Eine attraktive Perspektive für die konsortiale Werbewirkungsforschung: die "Consumer Decision Journey"

Von Dipl.-Psych. Michael Pusler, selbstständiger Marktforschungsberater und Gründer von MP RESEARCH
Zusammenfassung
Werbewirkungsforschung reflektiert in der Medienwirtschaft den Leistungsbeitrag eingesetzter Werbeträger im Vergleich. Sie stellt ein wichtiges Element zur monetären Bewertung dar und ist daher von hoher Relevanz im Mediengattungs-Wettbewerb. In der Vergangenheit wurden Untersuchungen nur eines Anbieters als interessensgeleitet wahrgenommen und wenig Glaubwürdigkeit von Werbungtreibenden entgegengebracht. Das sollte die gemeinschaftliche Forschungsinitiative „Ad Impact Monitor“ (AIM) ändern. Diesen Anspruch ist das Projekt bislang schuldig geblieben, denn es fehlen ein Methodenkonsens, bei dem sich alle Mediengattungen mit ihren Kontakt- und Wirkungsparametern angemessen abgebildet sehen, sowie insbesondere Untersuchungsinhalte, die Werbungtreibenden Resultate entlang der Stufen im Kommunikationsprozess, der „consumer decision journey“, bieten. Der Beitrag gibt hierzu Anregungen und plädiert für ein gemeinsames Vorgehen aller Marktpartner.
Status quo und Anforderungen an eine konsortiale Werbewirkungsforschung
Nach der Auflösung der Werbewirkungsoffensive „Ad Impact Monitor“ im Rahmen des AIM e.V. (s. www.adimpactmonitor.de) als gemeinschaftlicher, mediengattungsübergreifender Forschungsinitiative (nahezu) aller größeren Verlage der Publikumspresse Ende 2014 stellt sich für viele Akteure in der Medienwirtschaft und im Marketing erneut die Frage, ob im Marktkonsens der Medien, Agenturen und Werbungtreibenden, das Ziel eines umfassenden empirischen Werbewirkungsmodells überhaupt realisiert werden kann. Oder ob nicht, wie bisher, doch wieder jeder sein Süppchen kocht und sich weiter – vom jeweiligen „Gegner“ ausgesprochen – dem Vorwurf ausgesetzt sieht, seine Forschung belege doch nur den vermeintlichen Vorteil der eigenen Mediengattung. Was sehr schade und mit Sicherheit eine vertane Chance wäre.
Der „Ad Impact Monitor“ heißt nun „best for tracking“ (b4t) und wird nun in einer, durch die vier Großverlage Axel Springer, den Heinrich Bauer Verlag, Gruner + Jahr sowie die Hubert Burda Media, initiierten Gesellschafterkonstruktion, der Gesellschaft für integrierte Kommunikation (GIK), in nahezu identischer inhaltlicher wie methodischer Form zum Vorläufer weitergeführt. Danach wird b4t als Werbewirkungsinitiative nun in Verbindung mit der Planungsstudie best for planning (b4p) herausgegeben, (s. www.b4t.media/b4t-startseite). Während b4p ex ante bei der Allokation und Planung der Werbebudgets hilft, erlaubt best for tracking Kampagnen ex post auf Wirksamkeit und Effizienz hin zu untersuchen, so die GIK. B4t besteht, wie schon AIM, aus den drei Bestandteilen Markentracking mit dem auf Planungsoptimierung ausgelegten Shift Modell sowie dem Kreativtracking zur Werbemittelbeurteilung (s. Abbildung 1).

Leider sind seit dem Shift Modell (das mittlerweile durch die Initiatoren auch nicht mehr aktiv thematisiert wird) neue forscherische Impulse ausgeblieben (zur umfangreichen Würdigung des Ad Impact Monitor siehe Pusler, 2010) und vielfach von den Mediaagenturen beklagte latente Schwächen nicht beseitigt, so dass jüngst wieder Kritik geäußert wurde (s. Pimpl 2015). Es fehlt insbesondere ein Methodenkonsens, bei dem sich alle Mediengattungen mit ihren Kontakt- und Wirkungsparametern angemessen abgebildet sehen, und Untersuchungsinhalte, die Werbungtreibenden Resultate entlang der Stufen im Kommunikationsprozess bieten.
Und da wird branchenübergreifend schon länger die „Consumer Decision Journey“ als Erklärungs- bzw. Wirkungsmodell diskutiert, bei der es nicht um ein „Entweder oder“, sondern um ein „Sowohl als auch“ der Werbeträger, und das in der richtigen Dosierung, geht. Die Komplexität im Verständnis von Kaufentscheidungsprozessen erfordert es weiter, neben dem Beitrag der „klassischen“ Medien, auch den mündlicher Informationspflege (word of mouth – nicht nur dem sozialer Medien) oder aber Below the Line, POS- und weiterer nichtlinearer Kommunikationswege mit zu berücksichtigen. Und dabei sollten und dürfen – bei aller Berechtigung der monetären Kriterien – nicht nur kurzfristige ökonometrische Modellierungsansätze (wie z. B. der bei AIM zuletzt eingeführte „Shift Planner“, ein Planungstool, das den relativen Mehrwert von Printwerbung im Vergleich zu anderen Medienkanälen belegen soll) eine Rolle spielen. Zudem ist eine wichtige Verknüpfung von Marken- und Kreativtracking im Sinne einer Treiberanalyse („welche Gestaltungsfaktoren bei Werbemitteln führen zu welchen Effekten“ bei den Kampagnen-Key Performance Indicators (KPI´s), differenziert nach Kampagnenarten oder Branchen) nicht in Sicht. Gerade in solchen multi-methodischen Lösungen sollte doch ein Mehrwert eines solch komplexen Untersuchungsvorhabens liegen! Dennoch: Der beschrittene Weg stimmt im Grundsatz, sollte unbedingt weitergeführt und, für Zwecke der Marketingevaluation, unbedingt inhaltlich weiterentwickelt werden.
Sicher ist die Erforschung der Kaufentscheidungsprozesse auch nichts völlig Neues und gerade bei höherpreisigen Gebrauchsgütern, wie Pkws, Unterhaltungselektronik oder Dienstleistungen wie Versicherungen, sind in zurückliegenden Jahren auch bereits viele Untersuchungen durchgeführt worden. Gemeinhin sind sogenannte „high involvement“ Produkte für die Werbewirkungsforschung hier auch ergiebiger, lassen sich dabei doch bewusste rationale Kaufentscheidungsparameter leichter erfragen, als das bei risikolosen Kaufprozessen für den täglichen Bedarf der Fall ist, deren Entscheidungsprozess häufig akzidentell erfolgt und vielfach dem Bewusstsein nicht zugänglich ist. Dennoch sind auch für den Bereich schnell drehender Konsumgüter, den so genannten „low involvement“ Produkten, Kaufentscheidungsprozesse relevant und verdienen der näheren Betrachtung in der Werbewirkungsforschung, weil es hier in der Kommunikation ganz häufig um den Aufbau und die Pflege von Markenpräferenzen geht.
Für die Werbewirkungsforschung stellen sich aus der Perspektive eines Werbungtreibenden eine ganze Reihe relevanter, durch die Wirkungsforschung nach wie vor großteils unbeantworteter Fragestellungen:
- Wo im Entscheidungsprozess kommt mein Produkt ins relevant set, wo in die engere Wahl?
- An welchen Stellen im Entscheidungsprozess gerät mein Produkt ggfs. aus dem Fokus oder aber – vice versa – ist das des Konkurrenten am leichtesten verwundbar?
- Was bewirkt das weitere Angebot, der Wettbewerb?
- Welches sind die Gründe, im Kopf des Verbrauchers von der Liste gestrichen zu werden – je nach Phase im Entscheidungsprozess?
- Welche Rolle spielen bei der Kaufentscheidung Aspekte der Vertrautheit wie Markentreue?
und von besonderem Interesse für die Mediaplanung:
- Welche Medienkanäle, welche Kommunikationsinhalte sind an welcher Stelle im Prozess geeignet, um eine Marke oder ein Produkt in die Einkaufsliste hinein zu nehmen?
Ansätze und Überlegungen für eine inhaltliche Weiterführung gemeinsamer Wirkungsforschung
Klassische Forschungsansätze wie imageuntersuchende Markentrackings, Wettbewerbsanalysen oder Untersuchungen von Absatzwegen beantworten häufig nur Teilaspekte. Auch das bisherige AIM Markentracking konnte bzw. kann in seiner momentanen Form im Rahmen von b4t nicht alles abbilden (was auch nicht zu kritisieren ist), weshalb ein Mehrmethoden-Ansatz anzustreben ist. Dem Thema angemessen ist ein ergänzendes technisches Cookie-Tracking, das auf Session Cookies ebenso zurückgreift wie auf persistente Cookies zu den Portalseiten der Markenartikler oder aber Plattformseiten. Nutzt man die Google Metriken, so könnten First-Party Cookies ebenso Verwendung wie Third-Party Cookies finden. Dennoch sollten sowohl klassische Wirkungs-KPIs, wie Bekanntheit, Kaufinteresse etc., gepaart mit technischen Messgroßen, fester Bestandteil eines jeden Werbewirkungs-Trackings sein. Diese technischen Details der Operationalisierung sind äußerst komplex und können daher hier nur gestreift werden.
Vielmehr soll es uns hier um den allgemeinen Erklärungs- bzw. Begründungszusammenhang gehen. Und dabei um die Frage, warum das Thema Consumer Decision Journey so relevant und zugleich so vielschichtig ist und eine Studie wie b4t oder vergleichbare Werbewirkungsstudien bereichern könnte. Es stellt gewissermaßen einen Appell für mehr „Forschungstiefe“, bei Fokussierung auf weniger Märkte in der Studie dar. Werbungtreibenden sind sowohl traditionelle Werte wie Markenerinnerung und Sympathie wichtig als auch Maßzahlen, die die Bindung an den Kunden widerspiegeln. Das ist eine der Erkenntnisse der "IAB Europe Metrics and KPIs Survey" des Interactive Advertising Bureau Europe (IAB Europe, 2015), die im Vorjahr durchgeführt wurde. Dort wird darauf verwiesen, dass die Unternehmen grundsätzlich auf der Suche nach mehr Informationen über die Verbraucher sind, um damit bessere Kampagnen an sie richten könnten.
Wichtig sind den Entscheidern für Werbeinvestitionen vor allem das Mediennutzungsverhalten (nicht zu verwechseln mit Reichweitendaten), der Lifestyle und die Station im Kaufprozess, an der sich der Kunde gerade befindet. Das IAB Europe hat in seiner Studie beispielsweise ermittelt, das 81 Prozent der Werbungtreibenden es für entscheidend halten, wo sich der Verbrauchers im Kaufprozess befindet, um ihm relevante Werbung zur richtigen Zeit einzuspielen. Ebenso von zentraler Bedeutung sind crossmediale Werbewirkungszahlen, insbesondere die Verknüpfung mit TV-Werbung (hierfür wäre für b4t ein Konsens mit den TV-Kollegen wichtig), sowie einheitliche KPIs, um den Return on Invest ihrer digitalen Werbung zu messen. Der zielführende Media-Mix, zusammengestellt unter dem Blickwinkel von mittels Marktforschung ermittelten Medienfunktionen oder zunehmend im Medienmarketing bedeutsamer werdender so genannter Mediengratifikationen (s. Pusler 2011, 50ff.), wird dabei vielfach als angemessener Weg angesehen, um die Kommunikationszielsetzung des Werbungtreibenden medial umzusetzen.
Anzumerken ist, dass die Rahmenbedingungen hierfür alles andere als einfach sind. Nie war es schwerer als heute, Konsumentenverhalten verlässlich zu prognostizieren. Zum einen gab es noch nie eine so große Auswahl an konkurrierenden Marken und Produkten. Zum anderen hatte es der Verbraucher selbst „medial“ nie leichter, Produkte und Marken zu bewerben oder öffentlich zu kritisieren und damit schnell hoch zu loben oder abzustrafen. Und somit selbst aktiv auf das kommunikative Marktgeschehen Einfluss zu nehmen. Social Media, wie Facebook und Twitter, gewähren den Verbrauchern Mitspracherechte, was Marketingverantwortliche wiederum dazu zwingt, neue Wege im Umgang mit dem Verbraucher zu suchen.
Zentrale Phasen der Consumer Decision Journey
Mit der Fokussierung auf die Consumer Decision Journey kann diesen Herausforderungen durch einen pragmatischen Ansatz erfolgreich begegnet werden. Hierbei genügen für Zwecke einer forschungspraktischen Umsetzung vier zentrale Phasen (s. Abbildung 2, nach McKinsey, 2015). In einer anfänglichen „Erwägen“-Phase setzt sich der Verbraucher zum ersten Mal mit dem Gedanken auseinander, ein Produkt zu erwerben oder eine Marke zu präferieren. Dabei entstehen erst einmal lediglich spontane Assoziationen in Verbindung mit dem Produkt oder der Marke. Dieses wurde bewusst oder unbewusst bei Freunden und Bekannten, im Fernsehen oder vielleicht im Einzelhandel wahrgenommen.

In dieser Phase wird die Anzahl der Marken bereits so stark reduziert, dass zum Schluss vom Konsumenten nur wenige Produkte für die weiteren Auswahlphasen berücksichtigt werden. Der Eingrenzung auf ein „Relevant Brand Set“ folgt daher sinnvollerweise die Frage nach der “Best Choice“.
In der nächsten Phase, der Produkt-Bewertung, beginnt die eigentliche mentale Aktivität seitens des Verbrauchers. Er fängt mit der Informationssammlung an. Diese findet heute verstärkt bei Freunden und Bekannten sowie auf Bewertungsportalen statt. Diese Phase der intensiven evaluativen Beschäftigung mit einem Produkt oder einer Marke gilt es, in geeigneter Operationalisierung abzubilden. Etwa durch die Fragestellung an den Respondenten: „Welche Informationsquellen nutzen sie vor dem Produktkauf?“, der Anweisung zur Priorisierung vorgeschlagener Alternativen sowie der letztinstanzlichen Quelle anhand des letzten Kaufs eines Produkts seiner Wahl.
In vielen Fällen kann die Entscheidung über den „Kauf eines Produkts“ im Einzelhandel, der dritten Phase, anders ausfallen als zunächst geplant. Hier spielt der Handel selbst, die Warenauslage am PoS, die Kaufatmosphäre oder die Darstellung der Ware in einem Onlineshop, als Filter eine große Rolle. Die Entscheidung für oder gegen ein Produkt kann allein aufgrund der Platzierung, der Verpackung, der Beratung oder der Information über ein Produkt fallen.
Mit der vierten Phase, der erzielten Produkt-Treue, dem erfragten „nutzen und genießen, weiterempfehlen und treu bleiben“ findet das Modell seinen End- bzw. Zielpunkt. Basierend auf unzähligen Studien, die den Wert der Kundenpflege anhand der herausragenden Bedeutung von Treuekäufern belegen, kann längst belegt werden, wie wichtig Empfehlungen für Neukäufer geworden sind. Daher lohnt es sich, das Empfehlungsmarketing als ganzheitliches Unternehmensinstrument zu implementieren. Und im Übrigen belegt die Kundenbindungsforschung, um wie viel aufwendiger es ist, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen bestehenden zu halten.
„Nach dem Kauf ist vor dem Kauf“, so lautet die Quintessenz aus diesem Entscheidungsmodell. Konsumenten beschäftigen sich nach dem Kauf noch intensiver mit dem Produkt als vorher, suchen die Bestätigung, sich richtig entschieden zu haben. Sie nutzen es und interagieren intensiv mit anderen Konsumenten, um die inzwischen gesammelten Erfahrungen auszutauschen und miteinander zu vergleichen. Interessant ist die Erkenntnis, dass viele Verbraucher sich (zur ex-post Rechtfertigung) bei manchen Produkten auch nach dem Kauf erneut darüber im Internet informieren. Der Besuch in Bewertungsportalen unmittelbar nach dem Kauf bleibt aber nicht der letzte Kontakt. Wer als Konsument seine eigene Erfahrung gemacht hat, kehrt in den meisten Fällen wieder dorthin zurück und berichtet darüber. Das kann bei einer negativen Erfahrung fatale Folgen haben. Bei einer positiven Erfahrung dagegen empfiehlt man das Produkt gerne weiter und kauft es bei Bedarf gerne wieder ein. So entsteht ein loyaler Kunde, der nun häufig die ersten zwei Phasen – Erwägen und Bewerten – vernachlässigt und direkt zum Kaufen übergeht.
Nach McKinsey gibt es somit zwei „loops“ (Schleifen), über die die Consumer Journey beschrieben werden kann (s. Abbildung 3). Danach findet in einer ersten Erfahrungsschleife, vor dem erstmaligen Kauf eines Produktes oder einer Marke, eine intensive Bewertung der in Frage kommenden Alternativen im Anschluss an die Erwägung derselben statt. Danach verläuft der Ablauf weiter in der beschriebenen Prozesskette. Schaffen es Produkte bzw. Marken durch positive Erfahrungen bei der Nutzung dauerhaft ins relevant set, oder besser noch, „first choice“ zu werden, wird der loop abgekürzt. Dann ersetzt Markenbindung einen aufwändigen Bewertungsprozess und führt zu habituellem Kaufverhalten. Ziel der Markenkommunikation ist es, den Kunden mit seiner Produkt- bzw. Markenerfahrung langfristig in loop 2 zu halten. Dann ist beim Wiederholungskauf gewährleistet, dass im Prozess keine konkurrierenden Marken mehr eingreifen.

Operationalisierung der Consumer Decision Journey
Hat man die Phasen der Consumer Decision Journey wie ausgeführt bestimmt, geht es an die Operationalisierung der Indikatoren. Mit dem Ziel, Kommunikationszielgruppen über deren Mediennutzungsverhalten an Etappen der Kaufentscheidungsphase über geeignete Indikatoren per Konsumentenbefragung zu qualifizieren (s. Abbildung 4).

So steht bspw. in der Erwägungsphase die Frage nach einer Kaufabsicht und, ergänzend, dem Produktinformationsinteresse, am Anfang der Consumer Journey. Für Mediaplanungsaspekte ist hierbei bereits die Frage nach präferierten Informationskanälen von Interesse.
Die anschließende Phase der Bewertung berücksichtigt im Survey z. B. die Markenpräferenzen oder aber die Kriterien einer Kaufentscheidung. Bei hochwertigen Gütern kann für die Medienansprache auch zielführend sein, wer im „Familienrat“ mit an der Entscheidungsfindung beteiligt ist.
Der (letzte) Kauf kann vom Respondenten im Rahmen einer Befragung gut erinnert werden. Also welches Produkt, von welcher Marke zu welchem Preis gekauft wurde. wobei hier auch der Kaufort (Handel, Internet etc.) von Interesse sein kann.
Ziel vieler Werbekampagnen ist es, Konsumenten langfristig von Produkt und Marke zu überzeugen, d.h. Treue aufzubauen. Passende Indikatoren hierfür sind z. B. die Wiederkaufabsicht oder die Weiterempfehlung. Die Wiederkaufabsicht gibt einen konkreten Anhaltspunkt, ob die erfolgte Produktwahl zufriedenstellend war. Nach McKinsey ist an dieser Stelle ergänzend die Kundenbindung eine zentrale Messgröße.
Den Verbraucher in den jeweiligen Phasen der Consumer Journey mit Hilfe eines Zielgruppen-Scorings zu klassifizieren, kann Kommunikationsplanung effektiver machen. Denn es darf davon ausgegangen werden, dass die informationsrelevanten bzw. werbeführenden Medienkanäle identifiziert werden, die in der jeweiligen Phase vom Konsumenten intensiv genutzt werden.
Eine interessante, bislang leider methodisch noch nicht realisierte Vorgehensweise wäre es, aggregierte Maße aus den Einzelindikatoren der Consumer Decision Journey zu verwenden. Z. B. wäre danach ein Summenscore aus hohem Produktinformationsinteresse, ausgeprägter Kaufabsicht und intensivem Informationsverhalten gleichbedeutend mit „die Person ist Teil einer Zielgruppe, die akut in der Erwägens-Phase zu einer bestimmten Produkt- bzw. Warenkategorie ist“ (sofern sie nicht über ihr berichtetes Kaufverhalten Wiederkäufer ist). Neben dem Umstand, dass sie in ganz bestimmter Weise durch Werbung angesprochen werden muss, bietet dies vielfältige Analysemöglichkeiten mit dem Ziel eines generalisierbaren Kommunikationsmodells. Indem z. B. versucht wird, Wirkungs-KPIs, Cookie-Auslese mit Werbeausgaben und Kampagneninhalten in Zusammenhang zu bringen und inferenzstatistisch zu analysieren. Also sich z. B. der Frage zu widmen, welche Werbeformen und Kommunikationsinhalte in dieser wichtigen Phase besonders erfolgreich funktionieren.
Resultat dieser Bemühungen kann es dann sein, ein Wirkungsmodell zu finden, das im Zeitverlauf Konsumentengruppen im Hinblick auf Kommunikationserfordernisse und -erfolge qualifiziert, und nicht einfach nur KPIs nach soziodemografischen Zielgruppen beschreibt, wie das häufig in der Praxis noch der Fall ist. Also z. B. der Wirkungsbeitrag eines oder mehrerer genutzter Medien bei Personen in der Erwägungsphase oder der Nachkauf- bzw. Treuephase. Oder aber bei vorliegender Unsicherheit ob der richtigen Markenwahl, sowie des relativen Beitrags der eingesetzten Kanäle auf jeden der abgebildeten KPI´s (z. B. Kaufabsicht, Weiterempfehlung, Markenimage).
Bis es zur Treue-Phase kommt, können viele negative Erfahrungen entstehen, die bei einer höheren kommunikativen Präsenz der Hersteller leichter entkräftet werden könnten. Dabei gilt die Empfehlung, dass sich die Werbung verstärkt an den bestehenden Kunden wendet und versucht, ihn zu binden, statt immer wieder nach dem Prinzip „trial and error“ einer Black Box den potenziellen Neukunden anzugehen. Das impliziert zudem interessante Perspektiven für die Werbewirkungsforschung, die nicht zuletzt aufgrund der hohen Bedeutung von Konsumentenempfehlungen wesentlich stärker mit der Kundenzufriedenheitsforschung verknüpft werden und ihre Wirkungs-KPIs vermehrt dort festmachen sollte. Etwa durch Erstellen einer verhaltenswissenschaftlich fundierten Kundenbindungs-Typologie für einzelne Branchen – unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse der Behavioral Economics – , aus der Zielgruppen motivational unterschieden und mit jeweils unterschiedlicher Rezeptivität für Medienkanäle und Kommunikationsbotschaften extrahiert werden können. Daher stellt die Produkt- bzw. Markenzufriedenheit auch einen zentralen Indikator zur Charakterisierung der Treuephase der Consumer Decision Journey dar.
Das stellt eine interessante und zugleich den Markterfordernissen dienliche Aufgabenstellung dar, der sich eine wiederbelebte gemeinschaftliche (konsortiale) Werbewirkungsforschung wie b4t stellen sollte. Media- bzw. Kommunikationsplanung auf der Grundlage neuester Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung zu ermöglichen, muss der Anspruch einer solchen gemeinsamen Werbewirkungsoffensive sein. Und zudem, in Anbetracht der anspruchsvollen Zielsetzung, ausreichend methodisch komplex. Eine Aufgabe, bei der der Zielpunkt einer wirklich zufriedenstellenden Planungs- und Bewertungsgrundlage längst noch nicht erreicht ist.
Aktuell verfolgt der Verband der Mediaagenturen OMG dieses Ziel im Dienst ihrer Kunden mit Nachdruck und hat hierzu jüngst erste, allerdings noch wenig konkrete Vorschläge vorgelegt (s. Horizont 18/2015). Entscheidend ist hierbei nun, dass es der Marktforschung gelingt, inhaltlich wie methodisch die Anliegen aller Mediengattungen bei der Lösungsfindung angemessen zu berücksichtigen.
Ausblick
Dieser Beitrag soll das Thema einer umfassenden Werbewirkungsinitiative aus methodischer und inhaltlicher Sicht aus Platzgründen grob skizzieren. Eine detaillierte Ausgestaltung, gar eine konkrete Operationalisierung zu Methode und Frageformulierungen ist vom Autor zwar in Vorbereitung, würde hier aber den Rahmen sprengen. Er stellt daher in erster Linie eine Einladung an alle Medienforscher und deren Verantwortliche bei den Medien, Mediaagenturen und in den Marketingabteilungen der großen Werbungtreibenden dar, sich wieder verstärkt gemeinsam dieser Aufgabe zu widmen. Und dabei erforderliche Innovationen sehr konkret voranzutreiben. Denn nur so kann verloren gegangene Glaubwürdigkeit in einem Feld angewandter Wirkungsforschung wieder entstehen, das momentan leider mehr denn je von partikularen Wettbewerbs- denn von Erkenntnisinteressen geprägt ist. Zulasten vieler werbungtreibender Unternehmen, denen überwiegend an einem forscherisch sauberen, und gleichermaßen umfassenden wie zielführenden Vorgehen gelegen ist.
Literatur
best for tracking (b4t) (Hrsg): Info, in: http://www.b4t.media/b4t-startseite/ sowie unter http://www.adimpactmonitor.de/, Abruf am 14.05.2015.
Interactive Advertising Bureau Europe (IAB Europe) (Hrsg.): IAB Europe Metrics and KPIs Survey, in: http://www.iabeurope.eu/research-and-papers/metrics-kpis-bulletin-brand-advertisers-cite-consumer-insigh Abruf am 19.05.2015
McKinsey, in http://www.mckinsey.com/insights/marketing_sales/the_consumer_decision_journey, Abruf am 24.05.2015.
Pimpl, Roland (2015): Skizzen der Realität, in: HORIZONT 13, 16.
Pimpl, Roland; Paperlein, Juliane (2015): Eine Forschung für alle, in HORIZONT 18, 4.
Pusler, Michael (2010): Werbewirkung und Werbeerfolg – Der Ad Impact Monitor (AIM). In W. Koschnick (Hrsg.), FOCUS Jahrbuch 2010. 293 – 316.
Pusler, Michael (2011): Qualitäten der Werbewirkung: Medien- und Werbeträgerleistung jenseits von Reichweiten und GRP´s. In T. Urban (Hrsg.) Multimedia Marketing: Eine Betrachtung aus wirtschaftswissenschaftlicher, psychologischer und technischer Sicht, 43 - 66.
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