Dr. Margit Kling: "Wir sind an langfristigen Partnerschaften mit unseren Dienstleistern interessiert"
Dr. Margit Kling, Leiterin der Abteilung Research and Planning bei eBay, stand marktforschung.de im Rahmen der "Research & Results 2008" am ersten Messetag zum Interview zur Verfügung. Die Fragen für marktforschung.de stellte Sabrina Gollers.
Das Interview können Sie hier als Videopodcast abrufen.
Sabrina Gollers für marktforschung.de: Ich stehe jetzt hier neben Dr. Margit Kling, die schon seit 5 Jahren die Abteilung Research and Planning bei eBay leitet. Herzlich willkommen Frau Dr. Kling!
Margit Kling: Schönen guten Tag, hallo!
Sabrina Gollers: Mit welcher Erwartungshaltung sind Sie denn zu der zu der Research & Results Marktforschungsmesse gekommen?
Margit Kling: Ich möchte insbesondere einen Überblick bekommen über das aktuelle Angebot und gerade einen Überblick über die Innovationen, die sich hier ergeben im Markt, und möchte natürlich alte Bekannte treffen, alte Geschäftspartner auch und neue Kontakte knüpfen, ganz klar.
Sabrina Gollers: Was macht denn für Sie in drei bis fünf Stichworten einen guten betrieblichen Marktforscher aus?
Margit Kling: Ein betrieblicher Marktforscher muss sehr smart sein, er muss quasi alles können, er muss methodisch alles können, er muss aber auch Marketing und Strategie können, das Produkt gut verstehen - er muss eben sehr interdisziplinär arbeiten. Einen guten Marktforscher macht aus meiner Sicht auch aus, wenn er pro-aktiv Dinge nach vorne treibt und sich nicht nur als Zulieferer versteht, sondern auch tatsächlich innerbetrieblich visionär arbeitet und Entscheidungen aktiv treibt.
Sabrina Gollers: Wie ist die Marktforschungsabteilung bei eBay eingegliedert?
Margit Kling: Wir waren ganz lange im Marketing eingegliedert und sind jetzt seit Anfang des Jahres in dem Bereich Strategie angesiedelt.
Sabrina Gollers: Und wie viele Mitarbeiter hat die Marktforschungsabteilung bei eBay?
Margit Kling: Wir sind insgesamt zu fünft.
Sabrina Gollers: eBay verfügt mit über 80 Millionen Nutzern aus 38 verschiedenen Ländern über ein sehr großes Onlinepanel. Ist denn da auch Data Mining für Sie ein großes Thema?
Margit Kling: Ja natürlich, Data Mining ist ein Thema. Das benutzen wir hauptsächlich in Spezialbereichen - zum Beispiel im Bereich Segmentierung. Und es wird auch eingesetzt auf der Website, wenn kontextbasierte Einblendungen erfolgen. Zum Bespiel, wenn man im Begriff ist zu bieten auf einen Artikel, der aber besonders riskant ist, weil der Verkäufer ein zu geringes Feedback hat, der Artikel aber sehr teuer ist, dann wird kontextbasiert natürlich auch z.B. eine Warnung eingeblendet. Das basiert auf Data Mining-Techniken. Ansonsten setzen wir für unsere Datenanalyse klassische multivariate Methoden ein.
Sabrina Gollers: Stellen Sie denn diesen großen Datenpool auch externen Marktforschern zu Verfügung?
Margit Kling: Nein. Es gehört zu unseren AGB und zu unserem Grundverständnis, dass wir Nutzerdaten - auch Adressen sowie nutzerbasierte Daten - nur zu internen Zwecken nutzen, sowohl im Marketing als auch in der Marktforschung.
Sabrina Gollers: Und welche Themen spielen eine große Rolle bei Ihnen?
Margit Kling: Wir bearbeiten die gesamte Bandbreite der betrieblichen Themen. Das fängt an mit Marketing - wir arbeiten sehr viel im Kontext Branding und Werbeforschung, wir arbeiten ganz stark mit unseren Strategen zusammen, wir bearbeiten alle möglichen strategischen Themen die bei uns anliegen, wir bearbeiten Pricing-Themen, und wir bearbeiten auch Themen der Innovationsforschung, also neue Produktkonzeptionen und Produktweiterentwicklungen, Produktverbesserungen.
Sabrina Gollers: Sie haben eben die Werbeforschung angesprochen. Den Marktforschern wird ja oft vorgeworfen, dass sie unkreativ seien. Aber ich habe gehört, dass bei Ihrer bekannten Kampagne "3,2,1 meins!" die Marktforschung eine besonders große Rolle gespielt hat. Können Sie uns darüber etwas mehr erzählen?
Margit Kling: Ja klar! Also, die Marktforschung kann ganz klar sagen: Die "3,2,1 meins"-Kampagne, die ja auch sehr viele Preise gewonnen hat, die hätte es ohne Marktforschung nicht gegeben, ganz klar. Was wir erstens gemacht haben - was kritisch war in diesem Zusammenhang - war ganz klar, dass wir das Thema Emotionalität überhaupt erst herein gebracht haben ins betriebliche Denken, was ja für unsere Marke ganz stark ist und ganz stark wirkt und man es auch einsetzen muss im Marketing.
Und zweitens war es so, dass eigentlich die Kampagne Off Strategy war und eigentlich nicht gewollt war intern. Aufgrund unseres Wissens und unserer Erkenntnisse über den Nutzer und darüber, wie sie denken und ticken, haben wir das durchgesetzt.
Sabrina Gollers: Was haben Sie da für Methoden durchgeführt? Userbefragungen auf der Website oder auch offline?
Margit Kling: Im Kontext der "3,2,1 meins!"-Kampagne meinen Sie?
Sabrina Gollers: Ja.
Margit Kling: Diese Methoden waren maßgeblich qualitativ. Da haben wir Testings gemacht, Werbekonzept-Testings.
Sabrina Gollers: Inwiefern arbeiten Sie denn mit externen Marktforschungsinstituten zusammen?
Margit Kling: Wir arbeiten sehr stark mit externen Marktforschern zusammen. Wir setzen externe Partner für die gesamte Bandbreite der betrieblichen Marktforschung ein - also für Werbemarktforschung und strategische Marktforschung genauso wie für Innovationsforschung.
Sabrina Gollers: Und was für Voraussetzungen muss ein potentieller Partner mitbringen?
Margit Kling: Also, ich würde mal sagen, wir haben ein sehr hohen Anspruch an die Inhalte und an die Ergebnisse. Und dementsprechend muss ein externer Marktforscher gut sein in erster Linie - methodisch auf dem neusten Stand, innovativ, und natürlich sind wir daran interessiert, mit unseren externen Partnern eine gute partnerschaftliche Beziehung aufzubauen. Deswegen sind wir an langfristigen Partnerschaften mit unseren Dienstleistern interessiert.
Sabrina Gollers: Ist da eine bestimmte Größe oder vielleicht auch die Internationalität des Instituts wichtig?
Margit Kling: Eine bestimmte Größe ist nicht wichtig. Wir arbeiten mit ganz, ganz kleinen Instituten genauso wie mit großen Instituten zusammen - und auch erfolgreich. Internationalität ist tatsächlich wichtig und wird auch immer wichtiger bei eBay.
Sabrina Gollers: eBay ist ja ein Angebot, das auf User Generated Content basierd. Wie beurteilen Sie denn die Möglichkeiten mit oder auch im Web 2.0 zu forschen?
Margit Kling: Die beurteile ich als im Moment noch begrenzt, aber es ist ein Thema, das natürlich kommt und sehr spannend ist, und auch aus meiner Sicht großes Zukunftspotential hat. Natürlich ist eBay an sich eine User Generated Content Seite, aber wir haben drüber hinaus auch noch eine eigene Community, die wir pflegen zu Kundenbindungszwecken, aber auch als Tool der Marktforschung.
Und wir wollen das Thema intern auch in der Marktforschung weiter ausbauen hinsichtlich Erforschung von Trends im E-Commerce anhand des User Generated Contents. Wir wollen aber uns auch ganz klar weiterentwickeln im Bereich Social-Marketing. Also, ich finde, ein großer Brand - insbesondere ein E-Business Brand wie wir es sind - muss auch die Möglichkeiten des Social-Marketing austarieren. Die marketingorientierte Marktforschung hat die Aufgabe, das auch mit zu begleiten und sogar vorauszudenken in dem Gebiet.
Sabrina Gollers: Mit welchen Methoden erforschen Sie denn Ihre Community?
Margit Kling: Also, wir setzen für die klassische Marktforschung die ganze Bandbreite aller quantitativen und qualitativen Methoden ein. Speziell wenn wir unsere Communitys erforschen, also die Foren auf der eBay Seite, dann setzen wir eher qualitative Methoden ein. Also: wir durchforsten das jetzt noch händisch, kategorisieren das und monitoren das so.
Sabrina Gollers: Und über die Werbeforschung hinaus: Inwiefern kann denn die Marktforschung bei Ihnen auch Einfluss auf wichtige Entscheidungen nehmen?
Margit Kling: Die Marktforschung bei uns im Hause hat, wie ich finde, sehr großen Einfluss auf die betrieblichen Entscheidungen. eBay ist ja nicht so groß. Deswegen haben wir den Vorteil, dass wir sehr, sehr eng mit unseren Kollegen aus den Businessunits zusammenarbeiten können und treiben damit auch die Entscheidungen und sind maßgeblich dafür verantwortlich, welche Businessentscheidungen getroffen werden, weil wir ganz eng mit unseren Kollegen zusammenarbeiten und damit auch sicherstellen, dass die Erkenntnisse aus der Marktforschung auch eingehen in die Entscheidungen.
Sabrina Gollers: Hat denn die Marktforschung auch Einfluss auf die Gestaltung der Website? Zum Beispiel zum Thema Usability?
Margit Kling: Natürlich, ganz klar. Die Website ist natürlich für uns das Hauptprodukt, und das ist auch sehr komplex. Deswegen ist das Thema Usability ein ganz großes, das insbesondere in Amerika stattfindet. Wir haben kleine Usability-Bereiche in Deutschland, aber der große Teil erfolgt nah an der Produktentwicklung in den USA. Und dort setzen wir ganz viele Methoden ein. Da können Sie sich vorstellen, dass das ganz professionell ausgerichtet ist. Wir haben eigene Panels aufgebaut, die quasi ein repräsentatives Sample der Online-User repräsentieren und die bekommen Produktänderungen vorher auf die Plattform gespielt. Und so können wir ganz sauber A-B Tests machen, welche Seitenveränderung welchen Impact hat auf das Business und auf die Nutzung.
Sabrina Gollers: Sind die Marktforschungsausgaben bei eBay fest budgetiert oder sind sie recht flexibel und können dem Informationsbedarf angepasst werden?
Margit Kling: Ich würde mal sagen, sowohl als auch. Wir haben grundsätzlich ein festes Jahresbudget, das quartalsweise noch einmal angepasst wird. Aber wir sind so flexibel von unseren Budgetierungsprozessen her, dass wir alles auch bearbeiten können, was konkret wichtig und relevant ist. Wir sind eine sehr schnelllebige Firma, die unglaublich schnelle ad-hoc-Prozesse an den Tag legt. Insofern müssen wir auch unsere Aktivität sehr flexibel halten können.
Sabrina Gollers: Und bei dem immer steigenden Kosten und Zeitdruck: Haben Sie da das Gefühl, dass die Qualität der Marktforschung auf der Strecke bleiben könnte?
Margit Kling: Ja, natürlich. Kostendruck hat zur Folge, dass die Qualität in der Regel leidet. Ich bin ganz persönlich der Meinung: Wenn man sparen muss von seinem Budget her, dann sollte man sich genau überlegen, was man machen möchte, um die Sachen, die man dann macht, richtig zu machen. Und man sollte nicht konkret an einzelnen Projekten versuchen, Kosten zu sparen an Stellen, die dann entsprechend die Qualität vermindern. Ganz klar: Ich hab die Erfahrung gemacht, dass man sogar bei den wenigen Dingen, die man macht noch mehr Energie reinbringen soll, damit man auch die relevanten Erkenntnisse herausziehen kann und sicherstellt, dass man lieber weniger, aber dafür um so Relevanteres durchführt in der Marktforschung.
Sabrina Gollers: Suchen Sie auch neue Dienstleister im Internet?
Margit Kling: Natürlich! Wenn wir ein Problem haben, wofür wir noch keine Lösung haben, dann würden wir natürlich auch auf das Internet zugreifen, um zu gucken, welches Angebot besteht, welcher Dienstleister möglicherweise unser Problem lösen kann.
Ich finde beispielsweise ganz klar solche neuen Initiativen wie die Seite marktforschung.de sehr spannend und sehr attraktiv. Da würde ich mir von versprechen, dort einen Überblick über die relevanten, interessanten und auch wohlgemerkt die innovativen Dienstleister gewinnen zu können, um so auch zu sehen, welcher Dienstleister besondere Probleme löst, auf den man dann irgendwann ad-hoc zurückgreifen möchte.
Sabrina Gollers: Frau Dr. Kling, vielen, vielen Dank für dieses spannende Interview, ich wünsche Ihnen noch viel Spaß auf der Messe und natürlich auch bei der Party heute Abend.
Margit Kling: Ja, bitte schön! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich freue mich jetzt auch auf die Messe und auf die interessanten Geschäftspartner, die ich hier treffen kann.
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