Interview mit Heiko Nossek, Miele, & Yannick Rieder, Johnson & Johnson „Ein Angebot aus recycelten Einzelteilen ist ein No Go“

Yannick Rieder (links) und Heiko Nossek (rechts).
Ein Wettbewerb ist nicht gleich dem realen Leben: Wie habt Ihr die eingereichten Angebote im Vergleich zu den Angeboten, die ihr normalerweise bekommt, wahrgenommen? Was hat Euch an den Angeboten im Rahmen des succeet Awards überrascht?
Heiko Nossek: Es war eine tolle Abwechslung, mal Angebote zu sehen, die nicht auf konkret auf unser Unternehmen gemünzt waren. Zumal auch einige Anbieter dabei waren, mit denen wir noch nicht zusammengearbeitet haben. Es ist eher ungewöhnlich, gleich 10 Angebote für ein Projekt zu erhalten – normalerweise sind es deutlich weniger und die bei der Agenturauswahl haben wir üblicherweise je nach Projektart ein bestimmtes Profil vordefiniert.
Yannick Rieder: Aus meiner persönlichen Sicht fand ich es einerseits sehr spannend, zu einem Briefing gleich über 10 Angebote zu erhalten und dies auch von Agenturen, mit denen ich noch nicht zusammengearbeitet habe. In der betrieblichen Praxis ist das normalerweise nicht der Fall.
Das Niveau der Einreichung war insgesamt sehr hoch. Das ist natürlich auch bei „realen“ Angeboten unserer Partner-Agenturen der Fall. Allerdings gab es neben dem schriftlichen Briefing kein weiteres Gespräch und die Agenturen konnten nicht auf einen Erfahrungsschatz, den man über die Jahre zusammen aufbaut, zurückgreifen. Das macht es natürlich nicht einfacher für die Agenturen, ein treffendes Angebot zu schreiben. Von daher hat mich die hohe Qualität noch positiver überrascht.
Heiko Nossek: Die Anbieter sind sehr unterschiedlich an die Herausforderungen herangehen. Dadurch waren viele spannende Lösungsvorschläge dabei, an die man nicht sofort denkt oder die durch die engeren Briefings im Berufsalltag eher schon ausgeschlossen sind. Es hat Spaß gemacht, sich hiermit auseinander zu setzen und völlig offen and die Beurteilung der Angebote zu gehen. Da wir immerhin jeweils drei Agenturen auswählen durften, konnte die Auswahl auch etwas breiter und mutiger erfolgen als in der Realität. Dort hat man eine nur eine Entscheidung – und die muss passen.
Im Fokus des Wettbewerbs stehen zwei Herausforderungen: Glaubt Ihr, dass die eingereichten Ideen die Marktforschungsbranche tatsächlich weiterbringen können?
Yannick Rieder: Ja, auf jeden Fall! Wir haben mit GenZ und Regionalität bewusst Themen für die Briefings gewählt, die für viele Unternehmen von großer Relevanz sind und sich auch auf andere Fragestellungen übertragen lassen.
Die GenZ-Fragestellung halte ich generell für sehr relevant. Es ist schwieriger geworden junge Menschen und damit die Entscheider von morgen für die Marktforschung zu begeistern. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass wir mittelfristig vielleicht nicht mehr genügend Teilnehmer für bestimmte Fragestellungen rekrutiert bekommen. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn eine solche GenZ Studie durchgeführt würde und die Erkenntnisse daraus breit geteilt werden, um hier frühzeitig entgegenzusteuern.
Das Thema Regionalität lässt sich darüber hinaus sehr gut auf andere Themen übertragen, die nur kleine, sehr spezielle Populationen betreffen. Ich bin mir also sicher, dass für jeden etwas dabei ist und die Vielfalt an Ansätzen die Zuschauer inspirieren wird.
Heiko Nossek: Es sind sehr vielversprechende Ansätze dabei, die ich gerne in der Feldarbeit und Analyse erleben würde.
Es wäre superspannend, die Erkenntnisse im direkten Duell zu vergleichen und zu sehen, was in der Praxis bereits sehr gut und belastbar funktioniert und was vielleicht doch geschärft werden muss.
Auch für unser Unternehmen sind beide Fragestellungen – wenn auch in einem etwas anderen Kontext – sehr relevant. Spitze Zielgruppen werden immer spitzer – und gleichzeitig steigt im Unternehmen die Nachfrage nach quantitativ belastbaren Informationen. Wie bereits erwähnt, ist der „Erfolgsdruck“ jeder einzelnen Studie im Berufsalltag sehr groß und lässt wenig Experimente zu.
Auf was freut Ihr Euch am meisten auf der Succeet Competition? Warum lohnt es sich für Betriebliche zu diesem Contest zu gehen.
Yannick Rieder: Besonders spannend wird es für die Zuschauer sein, zu erleben, wie unterschiedlich sich Agenturen einer Thematik nähern. Hier geht es nicht um richtig oder falsch, sondern vor allem darum, ob ein Ansatz überzeugend und erfolgversprechend ist. Es wird also ein richtiger Pitch!
Wenn Ihr Angebote bekommt, auf was achtet Ihr besonders?
Heiko Nossek: Ganz klar müssen die Basics enthalten und die Themen aus dem Briefing aufgegriffen sein. Ich bin immer wieder erfreut, wenn das Angebot einen echten, auf das Projekt gemünzten proaktiven WOW-Faktor enthält. Also etwas, das mich sofort überzeugt und etwas, an das wir intern noch nicht direkt gedacht haben. Etwas, was zeigt, dass der Anbieter sich mit unserer Anfrage intensiv beschäftigt hat und neben der reinen Erfüllung unseres Briefings noch eine Kirsche auf die Torte setzt. Das kann zum Beispiel methodisch ein vielversprechender neuer Ansatz sein – oder gerne auch überzeugende Vorschläge, wie die Insights intern noch stärker aktiviert werden können.
Yannick Rieder: Mir ist es besonders wichtig, dass die Fragestellung verstanden und prägnant herausgearbeitet wurde. Dazu gehört für mich auch, dass die Agentur proaktiv ist, Rückfragen stellt und falls nicht ohnehin eine kurze Besprechung geplant ist, dies einfordert. Das Angebot wird somit zielgerichteter und man spart sich am Ende zusätzliche Schleifen.
Zudem finde ich es immer gut, wenn ein Angebot modular aufgebaut ist und die Agentur sich nicht scheut, neue Ideen oder Experimente optional mit anzubieten. Wenn es sinnvoll ist, wird es dadurch möglich, erste Erfahrungen mit neuen Ansätzen zu sammeln, was in den meisten Fällen ein win-win für Agentur und Kunde ist.
Gibt es irgendwelche No’Gos bei Angeboten, die für Euch gar nicht gehen?
Yannick Rieder: Vor allem bei Agenturen, mit denen ich noch nicht zusammengearbeitet habe, achte ich darauf, dass das Format ansprechend ist. Meistens erlaube ich mir aus dem Angebot Rückschlüsse auf die Aufbereitung der finalen Präsentation zu ziehen.
Ein Angebot, was also aus recycelten Einzelteilen besteht, Fehler oder springende Überschriften enthält, ist für mich in aller Regel ein No Go.
Heiko Nossek: Ein sehr textlastiges ausschweifendes Angebot ist nicht mehr up-to-date. Ich verstehe gerne beim ersten Überfliegen, worum es geht und die Key Facts des Angebots sollten herausstechen. Natürlich darf es nicht zu oberflächlich sein und nur bunte Bilder enthalten. Eine gute Mischung macht es.
Letztlich gehe ich immer davon aus, dass der finale Bericht ähnlich dem Angebot ist. Auch hier geht es um Key Facts, die überzeugend und nachhaltig vermittelt werden – inhaltlich natürlich total sattelfest und auf Nachfrage gerne auch mal sehr detailliert.
Schwierig ist zudem, wenn das Angebot in den einzelnen Komponenten wenig transparent und Kosten nicht aufgeschlüsselt sind.
Hinweis: Alle interessierten betrieblich Marktforschenden können sich für die beiden Final-Events in Wiesbaden anmelden:
- Das Finale des succeet-Awards (Teil 1) - Regionale Marktforschung, 25. Oktober, 16:45-17:45h. Präsentieren werden Wise Rabbit, AMR und mindline energy.
-
Das Finale des succeet-Awards (Teil 2) - Generation Z, 26. Oktober, 15:15-16:15h. Präsentieren werden Moweb Research, Skopos und Statista Q.
Über die Personen
Heiko Nossek ist seit über 25 Jahren beim Hausgerätehersteller Miele. Dort durchlief der gebürtige Bielefelder nach der Ausbildung und dem Dualen Studium verschiedene Positionen in Vertriebsgesellschaften, dem internationalen Vertrieb und Marketing. Seit 12 Jahren leitet er den Bereich Global Customer und Market Insights.
Privat ist der zweifache Familienvater seit vielen Jahren ehrenamtliches Vorstandsmitglied in einem der größten westfälischen Handballvereine und ist dort verantwortlich für... mehr
Yannick Rieder ist Market Research Manager bei der Janssen, der Pharma-Sparte von Johnson & Johnson, und dort verantwortlich für internationale Studien. Seine Leidenschaft ist die Implementierung von innovativen Ansätzen zur Generierung von tiefgreifenden Kunden- und Markterkenntnissen. Dies setzt er bereits seit über 10 Jahren sowohl auf Agentur- als auch Unternehmensseite erfolgreich um. Er ist darüber hinaus Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung (DGOF).
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden