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Dr. Markus Robak: "Die Gerichte beschäftigen sich immer häufiger mit Rechtsproblemen der sozialen Medien"

Dr. Markus Robak
Dr. Markus Robak ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Als Rechtsanwalt und Junior Partner in der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JONAS berät er Unternehmen unter anderem bei der Gestaltung von Werbung, Internetangeboten und Social Media Auftritten. Im Interview mit marktforschung.de äußert er sich zur Datenschutzproblematik in sozialen Netzwerken und den daraus resultierenden Konsequenzen für Marketing- und Marktforschungszwecke.
marktforschung.de: Seit Dezember gibt es neue Facebook-Profile, in denen Facebook-Einträge in Form einer Lebenschronik dargestellt werden. Facebook kündigt nun an, dass die Chronik-Funktion für alle Nutzer Pflicht wird. Ist das erlaubt?
Dr. Markus Robak: Grundsätzlich ist es dem Anbieter eines sozialen Netzwerks unbenommen, die Nutzungsbedingungen nach seiner Vorstellung zu gestalten. Allerdings kann er die Nutzungsbedingungen nicht einseitig ändern. Dies widerspricht dem deutschen Recht über Allgemeine Geschäftsbedingungen. Danach müssen bevorstehende Änderungen von AGB oder Nutzungsbedingungen hinreichend deutlich angekündigt werden. Außerdem muss dem Nutzer eine angemessene Frist eingeräumt werden, um der Änderung zu widersprechen.
Beide Voraussetzungen werden von Facebook nicht erfüllt. Die Chronik selbst ist schließlich datenschutzrechtlich höchst problematisch, weil sie dem deutschen Datenschutzprinzip widerspricht, Einwilligungen in die Veröffentlichung personenbezogener Daten jederzeit widerrufen zu können.
marktforschung.de: Deutsche Aufsichtsbehörden hatten noch im Dezember letzten Jahres die Bemühungen von Betreibern sozialer Netzwerke gelobt, den Datenschutz durch Selbstverpflichtungen zu verbessern. Bedeutet dies, dass die Durchsetzbarkeit von Datenschutzgesetzen so schwierig ist, dass man letztlich auf die Kooperation und Selbstverpflichtung der Betreiber sozialer Netzwerke angewiesen ist?
Dr. Markus Robak: Die Durchsetzbarkeit ist in der Tat ein Problem, wenn die Provider von sozialen Netzwerken wie Facebook und Google+ in den USA sitzen. Ein vor deutschen Gerichten erstrittenes Urteil muss dann im Ausland vollstreckt werden, was mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden und aufwändig ist. Für die Gesetzgebung gilt nichts anderes, denn deren Kompetenz endet an der Staatsgrenze. Daher mögen politische Lösungen bisweilen sinnvoll sein, auch weil es für Facebook & Co. ein Anreiz für Kompromisse sein kann, wenn sich dadurch das Image in der Öffentlichkeit verbessert.
marktforschung.de: Die Justizkommissarin der Europäischen Union Viviane Reding hat eine Reform des Datenschutzes angekündigt, um persönliche Daten besser zu schützen. Bedeutet dies, dass nationale Regelungen zu Gunsten europäischer verschwinden?
Dr. Markus Robak: EU-Verordnungen entfalten unmittelbare Rechtswirkung in den Mitgliedsstaaten, müssen also anders als Richtlinien nicht in nationales Recht umgesetzt werden. In ihrem Anwendungsbereich verdrängen sie in der Tat nationale Regelungen.
marktforschung.de: Würden Sie sagen, dass die Datenschutzgesetzgebung durch die Initiative der EU am Ende transparenter wird – für Nutzer und Betreiber sozialer Netzwerke?
Dr. Markus Robak: Eine Verabschiedung der Verordnung würde eine Vereinheitlichung des Datenschutzrechts in der EU bedeuten. Auch würde sich der Meinungsstreit erledigen, ob deutsches oder europäisches Datenschutzrecht auf Unternehmen wie Facebook und Google mit Sitz in den USA anwendbar ist. Dies ist nach dem Entwurf der Datenschutz-Verordnung so ausdrücklich vorgesehen, wenn sich Anbieter mit ihren Diensten auch an EU-Bürger wenden. Der Entwurf wird andererseits aber auch wegen seines Inhalts bereits harsch kritisiert. Auch schlecht gemachte Gesetze können zur Intransparenz bei der Rechtsanwendung führen.
marktforschung.de: Viele Unternehmen nutzen soziale Netzwerke für Marketing- und Marktforschungszwecke. Würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus sagen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen von Social Media hinreichend bekannt sind?
Dr. Markus Robak: Der juristische Schulungs- und Beratungsbedarf ist enorm. Nachdem sich Social Media als ernst zu nehmender Kanal für Werbung, Marketing und Marktforschung etabliert hat, reift die Erkenntnis, dass dieses Medium rechtlichen Anforderungen genügen muss, die weit über das Werberecht im herkömmlichen Sinne hinausgehen. Zu den relevanten Themen gehören: Nutzungsbedingungen, Impressum und Datenschutzerklärung, Urheber- und Markenrecht, Haftung für Blogs und Foren, Datenschutz bei Social Plugins, Anforderungen an Gewinnspiele, Schleichwerbung und Social Media Richtlinien für Mitarbeiter. Außerdem beschäftigen sich die Gerichte immer häufiger mit Rechtsproblemen der sozialen Medien, weshalb auch die Entwicklung der Rechtsprechung beobachtet werden muss. Unternehmen ohne oder mit kleiner Rechtsabteilung können dies meist nicht gewährleisten. Aber auch große Unternehmen, die für die rechtlichen Anforderungen des Social Media Marketing personell gut aufgestellt sind, lassen sich gerne zusätzlich schulen und beraten, wie unsere Praxis zeigt.
marktforschung.de: Herr Dr. Robak, vielen Dank für das Interview!
Weitere Informationen zu diesem Thema:
Veranstaltungsreihe "Rechtliche Aspekte der Social Media"
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