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Applied Science Ein Vierteljahrhundert Forschung in 5 Minuten: Wie Kundenzufriedenheit und Unternehmenserfolg zusammenhängen

Werbung eines Autohauses mit zufriedenen Kunden in Herxheim (Bild: picture alliance / ZB | Jens Kalaene)
Viele verschiedene Theorien aus der Marketing- und Strategieliteratur sprechen dafür, dass es einen positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Firmenerfolg gibt. Zum Beispiel kaufen zufriedene Kunden mehr Produkte derselben Marke und empfehlen diese auch noch an Freunde und Bekannte weiter (Word-of-Mouth und Contagion-Theorie). Oder zufriedene Kunden entwickeln eine Art affektive, irrationale Loyalität zur Marke aufgrund ihrer langjährigen Zufriedenheit. Die Marktperspektive hingegen argumentiert mit gestiegenen Einstiegshürden in wettbewerbsintensive Branchen bei hoher Kundenzufriedenheit. Zusammengenommen neigt man also nicht dazu, besagten Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Erfolg zu hinterfragen.
Zufriedene Kunden sind das A und O - oder doch nicht?
Allerdings fiel den ForscherInnen um Otto et al. auf, dass sie immer wieder auf Studien stießen, die nur ganz kleine oder sogar nicht-signifikante oder negative Zusammenhänge zwischen den beiden Variablen berichteten.
Das nahm das Team zum Anlass, eine systematische Meta-Analyse aller zu dem Themenbereich veröffentlichten Studien der letzten 25 Jahre anzufertigen.
Meta-methodischer Zugang
Die Anfertigung systematischer Literaturreviews und insbesondere Meta-Analysen gilt als sehr komplex. In der Forschung gibt es daher extra Leitfäden und Guidelines, an die es sich zu richten gilt. Die Literatursuche von Otto et al. umfasste mehrere veröffentlichte und unveröffentlichte Quellen und Disziplinen, um eine Verzerrung durch positiv publizierte Ergebnisse in fachgebietsnahen Outlets zu vermeiden (Exkurs zum Publikationsbias). Weiterhin wurden mehrere verschiedene Methoden zur Suche verwendet (z. B. Überprüfung von Zitaten, manuelle Suche, elektronische Datenbanken) um Verfügbarkeitsverzerrungen, d. h. die Konzentration auf auf leicht identifizierbare und zugängliche Studien, zu vermeiden. Ebenso wurden mehrere Schlüsselwörter für Zufriedenheit (z. B. Verbraucher-, Kunden-, und Käuferzufriedenheit) und Erfolg (z. B. finanzielle, Marktanteil, Rentabilität und Aktienkursentwicklung) verwendet. Schließlich wurden vor Abschluss des Suchprozesses 25 AutorInnen von Zufriedenheits-Erfolg-Studien kontaktiert, um etwaige weitere Beiträge zum Thema zu erfragen.
Insgesamt wurden so 251 Korrelationen zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenserfolg aus 96 Studien identifiziert, die die Grundlage der Meta-Analyse bilden.
Zentrale Ergebnisse der Studie
Zur Berechnung übergreifender Durchschnittseffekte über alle Studien hinweg bedienen sich die AutorInnen dem gängigsten Indikator (gewichteter) Korrelationskoeffizient sowie (Meta-) Regressions- und Strukturgleichungsmodellen. In letztere fließen insbesondere auch Variablen zur Marketingstrategie (z.B. Kommunikation/Werbeausgaben, F&E-Ausgaben, Marktfokus) sowie zu Unternehmen und Branche generell ein (z.B. Firmengröße, Wettbewerbskonzentration, Marktwachstum).
Korrelationsanalysen
Im Folgenden seien die grundlegenden Ergebnisse der Korrelationsanalysen, also der Analysen der bivariaten Zusammenhänge zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenserfolg aufgeführt:
- Die in den Studien gefundenen Korrelationen liegen zwischen -.59 und +.99. Die Bandbreite der Effekte ist also sehr groß. Dabei gibt es keinen Hinweis auf einen zeitlichen Effekt, d.h. dass im Laufe der Zeit der Zusammenhang stärker oder schwächer geworden wäre.
- 192 der 251 Korrelationen sind positiv. Das bedeutet aber auch, dass 55 Korrelationen tatsächlich negativ sind! Und von den 192 positiven Korrelationen sind auch nur die Hälfte (genau genommen 96) signifikant positiv, d.h. überzufällig und systematisch positiv.
- Der durchschnittliche Korrelationskoeffizient über alle Studien hinweg beträgt +0.101. Zur Erinnerung: die Skala beim standardisierten Korrelationskoeffizienten erstreckt sich von -1.00 (perfekt negativer Zusammenhang) über 0.00 (gar kein Zusammenhang) bis hin zu +1.00 (perfekt positiver Zusammenhang).
Moderationsanalysen
Der recht geringe durchschnittliche Korrelationskoeffizient gibt den Autorinnen um Otto et al. Anlass, Bedingungen (Moderatoren) zu untersuchen, unter denen der Zusammenhang besonders positiv ausgeprägt ist: welches also sind günstige Rahmenbedingungen, unter denen eine hohe Kundenzufriedenheit auch zu großem Firmenerfolg führt? Oder nochmal anders ausgedrückt: Wann lohnt es sich so richtig, seine Kunden glücklich zu machen?
- Im Dienstleistungsbereich ist der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Erfolg fast dreimal so stark wie im Produktions- und Konsumgütersegment.
- Zwischen Händlern und Herstellern gibt es allerdings keine Unterschiede.
- Für börsennotierte Unternehmen lohnt sich eine hohe Kundenzufriedenheit ebenfalls überproportional.
Mediationsanalysen
Im letzten Schritt verwenden die AutorInnen ein Meta-Strukturgleichungsmodell, um (partielle) Mediationseffekte der Kundenzufriedenheit auf den Unternehmenserfolg zu untersuchen. Hier ist die statistische Hypothese, dass die Kundenzufriedenheit positive Auswirkungen zum Beispiel der Kommunikations- oder Produktstrategie auf den Unternehmenserfolg vermittelt, d.h. mediiert. Inhaltlich bedeutet das, dass beispielsweise eine gelungene Werbekampagne nicht direkt auf den Unternehmenserfolg einzahlt, sondern über die Kundenzufriedenheit teilweise (partially mediated) oder komplett (fully mediated) indirekt auf den Erfolg wirkt.
Genauso führen innovative und zeitgemäße Produkte, realisiert über entsprechende Ausgaben für Forschung & Entwicklung (F&E), nicht nur direkt zu größerem Unternehmenserfolg, sondern in Teilen auch indirekt über eine gestiegene Kundenzufriedenheit. Diese indirekten und direkten Effekte von Faktoren der Marketingstrategie und von Faktoren des Unternehmens und seiner Branche sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst.
Sachdienlich erscheint an der Stelle der Hinweis, dass das Fehlen von Pfeilen in obiger Abbildung bedeutet, dass der Zusammenhang zwischen den beiden Variablen nicht untersucht wurde. Weiterhin bezeichnet ein gestrichelter Pfeil einen nicht-signifikanten – und damit nicht vorhandenen – Zusammenhang. Bei gegebenen Verbindungen kommt es dann auf die Breite des Pfeils an: je breiter, desto größer ist der positive Zusammenhang.
Für die hier untersuchten Faktoren der Marketingstrategie ergibt sich so der Schluss, dass Werbung sowohl direkt als auch indirekt über die Kundenzufriedenheit einen mittelgroßen, positiven und signifikanten Einfluss auf den Firmenerfolg hat. Dasselbe gilt für höhere F&E-Ausgaben und einen breiteren Marktfokus.
Drei Take-Aways, die Sie mitnehmen sollten
- Die Meta-Analyse ergibt, dass der generelle Fokus von Managern und Marketern auf die Kundenzufriedenheit wohlbegründet ist – es gibt einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen zufriedenen Kunden und erfolgreichen Unternehmen, auch wenn dieser Zusammenhang relativ klein ist (Korrelationskoeffizient = .101). Für die Praxis ergeben sich dennoch teils große Effekte: So konnten Studien aus der Meta-Analyse zeigen, dass eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit um nur 1 Skalenpunkt zu 55 Millionen US-Dollar höherem Netto-Cashflow führte. Abschließend berechnen Otto et al., dass Firmen mit höherer Kundenzufriedenheit auch zu 70 Prozent höher bewertet sind. Das Ziel zufriedene Kunden ist also nachgewiesenermaßen ein erstrebenswertes!
- Egal welche Variablen zur Messung des Firmenerfolgs herangezogen wurden (Aktienkurs, Gewinn oder Umsatz), der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Erfolg bleibt bestehen. Die Ausnahme bildet der Marktanteil. Erklärbar ist das dadurch, dass bei starken Wachstumsstrategien die Kundenzufriedenheit oftmals ein nachrangiges Unternehmensziel ist. Zufriedene Kunden sind kein Selbstzweck. Sie zahlen auf wichtige Firmen-KPIs ein.
- Marketinginitiativen wie Werbekampagnen oder Produktinnovationen wirken häufig nicht oder nicht nur direkt auf den Firmenerfolg. Vielmehr erfolgt die Wirkung dieser Initiativen indirekt über eine gestiegene Kundenzufriedenheit. Für Manager, Marketer und Mafo bedeutet das, bei der Evaluation etwaiger Marketing-Maßnahmen auch die indirekten Effekte im Blick zu haben.
Über Prof. Dr. Michael Fretschner & Prof. Dr. Jan-Paul Lüdtke


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