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Interview mit Tjark Dönni, taliox GmbH "Eine große Herausforderung kann die Beschaffung qualitativ hochwertiger Daten sein"

Sie sind Geschäftsführer eines Start-ups im Bereich der Informationstechnologie in Hamburg. Einer Ihrer Themenschwerpunkte bezieht sich auf den Einsatz verschiedener Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI). Mit welchem Ansatz kommen Unternehmen auf Sie zu, was können Sie Unternehmen in diesem Bereich bieten?
Tjark Dönni: Unser Ziel ist es, unseren Kunden immer einen möglichst ganzheitlichen Service zu bieten und sie dabei von der Problem- und Chancenidentifikation, über die Umsetzung von IT-Lösungen, bis zur Einführung und dem Betrieb zu unterstützen. Aufträge im KI-Umfeld kommen daher meist über zwei unterschiedliche Wege zustande: Einige Kunden verfolgen bereits selbst die Strategie, KI-Kompetenzen aufzubauen, um sich den First Mover Advantage zu sichern und, um von den neuen Technologien als Erste zu profitieren. Da bestehen dann meist kundenseitig auch schon konkrete Projektideen, in welchem Anwendungs- und Geschäftsfeld die Technologie zum Einsatz kommen soll. Hintergrund ist dann meistens ein spezifisches Problem bei der Digitalisierung und Teilautomatisierung der Prozesse oder der Wunsch, bereits vorhandene Daten besser zu nutzen. Für andere Kunden ergibt sich der Einsatz von KI-Technologien eher aus einer Bedarfs- oder Chancenanalyse zu Beginn und während der Projekte.
Egal, ob ein Kunde direkt mit einer Anfrage nach KI-Projekten auf uns zukommt oder ohne eigenen Lösungsansatz anfragt, in beiden Fällen können wir durch unsere breite Aufstellung bei der Umsetzung einer geeigneten Lösung unterstützen, ob diese nun KI einsetzt oder "nur" auf klassischere Technologien zurückgreift.
Sie arbeiten und experimentieren vor allem mit Technologien wie Apache Hadoop oder Spark. Was genau zeichnet diese Technologien für Ihre Arbeit aus und wie kann man sich das Experimentieren mit diesen Open-Source-Frameworks im KI-Kontext genau vorstellen?
Tjark Dönni: Spark und Hadoop stellen bei KI-Projekten oft die nötige Infrastruktur bereit, wenn es um die Auswertung großer Datenmengen geht. Beide Frameworks bieten die Basis für eine verteilte Speicherung und Verarbeitung von Daten auf mehreren Speicher-Clustern und Servern. Große Datenmengen können so auch auf Clustern aus nicht spezialisierten PCs und Servern durch einen mehrstufigen Prozess effizient verarbeitet werden. Auch eine Benutzung einer Cloud wie AWS oder Azure ist hierbei möglich. Eine Verteilung der Arbeitslast auf viele Rechensysteme ist besonders beim klassischen Machine Learning wichtig, sodass schnell große Datenmengen analysiert werden können. Dementsprechend werden Hadoop und insbesondere Spark häufig zum Trainieren von Machine Learning Modellen verwendet.
Für die Implementation von KI-typischeren Lösungen wird dann beispielsweise oft das TensorFlow Framework eingesetzt. Mit diesem können relativ einfach neuronale Netze erzeugt werden, die ebenfalls parallel auf mehreren CPUs oder GPUs trainiert und ausgeführt werden können.
Der Vorteil bei Open Source Frameworks liegt in der großen Community. Hinter Spark, Hadoop und Tensorflow stecken viele Entwickler, die das Framework vorantreiben.
Im KI-Bereich ist die technologische Grundlagenentwicklung noch in vollem Gange. Deswegen ist es hilfreich, Entwicklungen auf ein solides Fundament zu stellen, in das auch die Ideen der führenden Köpfe von Universitäten und IT-Konzernen eingehen. So können wir durch die Nutzung von Open Source Technologien immer die effizientesten und flexibelsten Technologien als Grundlage für die Lösungen für unserer Kunden nutzen.
Wie kann KI im Geschäftskontext eingesetzt werden? In welchen Bereichen ist es sinnvoll KI einzusetzen? Wo liegen die Erfolgschancen und wo trifft KI auf seine Grenzen?
Tjark Dönni: Künstliche Intelligenz ist aktuell weiterhin auf jeweils einen sehr speziellen Anwendungsbereich angepasst. Von einer allgemeinen Künstlichen Intelligenz, die ähnlich flexibel wie der Mensch ist, sind wir nach Expertenmeinungen noch etwa 10-150 Jahre entfernt. Heute wird KI häufig entweder zur Datenanalyse oder zur Prozessautomatisierung verwendet. In der Datenanalyse ist sie eine mächtige Alternative zu klassischen Formeln und algorithmischen Auswertungen, insbesondere wenn für den Analysegegenstand sehr viele Daten relevant sind, deren Zusammenspiel nicht genau bekannt ist. Als Analyseergebnis können dabei klassisch Kennzahlen generiert oder Entscheidungen getroffen werden. In einem experimentellen Projekt haben wir beispielsweise gute Ergebnisse mit der Steuerung von Social Media Werbekampagnen durch eine KI erzielt. Bei der Prozessautomatisierung geht es oft darum, da anzusetzen, wo klassische Algorithmen aufgrund unklarer Situationen oder fehlender Daten scheitern würden und zu versuchen, den Prozess trotzdem automatisch weiterzuführen. Bei solchen Lösungen ist es dann ganz besonders wichtig, ausführlich zu testen und die Nutzer dabei eng einzubinden, um ein gewisses Vertrauen in die Lösung aufzubauen.
Auch bei diesen bereits gängigen Anwendungsfeldern beinhalten KI-Projekte aber fast immer eine experimentelle Komponente. Da wir die KI-Lösung in den allermeisten Fällen auf Grundlage der Daten trainieren, die auch später verarbeitet werden sollen, sind die Erfolgschancen hier höher, wenn bereits viele strukturierte Daten vorhanden und zugänglich sind. Wenn Interessenten im Vorfeld bereits ein Data Warehouse etabliert haben, in das Daten aus allen (relevanten) Geschäftsbereichen eingehen, ist das beispielsweise eine gute Voraussetzung.
Immer mehr Unternehmen streben danach, neue Innovationen und Trends in das eigene Geschäftsmodell zu integrieren. Wo sehen Sie Weiterentwicklungsbedarf? Was muss zukünftig passieren, dass KI noch nutzbarer wird?
Tjark Dönni: Diese Neugier auf IT-Innovationen sehen wir auch. Grundsätzlich und ganz besonders beim Einsatz von KI ist eine entscheidende Hürde aber oftmals die fehlende Offenheit von Unternehmen, Dinge ohne sichere Erfolgsaussichten im großen Stil auszuprobieren. Das ist letztlich eine strategische Entscheidung, die jedes Unternehmen individuell abwägen muss. Aber gerade im KI-Umfeld sagen wir unseren Kunden:
"Wenn ihr zu den ersten Unternehmen gehören wollt, die in eurem Markt neue Wege gehen, dann müsst ihr auch bereit sein, herauszufinden, welche Wege die Falschen sind."
Wer KI-Projekte beauftragt, beauftragt zu 99 Prozent ein Forschungsprojekt. Manchmal bleibt dann nur, im Projekt systematisch auszuprobieren, ob einzelne KI-Designs funktionieren oder nicht, ohne dass man weiß, ob überhaupt eins der angedachten Designs die nötige Genauigkeit bei den Ergebnissen erreicht. Oft ergibt sich in solchen Projekten aber auch ein unerwarteter Nutzen für andere Einsatzzwecke.
Eine große Herausforderung kann davon unabhängig die Beschaffung ausreichend qualitativ hochwertiger Daten sein. Diese werden sehr häufig mindestens in der Entwicklungsphase für das Training der KI benötigt. Für die heute bekannten und verbreiteten KI-Anwendungen in der Bilderkennung oder Gesichtserkennung auf Fotos wurden beispielsweise oft Millionen von Fotos benötigt, auf denen im Vorfeld Gesichter oder Gegenstände exakt durch Menschen markiert wurden und die auch ein breites Spektrum der Gegenstände oder Gesichtstypen abdecken. Es gibt auch Ansätze, die kein Training mit vorverarbeiteten Daten erfordern, aber ob diese anwendbar sind, muss im Einzelfall untersucht werden. Unternehmen, die auf BigData oder KI setzten wollen, tun also gut daran, ihre Geschäftsdaten, Kennzahlen und ihr Wissen strukturiert zu sammeln. Dabei kann es sich anbieten, schon früh einen KnowHow-Partner hinzuziehen, der bei der Auswahl und Strukturierung der Daten unterstützt. Für größere KI-Projekte sollte zudem auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, sich mit Partnerunternehmen zusammen zu tun, um einen gemeinsamen Datenpool nutzen zu können.
Zur Person

taliox ist ein Hamburger Start-Up im Bereich der Informationstechnologie. Neben der Entwicklung von eigenen Softwareprodukten unterstützt es auch als interdisziplinärer IT-Dienstleister dabei seine Kunden im gesamten Zyklus von IT-getriebenen Innovationsprojekten. So können die Kunden in ihren eigenen Projekten von den Start-Up Erfahrungen profitieren und dadurch an Agilität und Geschwindigkeit gewinnen.
/cb
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