Die Frage zum Sonntag Ein Jahr Ampel – Deutschland im Krisenmodus

Deutschland sollte modernisiert werden - und dann kam alles ganz anders: Die Ampel-Koalitionäre mit dem "Vorschlag der Unabhängigen Kommission für Erdgas und Wärme in den Händen". (Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)
Gewinner und Verlierer in Ampel und Opposition

Zuwächse und Verluste in der Wählergunst der im Bundestag vertretenen Parteien im Vergleich zum Dezember 2021. (Grafik: pollytix)

Die Sonntagfrage auf der Zeitachse: So schnitten die Parteien seit Dezember 2021 ab. (Grafik: pollytix)
Von der Krise profitierte aber vor allem die AfD, die seit Mitte des Jahres von ca. 10 Prozent auf bis zu ca. 15 Prozent zulegen konnte, ein Aufstieg, der erst im November durch Ausmobilisierung ein Ende fand. Reichlich verloren hat seit der Bundestagswahl ebenfalls die FDP als Koalitionspartner aus dem bürgerlichen Lager. Interessanterweise hat sich die CDU/CSU in den letzten Monaten wieder als führende Kraft im Parteiensystem etabliert und legt binnen Jahresfrist um 6,6 Prozentpunkte zu. Allerdings ist auch dieser Höhenflug strukturell instabil, denn in Zeiten kollabierenden Politikvertrauens glauben Wählende aktuell nicht, dass es die CDU/CSU in der Regierung besser machen würde.
Ampel ohne Mehrheit
Netto haben die Ampelparteien seit dem Start der Bundesregierung am 8. Dezember letzten Jahres fast 10 Prozentpunkte verloren. Würde heute gewählt, so zeigen die Zahlen des Koalitionsrechners, würde an der CDU/CSU damit kaum ein Weg vorbeiführen. Bei 8 Prozent verfallenden Stimmen für ‚Sonstige Parteien‘ ist die Ampel aktuell knapp ohne Mehrheit, auch sonst sind Zweierbündnisse ohne die CDU/CSU kaum möglich, lediglich CDU/CSU und Grüne, wie auch CDU/CSU und SPD kämen nach Neuwahlen auf eine Mehrheit (würden sich diese Umfragen materialisieren).

Im Vergleich der Wahlanteile der regierenden Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP mit anderen potenziellen politischen Konstellationen zeigt sich, dass heute zwei Zusammenschlüsse unter Beteiligung der CDU/CSU leicht vorne liegen würden. (Grafik: pollytix)
Was steht uns also 2023 bevor? Die politische Stimmung wird stark davon abhängen, wie stark die Energiekrise Bürger und Bürgerinnen und die Wirtschaft trifft. Reichen die Gasreserven im Winter? Kann die Regierung eine Rezession verhindern? Und glauben Wählende, dass die Regierung genug tut, um sie vor zu hohen Energiekosten zu schützen?
Dazu stehen 2023 in einigen Bundesländern Landtagswahlen an. Die CDU/CSU hat in den letzten Wochen schon deutlich gemacht, dass sie zunehmend auf Polarisierung bei Themen wie Zuwanderung setzen wird, vermutlich in einem Versuch rechts ‚dicht‘ zu machen. Das stellt eine Abkehr von der Merkel-Politik dar, die in der CDU/CSU schon jetzt intern für Unmut sorgt und es ist fraglich, ob sie sich überhaupt elektoral auszahlen kann: Denn wer rechts fischt, verliert in der Regel in der Mitte. Spätestens der Herbst 2023 wird entsprechend hitzig, denn Landtagswahlen in Bayern sorgen traditionell für mehr Klamauk, als es den krisenmüden und harmoniebedürftigen Deutschen lieb sein dürfte.
Über die Person
Rainer Faus ist geschäftsführender Gesellschafter der pollytix strategic research gmbh.
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