Martins Menetekel Ein alternativer Ansatz!

An alle, die immer noch nicht genug von Corona haben: Durch Impfung der Bevölkerung und stetige Durchseuchung kann die Pandemie letztlich beendet werden, so Mathematiker Martin Lindner. Aber auf welcher Pandemie-Stufe befinden wir uns aktuell und wie sehen die Zahlen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern, wie Italien, Spanien oder Vietnam aus?

Kolumne Martin Lindner: Ein alternativer Ansatz (Bild: Lindner)

Das letzte Mal kamen wir zu dem Schluss, dass derzeit keine aussagefähige Kurve, weder als Referenz – geschweige denn als Prognosekurve – gebildet werden kann, zu sehr hüpft die zweite Ableitung hoch und runter:

Sehen wir uns die blaue Kurve an. Sie oszilliert ab dem 23. September irgendwo zwischen 100 und -25. Solche Kurven würde ein Mathematiker gerne mit den Kreisfunktionen sinus und cosinus approximieren. Aber das ist in unserem Fall einer Seuche nicht angebracht. Woher soll eine Schwingung herkommen?

Wir dürfen getrost annehmen, dass das Hoch und Runter Effekte der Messdaten sind und durch Wochentage und eben statistischen Schwankungen hervorgerufen wurden.

Damit ist die Annahme gerechtfertigt, dass N’’ mehr oder weniger konstant ist!

Ihr Wert als Mittelwert liegt je nach Glättung zwischen 37 und 58, dass ist für unsere Betrachtung nicht entscheidend, sondern: Wenn N’’ konstant ist, ist N’ eine Gerade, und eine Gerade können wir mit simplen Methoden durch jede Zeitreihe legen. Das habe ich mit N’ gemacht:

Für eine Gerade kann man leicht eine Stammfunktion als quadratische Parabel finden, die Integrationskonstante dient wieder zum Anflanschen der reellen Fallzahlen und man erhält:

Zu schön, um wahr zu sein! Warum?

Eine Parabel als Annäherung macht in einem Wachstumsprozess eigentlich keinen Sinn. Dass sie als Referenzkurve für einige Tage dienen kann, sei dahingestellt.

Die Linearität kann man nur erklären, wenn man annimmt, dass es offizielle Politik ist, die Zuwächse der Fallzahlen kontrolliert um die 8.000 pro Tag zu halten und nur minimal wachsen zu lassen. Sollten Inzidenzen und Bettenbelegung zu schnell wachsen, greifen die Maßnahmen aus den Stufen 1 bis 4 . So kann der Prozess "Pandemie von COVID-19 in Deutschland“ weder exponentiell wachsen noch durch Limitierung in eine Verhulst-Kurve übergehen. 

Das kann am Reproduktionsfaktor gut abgelesen werden:

Beide Werte sind zu hoch!

Impfung der Bevölkerung und stetiges Durchseuchen des  nicht-immunen Anteils werden die Seuche zwar später, aber letztendlich doch beenden.

Mir hätte es besser gefallen, wenn q(t) und R(t) zuverlässig unter einer Schranke, die kleiner als 1 ist, liegen würden. Erst dann hätte man getrost Stufe 0 ausrufen können.

Die Grafik der Inzidenzen, das waren die kumulierten Zuwächse in einer Woche auf 100.000 Einwohner:

Auch die Inzidenzen schwanken um die Zahl 70 . Nach meiner Meinung einen Tick zu hoch!

Etwas Hoffnung lässt die Zeitreihe der Infizierten aufkeimen:

Vor zweieinhalb Monaten waren wir bedeutend besser. Das zeigen auch Zahlen aus anderen Ländern. Wir sind derzeit in den relevanten Kennziffern schlechter als Italien, Spanien und Frankreich. Auch Vietnam hat bessere Werte. Die Deutschen ziehen ein Schrecken ohne Ende einem Ende mit Schrecken vor. "Ohne Ende" bedeutet, dass es noch lange so, siehe Jo-Jo, weitergeht wird. Übertragen bedeuten das, dass es noch mehrere Wellen der Pandemie geben wird. Die Wasserrutsche wird immer welliger.

Über Martin Lindner

Martin Lindner
Martin Lindner ist promovierter und habilitierter Mathematikprofessor im Ruhestand und beschäftigt sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft und der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensformen. Zusätzlich hat er eine Ausbildung und auch Berufserfahrung in Wirtschaftsmediation.

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Diskutieren Sie mit!     

  1. Michael Schipperges am 16.10.2021
    Sehr geehrter Herr Prof. Lindner,
    mit Interesse lese ich Ihre wöchentlichen Analysen.
    Heute schreiben Sie bzgl. einer Annäherung des Pandemieverlaufs durch eine Sinus-Kurve: "Woher sollte eine Schwingung denn herkommen" - aber ist ein Jo-Jo-Effekt nicht auch eine Art Schwingung? Und kann das, wie Sie meinen, politisch erwünschte Stabil-Halten der Entwicklung (Linearität) nicht kurzfristig in Schwingungen bestehen, die aus Lockern-Einschränken-Lockern-Einschränken usw. resultieren? Also doch Sinus-Referenzkurve?

    MfG, M. Schipperges

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