Dürfen Wissenschaftler lachen?

Dr. Daniel Salber
Von Dr. Daniel Salber
Ist das Lachen in der Marktforschung erlaubt? Das frage ich Sie allen Ernstes. Oder passt Komik nicht zur wissenschaftlichen Seriosität? Wie kann der Mann so etwas fragen, fragen Sie jetzt vielleicht. Denn heutzutage ist doch beinah alles erlaubt. Wirklich? Dann kennen sie nicht diese verspannten Leute, die jedes Komma korrigieren, sich auf kleinste Schwächen des Moderators stürzen, mit eisigem Schweigen die schönste Präsentation quittieren?
Wie jeder Leser von "Der Name der Rose" weiß, hat die Kirche im frühen Mittelalter das Lachen gar nicht gern gesehen (Jesus soll nicht gelacht haben). Heute tut die "westliche Welt" wer weiß wie liberal, aber lachen Sie mal homerisch über Social Media, Wachstums-Hysterie oder staatliche Sicherheits-Paranoia, dann kriegen Sie ganz schnell Ärger. DARAN darf nicht gerührt werden! Wer’s doch wagt, wird mit Höllenvisionen bedroht: nationaler Untergang, Zerfall Europas, Al Kaida vor den Toren. Die Apokalyptiker sitzen bei uns auf den höchsten Posten. Glücklicherweise beschränkt sich die Fatwa in unseren Breiten auf den Konkurs.
Man könnte sagen, je verspannter jemand einer falschen Idee nachläuft, desto weniger kann er lachen. Andersrum wird ein Wahrheits-Kriterium daraus: Nur DIE Forschung nähert sich der Wahrheit, die auch Spaß macht. Allerdings scheint seit den Tagen des postmodernen Rosen-Romans ein gewisser Rückfall eingetreten zu sein. Parallel zum Alles-ist-erlaubt installierte sich ein neuer Puritanismus, der jede Abweichung von der Norm unerbittlich verfolgt - die gute alte bürgerliche Moral war dagegen vergleichsweise gnädig. Mit Correctness kann man Andere ganz schön unterkriegen, doch der Preis ist hoch: Der finstere Jorge, der im Rosen-Roman das Lachen verbieten will, ist blind – und geht über Leichen.
Sein Gegenspieler, William von Baskerville, ist Franziskaner. Es wird Zeit für einen neuen Franziskanismus. Damit schlagen wir den Bogen zur Piraten-Partei. Klarmachen zum Ändern! Sind das nicht die Leute, die wieder lachen können? Die im Gegensatz zu allwissenden und allmächtigen Ministerien zugeben, etwas nicht zu wissen? Ja, ja, ich weiß, die Professionalität usw. fehlt dieser Partei. Das Programm ist auch noch nicht perfekt. Doch bringt nicht gerade das Unperfekte, das Nicht-Wissen und das Komische der Piraten endlich mal Bewegung in das PR-technisch hochgerüstete und gegen das Volk abgeschirmte Parteien-Kartell?
Die 8 Piraten-Prozente sind nicht viel. Sie bedeuten aber viel, da darin die Botschaft steckt, dass besonders Jüngere die "Großen und Etablierten" als ihre Feinde sehen. Lieber sympathisch, witzig und gemeinsam anarchisch ändern als in Perfektionismus und Über-Regulierungen zu ersticken. Wäre das nicht auch ein tolles Programm für versteinerte Marken- und Unternehmensführungen? Was hilft besser aus der Entscheidungs-Insolvenz?
Natürlich dampfen die Großtanker weiter, geben sie doch ängstlichen Passagieren das Gefühl von Stabilität (Panzlerin Merkel und NRW-Mutter Kraft). Andere fühlen sich bei den Freibeutern wohler, die es mit Normen und Regeln nicht so genau nehmen, dafür aber mehr Spaß bieten. Übrigens war das Lachen in einigen Kirchenkreisen genau deshalb suspekt, weil es die Angst vertreibt, die Menschen gefügig macht. Wir verstehen jetzt, dass neuzeitliche Organisationen eine Menge vom Mittelalter gelernt haben, was den Umgang mit Lachen angeht.
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden