den Instituten und Dienstleistern noch an erster Stelle, werden Faktoren der Unternehmenskultur und des Betriebsklimas unter den betrieblichen Marktforschern nur am dritthäufigsten genannt. Von 28 Prozent der Befragten entfallen Antworten aber auch hier etwa auf einen offenen Umgang miteinander, eine positive Arbeitsatmosphäre oder einen starken Zusammenhalt.
Keine Machtkämpfe oder Intrigen, man kann sich einfach auf die Arbeit konzentrieren.
Jede/r Dritte (35 Prozent) Betriebsmarktforscher nennt als Stärke des externen Employer Brandings Aspekte wie einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder, dass das Unternehmen gesund und solide aufgestellt sei. Fast jede/r Vierte bezeichnet qualitativ hochwertige Produkte des Unternehmens und die Tätigkeit in spannenden Branchen sowie das Auseinandersetzen mit interessanten Themen als Stärke im Kampf um Job-Aspiranten.
Mit der Größe des Unternehmens, der Versorgung mit Kaffee und Obst, einer guten Kantine oder schönen Büroräumen in einer zentralen Lage würden fünfzehn Prozent argumentieren. Auch der für junge Unternehmen obligatorische Kicker taucht hier in einzelnen Nennungen auf. Jeder Siebte empfindet etwa den Start-up-Charakter des Arbeitgebers, flache Hierarchien und eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit als Stärke. Die wenigsten Nennungen entfallen auf eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit vielschichtigen Aufgaben. Vier Prozent sehen gar keine Stärken in Sachen externen Employer Brandings in ihrem Unternehmen.
Schwächen des externen Employer Brandings aus der Perspektive von Marktforschern bei Instituten und Dienstleistern
Als Schwäche des externen Employer Brandings nennen Arbeitnehmer in Instituten und bei Dienstleistern besonders häufig ein zu geringes Gehalt. Weitere finanzielle Aspekte, wie magere oder ganz fehlende Sonderleistungen und unbezahlte Überstunden, reihen sich neben unflexible Arbeitsmodelle und zu wenig Urlaubstage.
Vergleichsweise geringes Gehalt ohne jegliche Boni oder Zuschüsse und schlechte Arbeitsumgebung (Chef raucht im Büro).
Auch eine hohe Personalfluktuation wird in Sachen Arbeitgeberattraktivität als hinderlich betrachtet. Wo zu häufige Personalwechsel vorkommen, da muss etwas im Argen liegen. Hinzu kommen fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten, limitierte Aufstiegschancen oder generell eingeschränkte Karriereoptionen, wie z. B. die Möglichkeit eines Ausland-Gastspiels.
Fast jeder Dritte (32 Prozent) bemängelt fehlende Führungskompetenzen, strategiearmes Dahinvegetieren, inkompetente Entscheidungsträger oder die generelle (Nicht-)Qualifikation des Managements und der Kollegen – mit Auswirkungen für das Betriebsklima.
In manchen Bereichen wird eher diktatorisch als partizipativ geführt.
Mangelhafte Unternehmenskultur, die sich etwa in fehlender Wertschätzung für Mitarbeiter und ihre Leistungen, unzureichender Kommunikation und fehlender Transparenz ausdrückt, stufen 23 Prozent als Schwäche des externen Employer Brandings ihres Arbeitgebers ein. Ein schlechtes Betriebsklima und starre Hierarchien sind zwar als Bewerber nicht immer direkt ersichtlich, werden aber ebenfalls als Schwäche wahrgenommen.
Furchtbare Kommunikation zwischen Chefetage und Angestellten.
Einen Standort, der schlecht angebunden ist, sowie eine schlechte Ausstattung des Büros oder Arbeitsplatzes empfinden zehn, fehlendes Vertrauen oder kaum Verantwortungsübertrag, Zeitdruck und Stress empfinden neun Prozent als Schwäche. Nur jeder Fünfundzwanzigste sieht bei seinem Arbeitgeber gar keine Schwächen im externen Employer Branding.
Schwächen des externen Employer Brandings aus der Perspektive von betrieblichen Marktforschern
Auf betrieblicher Seite werden Unternehmens- und Image-Aspekte häufig als Schwäche des externen Employer Brandings wahrgenommen. 39 Prozent haben etwa moralische Bedenken gegenüber dem Großkonzern, der durch das Shareholder-Interesse geleiteten Betriebspolitik oder denken, dass sich die Mitarbeiter nur auf Grund des Markennamens entschieden haben, für ihren Arbeitgeber tätig zu sein.
Je gut ein Drittel attestiert seinem Arbeitgeber mangelnde Führungskompetenzen, fehlende Strukturen oder Prozesse (36 Prozent) und unterdurchschnittliche Gehälter sowie hohe Arbeitsbelastung oder ein Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Leben (35 Prozent).
Bedenkliche Führung der Mitarbeiter – Überstunden dürfen nicht getrackt werden und Weiterbildungen werden nicht unterstützt.
Jede/r Vierte (26 Prozent) betrachtet hohe Personalfluktuation, fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten oder geringe Aufstiegschancen als eine Schwäche des Employer Brandings. Ein weiteres Viertel (26 Prozent) sieht hierarchische Strukturen, zu wenig Anerkennung oder eine faule Kommunikationskultur als Mangelerscheinung im Kampf um talentierte Juniors und Seniors.
Streng hierarchische Ausrichtung, herablassender Umgang mit Mitarbeitern.
25 Prozent denken, dass ein schwer erreichbar gelegener Standort, bspw. in der Provinz oder ein langer Anfahrtsweg Negativkriterien sind. Nur sechs Prozent betrachten etwa eine extreme Arbeitsteiligkeit, komplexe Prozesse oder unattraktive Aufgaben als Schwächen im Employer Branding. Vier Prozent sehen gar keine Schwächen.
8 Verbesserungsvorschläge
Doch was tun, wenn es mit der eigenen Attraktivität gegenüber Bewerbern nicht weit her ist? Die Befragten haben dazu ganz eigene Vorstellungen und haben für ihre Arbeitgeber Ratschläge abgegeben, die sich zu acht Kategorien verdichten lassen. Die Reihenfolge ist zufällig und hat keine Bedeutung für die Gewichtung. Es handelt sich nur um einen Auszug der Nennungen je Kategorie. Sie können die vollständige marktforschung.de Gehaltsstudie hier herunterladen.
Finanzielle Anreize schaffen
mehr Gehalt, Boni, 13. Monatsgehalt, Sonderleistungen, Benefits, mehr Urlaub, bessere Überstundenregelung, Work-Life-Balance, Job-Ticket
Flexiblere Arbeitsmodelle ermöglichen
Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit, Familienfreundlichkeit
Perspektiven geben, Mitarbeiter fördern
Fortbildungsmöglichkeiten, Beförderungsmöglichkeiten, mehr Kompetenzen zugestehen und Verantwortung übertragen, internationale Einsätze ermöglichen
Recruiting und Außendarstellung optimieren
Bekanntheit steigern, an Hochschulen werben, Auftritte auf Branchenevents, bessere Homepage, mehr Stellenausschreibungen, besseres Bewerbungstool, Marketingaktivitäten steigern, das erwartbare Gehalt kommunizieren, Social Media
Führung und Mitarbeiterorientierung verbessern
Führungsleitlinien, klare Strategie für die Zukunft, geschultes Management in Sachen Mitarbeiterführung, kooperativer Führungsstil, mehr Frauen in Führungspositionen, Teambuilding
Unternehmenskultur und Betriebsklima verbessern
Ehrlichkeit, internes Klima stabilisieren, Glaubwürdigkeit, interne Strukturen verbessern, Respekt, soziale Aspekte
Unternehmens-Potenziale erkennen
Diversifizierung, Erkennen und Nutzen interner Potenziale, Fachkräfte einstellen, Innovation
Standort und Ausstattung überdenken
attraktivere Standorte und Büros, Büroausstattung, Hardware verbessern
Zur Studie: marktforschung.de führt einmal im Jahr eine große Online-Befragung durch, die sich an in Deutschland beschäftigte Festangestellte in der Marktforschungsbranche richtet. Zentral geht es um das Gehalt nach personen- und arbeitgeberbezogenen Faktoren, außerdem werden Daten zu Arbeitsbedingungen, Arbeitszufriedenheit und weiteren Soft Facts erhoben. Der Zeitraum der Erhebung war vom 10.07. bis 28.08.2019. Um die Ergebnisse auf eine breitere aber weiterhin aktuelle Datenbasis zu stellen, wurden Daten aus den vergangenen zwei Befragungswellen ergänzt. Damit ergibt sich für den Befragungszeitraum von 2017–2019 eine bereinigte Datenbasis von 2.199 abgeschlossenen Umfragen.
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