Jahresrückblick 2020 Ein echtes Sch...-Jahr?

Liebe Leserinnen und Leser von marktforschung.de,
was fällt Ihnen im Rückblick auf 2020 ein?
Wenn Sie sich nicht gerade neu verliebt haben, zum ersten Mal Mutter oder Vater geworden sind oder unerwartetes Lottoglück hatten, dann hat das Jahr wohl keine allzu große Chance, in Ihre persönlichen Top-10 des noch jungen Jahrtausends aufgenommen zu werden? Für meine jüngste Tochter, die mir die obige Überschrift in den Mund gelegt hat, gibt es daran jedenfalls keinen Zweifel.
Vielleicht werden wir das Jahr aber mit etwas mehr Abstand aus einem anderen und zumindest in Teilen positiveren Blickwinkel erinnern. Hier sind meine Top-10 für 2020:
- Das Jahr, indem wir auf einmal feststellen mussten, wie wichtig uns unsere sozialen Kontakte tatsächlich sind,
- das Jahr, in dem wir gemeinsam aus Fenstern und von Balkonen gesungen und musiziert haben,
- das Jahr, in dem ein Migrantenpaar mit den schönen Namen Uğur Şahin und Özlem Türeci zu Helden der ganzen Nation aufstieg,
- das Jahr, als wir erlebt haben, dass es ein Leben auch (fast) ohne Fußball gibt,
- das Jahr, in dem wir die Herbst- und Winterabende wie unsere Ur-Vorfahren romantisch am Lagerfeuer - neudeutsch Feuerschale - verbrachten,
- das Jahr, in dem wir Fluch und zugleich Segen der Globalisierung am eigenen Leibe erlebt haben,
- das Jahr, als wir die Nordsee, die Ostsee, die Alpen oder auch die deutschen Mittelgebirge wiederentdeckt haben,
- das Jahr, in dem wir tatsächlich im digitalen Zeitalter angekommen sind,
- das Jahr, in dem wir uns endlich einmal mit der Bedienung des neuen Herdes/Backofens/Kühlschranks auseinandergesetzt haben und die Designküche nicht nur Dekorationszwecken diente,
- und ganz besonders das Jahr, das uns bewusst machte, wie gut es uns in all den Jahren davor - und hoffentlich auch danach - gegangen ist, als vielleicht erste Generation, die Hunger, Kriege, Seuchen oder große Naturkatastrophen nur aus dem Geschichtsbuch kennt.
Zumindest für mich, der als Kölner ja sowieso eher mit der Zahl 11 als mit der 10 liebäugelt, kommt noch hinzu, dass sich der Refrain des vielleicht schönsten Liedes der Bläck Fööss mit echtem Leben gefüllt hat:
Wat och passeet, dat Eine es doch klor: Et Schönste, wat mer han, schon all die lange Johr, es unser Veedel, denn he hält mer zesamme, ejal wat och passeet en unserem Veedel.
Ich hoffe, in Ihrem Veedel war es nicht viel anders.
Jede Wolke hat einen silbernen Rand lautet ein Sprichwort, das ich aus Holland kenne. Am Ende von 2020 ist der düsterste Teil der Wolke gerade mitten über uns. Aber zumindest Hoffnung keimt auf: Auf den Impfstoff natürlich. Auf einen Abgang des unsäglichen Politik-Kasperls und Möchtegern-Autokraten in den USA. Auf eine baldige Stabilisierung der Wirtschaft. Darauf, dass Rechtsstaatsprinzipien in der EU doch etwas gelten, und darauf, dass die Welt in der Bekämpfung des Klimawandels wieder etwas mehr zusammenrückt.
Aber all die dahinterstehenden Probleme sind doch noch gar nicht wirklich gelöst, werden Sie sagen? Das mag sein, aber vielleicht wird 2021 doch wieder eines dieser schönen Jahre mit - zumindest nach und nach - ganz "normaler" Problem-Last. Und angesichts des Kontrastes zu 2020 mit einer echten Chance, in Ihre Millenniums-Top-10-Liste einzuziehen.
Das - und natürlich Gesundheit - wünsche ich Ihnen von Herzen!
Ihr Horst Müller-Peters
Herausgeber
PS: Und kein Wort zur Marktforschung? Stimmt, die stand dieses Jahr auch nicht so im Vordergrund. Und hat sich trotzdem auch in 2020 als quicklebendig und anpassungsfähig gezeigt, ist alles in allem mit einem blauen Auge davongekommen, und kann mit Zuversicht auf 2021 blicken!
Zur Person
Prof. Horst Müller-Peters ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, Marktforschung und Behavioral Economics an der Technischen Hochschule Köln. Zuvor war er Vorstandsvorsitzender der Marktforschungs- und Unternehmensberatungsunternehmens psychonomics AG. Er ist Mitgründer und Herausgeber der Branchenportale CONSULTING.de und marktforschung.de.
/jr
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