Dr. Sibylle Appel: "Wir wollen deutlich machen, dass der oder die einzelne Befragte Einfluss nehmen kann auf unternehmerische Entscheidungen"

Dr. Sibylle Appel, Geschäftsführerin der Initiative Markt- und Sozialforschung

Dr. Sibylle Appel, Initiative Markt- und Sozialforschung

Bereits im Oktober 2010 gestartet, wurde die Initiative Markt- und Sozialforschung in diesem Sommer mit der Eintragung ins Vereinsregister offiziell gegründet. Die Geschäftsführung hat Dr. Sibylle Appel (IFAK) übernommen. Im Gespräch mit marktforschung.de äußert sie sich zum derzeitigen Stand bei der Initiative Markt- und Sozialforschung und gibt einen Ausblick auf die anstehenden Aktivitäten. 

marktforschung.de: Frau Dr. Appel, Sie haben die Geschäftsführung der Initiative Markt- und Sozialforschung übernommen, die nun offiziell den Status eines eingetragenen Vereins hat. Worin werden Ihre Hauptaufgaben bestehen?

Dr. Sibylle Appel: Mit der Eintragung des Vereins wurde nun der strukturelle Rahmen für unsere Aktivitäten geschaffen. Jetzt gilt es, unseren Satzungszweck mit Leben zu füllen: „die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie die Förderung der Volksbildung im Bereich Markt- und Sozialforschung“ werden unsere Aufgaben sein. Das heißt konkret für mich, dass es zwei Aufgabenfelder zu bestellen gibt: einerseits eigene Forschungsprojekte, andererseits die Information der Bevölkerung über Markt- und Sozialforschung. Nur wer weiß, was Markt- und Sozialforschung ist und welchen Nutzen sie hat, nimmt überzeugt an Umfragen teil – und diese Teilnahme braucht die Forschung, um valide Ergebnisse und Erkenntnisse zu gewinnen.

marktforschung.de: Einige der wesentlichen bisherigen Aktivitäten der Initiative Markt- und Sozialforschung waren die Organisation des „Tags der Marktforschung“ und die Initiierung der Imagekampagne für die Marktforschung mit Werbung auf verschiedenen medialen Kanälen. Was sind die nächsten wichtigen Schritte, die die Initiative derzeit plant?

Dr. Sibylle Appel: Wir werden auch weiterhin auf verschiedenen medialen Kanälen Werbung betreiben. Nach der bundesweiten Radiokampagne von Januar bis April dieses Jahres waren wir jetzt von Anfang Juli bis Mitte August flächendeckend mit Onlinewerbung präsent. Als nächstes ist Print geplant. Wichtig bleibt für uns auch die Medienarbeit, um die Bevölkerung mit unseren Informationen zu erreichen. Mit dem Tag der Marktforschung 2012 werden wir dann wieder ein Event organisieren, bei dem wir sowohl über die Medien als auch direkt mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen.

Um all dies - und gegebenenfalls weitere Kommunikationsmaßnahmen - umsetzen zu können, brauchen wir aber die Unterstützung von Unternehmen, Verbänden und Institutionen, die selbst Markt- und Sozialforschung betreiben oder mit deren Ergebnissen arbeiten und die daher ein Interesse daran haben, das qualitativ hohe Niveau der Markt- und Sozialforschung in Deutschland auch weiterhin zu sichern. Die Gewinnung von Fördermitgliedern und Förderern ist daher in den nächsten Monaten eine weitere wichtige Aufgabe.

marktforschung.de: Konkretisieren sich schon Ideen und Pläne für einen „Tag der Marktforschung 2012“?

Dr. Sibylle Appel: Ja, bereits im Juli hatten wir ein erstes Treffen mit den PR Verantwortlichen einiger Institute, die sich an der Premiere des Tages der Marktforschung in diesem Jahr beteiligt hatten, im September werden wir uns erneut treffen, um das Konzept für 2012 zu konkretisieren. Erfolgreiche Aktivitäten in 2011, wie zum Beispiel die regionalen Umfragen #break#„Bürger fragen“, werden wir in 2012 sicherlich wieder aufgreifen. Wann der Tag der Marktforschung 2012 genau stattfinden wird, werden wir im Oktober bekannt geben.

marktforschung.de: Wie ist die Rückmeldung auf Ihre Imagekampagne? Sind Leute zum Teil auch überrascht, dass eine ganze Branche auf diese Art und Weise für sich wirbt?

Dr. Sibylle Appel: Die Rückmeldung auf unsere Imagekampagne ist fast durchweg positiv. Im Umfeld von Produktwerbung profitieren wir vom Überraschungseffekt, dass hier eine Branche auf sich aufmerksam macht, noch dazu eine Branche, die bislang wenig von sich reden machte. Als Reaktion etwa auf die Hörfunkspots haben sich bei uns spontan viele Bürgerinnen und Bürger gemeldet, die „ja zu Deutschlands Markt- und Sozialforschung“ sagten, das heißt, die sich für die Teilnahme an Umfragen interessierten. Ein weiterer Effekt: wenn Befragte am Ende eines Telefoninterviews vom erhebenden Institut noch Informationen zur Initiative Markt- und Sozialforschung erhalten, gehen sie „bestätigt“ aus dem Interview, das heißt, mit dem Gefühl, hier an einer seriösen Befragung teilgenommen zu haben.

marktforschung.de: Könnte es aus Ihrer Sicht Sinn machen, dass die Marktforschungsunternehmen selbst stärker in der Öffentlichkeit – quasi als Marke – in Erscheinung treten?

Dr. Sibylle Appel: Bis auf einige Wenige sind die Institute in der Gesellschaft ja kaum namentlich bekannt. Einige Institute treten ja sehr erfolgreich in der Öffentlichkeit auf. Aber dazu bedarf es natürlich auch der personellen Ressourcen und des Kommunikations-Know-hows – Gegebenheiten, die insbesondere bei kleinen und mittleren Instituten meist nicht vorhanden sind. Genau hier setzt jetzt die Initiative Markt- und Sozialforschung ein: die vier Branchenverbände ADM, BVM, DGOF und ASI haben den Verein initiiert, um sich gemeinsam als Markt- und Sozialforschung zu positionieren. Und dazu werden auch die Mitglieder der Verbände einen wichtigen Beitrag leisten, zum Beispiel durch die Verwendung der Wort-/Bildmarke und der Hörmarke der Initiative Markt- und Sozialforschung. Diese Marken werden in der Öffentlichkeit für seriöse Markt- und Sozialforschung stehen. Gemeinsam wollen wir die wissenschaftliche Markt- und Sozialforschung klar als solche positionieren.

marktforschung.de: Erst vor Kurzem haben Sie ausdrücklich vor der „Nationalen Internetumfrage 2011“ gewarnt – eine als Umfrage getarnte Methode zur Generierung von kostenpflichtigen Abonnements. Immer wieder wird ja auch von dubiosen Unternehmen versucht, unter dem Deckmantel der vermeintlichen Teilnahme an regelmäßigen Produkttests Bürgern Geld aus der Tasche zu ziehen. Wie reagiert die Bevölkerung aus Ihrer Wahrnehmung auf diese warnenden Informationen? Unserer Einschätzung nach besteht hier wirklich hoher Aufklärungsbedarf, weil sich immer wieder Leute mit der Frage an uns wenden, ob derart dubiose Methoden seriös und in der Marktforschung üblich seien. 

Dr. Sibylle Appel: Das sehen wir genauso: es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, der Bevölkerung hier auch konkrete Hinweise zu geben, wie man seriöse Umfragen und dubiose Scheinumfragen unterscheiden kann. Unsere Botschaft ist eindeutig: Markt- und Sozialforschung ist nicht verbunden mit Werbung oder Verkauf. In dem von Ihnen genannten Fall zeigte sich einmal mehr das enorm hohe Interesse der Verbraucher an solch ganz konkreter Aufklärung. Auch die Medien haben hier ein hohes Interesse an Verbraucheraufklärung, was sich in einem breiten Medienecho niederschlägt. Um über #break# solche konkreten Fälle der Irreführung informieren zu können, sind wir für Hinweise aus der Bevölkerung dankbar. 

marktforschung.de: Ein stets wesentlicher Aspekt bei der Durchführung von Befragungen jedweder Art ist der Datenschutz. Wird es aber vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von Social Media Marktforschung und Mobile Research für die Branche nicht zunehmend schwieriger, hier hohe Standards zu garantieren und dem Missbrauch durch Dritte vorzubeugen?

Dr. Sibylle Appel: Genau darum aber geht es der Initiative Markt- und Sozialforschung: ganz gleich, wie Erhebungen durchgeführt werden, die Markt- und Sozialforschung garantiert Anonymität und Datenschutz – das ist eine zentrale Botschaft. Das gilt für face-to-face, das gilt für CATI, das gilt aber auch für Online. Auch für die neuen Erhebungswege gilt: die Markt- und Sozialforschung ist nicht an individuellen Daten interessiert, sondern nur an aggregierten.

marktforschung.de: Auf der Homepage der Initiative Markt- und Sozialforschung ist zu lesen, dass Sie künftig auch mit „spannenden Geschichten über den Nutzen von Markt- und Sozialforschung“ an die Öffentlichkeit gehen wollen. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Dr. Sibylle Appel: Neben den Botschaften „Markt- und Sozialforschung ist seriöse Forschung, kein Verkauf“ und „Markt- und Sozialforschung garantiert Anonymität und Datenschutz“ ist unsere dritte Botschaft: „Markt- und Sozialforschung nutzt allen“. Genau diesen Nutzen anschaulich und lebendig darzustellen, das steckt hinter der Ankündigung auf unserer Website. Aus Umfragen und aus vielen Gesprächen, auch am Tag der Marktforschung, wissen wir, dass den Befragten oft nicht klar ist, warum sie nach ihrer Meinung gefragt werden. Anhand konkreter Beispiele wollen wir zeigen, wie wichtig Verbraucher- und Bürgermeinungen sind. Wir wollen deutlich machen, dass der oder die einzelne Befragte damit Einfluss nehmen kann auf unternehmerische Entscheidungen - etwa den Relaunch eines Produktes oder die Neueinführung eines Zeitschriftentitels - oder Entscheidungen im öffentlichen Bereich - etwa die Gestaltung eines Freizeitparks oder einer altengerechten städtischen Infrastruktur.

marktforschung.de: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie sind Sie zur Marktforschung gekommen und was fasziniert Sie an der Branche?

Dr. Sibylle Appel: Ich habe bei Elisabeth Noelle – damals noch Noelle-Neumann – Publizistik in Mainz studiert. Das praxisnahe, das heißt, das demoskopienahe Studium hat mich begeistert. Als Interviewerin erlebte ich gleichzeitig Umfragen „live“. Mit verschiedenen Auftraggebern, mit verschiedenen Themen, mit verschiedenen Zielgruppen, mit verschiedenen Erhebungsmethoden zu tun zu haben und dabei am Puls der Zeit zu sein – das fand und finde ich noch heute spannend.

marktforschung.de: Frau Dr. Appel, vielen Dank für das interessante Gespräch!

 

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