Rückblick auf die Qual360 von Orkan Dolay Einblicke in die die Qual360-Europe

Ist das eine Küche aus Peru oder Schweden? Ein Vortrag auf der Qual360 handelte davon, wie die Marktforschenden von Ikea systematisch Wissen über Wohnungen von Kunden sammeln. (Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | El Comercio)
Im Jahr Eins nach Covid wurden zunächst die Qual360 und die MRMW-Konferenz zusammengelegt. Nachdem die Qual360 im letzten Jahr etwas weniger besucht war, erreichte sie dieses Jahr mit etwa 120 Besuchern wieder das Vor-Covid-Niveau. Darunter recht viele Endkunden, unter anderem Ikea, Bosch-Siemens, Rügenwalder Mühle, aber auch digitale Player wie Google und Tier Mobility. Das Programm bestand aus 26 Präsentationen, Round-Tables und Keynotes. Die Präsentationen waren fast ausschließlich Kunden-Cases, die mal mit, mal ohne Institut vorgetragen wurden.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Messe
Ich habe mit ein paar Endkunden gesprochen und sie nach ihren Key Takeaways gefragt. Fazit: Einen konkreten Schwerpunkt konnte ich nicht ausmachen. Jeder hat etwas anderes für sich mitgenommen. Was aber allen gefiel, war es, zu sehen, wie andere arbeiten und sich auszutauschen.
In der qualitativen Forschung sehen wir weniger den Trend hin zu DIY und automatisierter Forschung als im quantitativen Bereich. Doch auch hier wurden einige In-House-Lösungen vorgestellt, mit denen die riesigen Massen an Daten und Verbatims aus verschiedenen Kanälen ausgewertet werden können – dazu später mehr. Wir sahen jedoch nicht nur Online-Methoden, die In-House durchgeführt werden, sondern auch bereits langjährig etablierte Offline-Methoden.
Case Ikea
Obwohl ich - wie viele andere auch - seit langem Ikea-Kunde bin, sprang noch nie jemand von Ikea bei mir zuhause herum und hat sich angeschaut, wie ich lebe. Doch es gibt anscheinend ein Research-Team mit dem Namen „Wie Menschen leben" bei Ikea, das pro Jahr und pro Filiale zwanzig Hausbesuche organisiert. Hier ein paar Insights aus der Präsentation von Eva-Carin Banka Johnson und Terje Nilstun von Ikea: Beim Thema Home-Office kamen sie zum Beispiel zu der Erkenntnis, dass überraschend viele Leute vom Schlafzimmer aus arbeiten.
Bei einem Rate-Spiel forderten Eva-Carin Banka Johnson und Terje Nilstun die Zuhörenden auf, Bilder von Küchen in Peru und Schweden den jeweiligen Ländern zuordnen. Fazit: Wir Besucher haben miserabel abgeschnitten. Küchen sehen mittlerweile in der ganzen Welt gleich aus. Die Unterschiede kommen eher durch die verschiedenen Einkommensklassen zustande.
In ihrem Vortrag kamen die Mitarbeiter von Ikea zu dem Schluss, dass Ikea mehr Produkte für die unteren Einkommensschichten entwickeln sollte. Das Wichtigste bei diesen Hausbesuchen ist, dass die Mitarbeiter im Zuhören und Einfühlungsvermögen sehr gut geschult sind. Der Gründer von Ikea führte diese Hausbesuche bereits in den 70ern ein und gab den Leitsatz vor:
Verhalte dich nicht wie ein Tourist mit deiner Kamera. Handle mit deinem Herzen und zeige Empathie.
Unter dem Projekt „Open Home“ werden alle Hausbesuche dokumentiert und den Mitarbeitern zugänglich gemacht. Insgesamt sind es inzwischen 9.200 Hausbesuche mit zirka 180.000 Bildern. Das Projekt wurde in zwölf Märkten gestartet und soll bald 460 Geschäfte in 62 Märkten abdecken. Die Challenge für Ikea: „Wir wissen noch nicht genau, wie wir all diese Bilder auswerten sollen. Jedes Bild könnte aus verschiedenen Blickwinkeln analysiert werden.“
Große Datenmengen In-House auswerten
Auch in einem anderen Vortrag wurde erwähnt, dass pro Jahr 500.000 Feedbacks ausgewertet werden. Ebenfalls mit KI, aber „in the end, we analyze manually“. Dies war auch ein Thema in der Paneldiskussion „The Tech Panel: Analysing the use of qual research in data rich modern tech companies”, wo unter anderem Google und Tier Mobility über die Rolle der Qualitativen Marktforschung in ihren Organisationen und über die Zukunft von Qual berichteten.
“Qual struggle to convince – Quant is much easier”,
lautete hier das Motto. Beide berichteten, dass sie quantitative Ansätze dazu nutzen, um Prioritäten zu setzen, um Probleme zu identifizieren, um die Roadmap zu definieren. Qual wird verwendet, um zu verstehen, um Probleme zu lösen, um Ideen zu finden und zu entwickeln. In einem späteren Vortrag präsentierte Leonida Fini Zarri ihren Feedbackloop für das Produkt Adsense: „One single report like a newsletter - but filled with insights.“
Ein Newsletter, der an alle Stakeholder geschickt wird und der von den Empfängern direkt kommentiert und diskutiert werden kann. Eine sehr gute Idee, finde ich.
Mein persönliches Highlight: Rügenwalder Mühle & Bonsai Research zu veganem Mett
Da passte alles. Ich weiß nicht, was mir mehr gefiel: Dass Rügenwalder Mühle nun veganes Mett macht. Oder dass das Unternehmen zusammen mit Bonsai der internationalen MaFo-Community ein Stück deutsche Kultur so herzhaft und erfrischend näherbrachte.
Die nächste Qual360 Europe findet im kommenden Jahr wieder in Berlin statt.
Es lohnt sich, wie ich finde. Man sieht viele interessante Kunden-Cases und kann sich in den Pausen gut mit anderen qualitativen Marktforschern austauschen. Ich werde gerne wieder hinfahren.
Über die Person
Orkan Dolay ist Director Business Integration & Development bei Bilendi & respondi. Zuvor war er in diversen Rollen für respondi tätig, zuletzt als Chief Operating Officer.
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