Dr. Jörg Maas: "Ich finde es wichtig, dass es nun eine gezielte Ausbildung zum Markt- und Sozialforscher gibt"

Dr. Jörg MaasDr. Jörg Maas ist Leiter der Unternehmensentwicklung bei phaydon | research + consulting sowie Fachlehrer für Marktforschung, Marketing und Medienbetriebslehre am Joseph-Dumont-Berufskolleg und der Rheinischen Fachhochschule in Köln. Im Interview mit marktforschung.de äußert er sich zum Ausbildungsberuf zum Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung. 

marktforschung.de: Herr Dr. Maas, als Berufsschullehrer unterrichten Sie die Auszubildenden zum Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung. Wie sind Ihre Erfahrungen mit der neuen Ausbildung?

Jörg Maas: Ich habe bereits die Entstehung des neuen Ausbildungsberufs mit Interesse verfolgt und hatte von Anfang an den Wunsch, im neuen Bildungsgang auch zu unterrichten. Zunächst war es nicht so einfach, als Nebenberufler im öffentlichen Schuldienst des Landes NRW tätig zu werden, aber dann hat die Schulstelle Medien des Joseph-DuMont-Berufskollegs in Köln-Longerich einen Topf Geld aufgetan und ich konnte in die damalige Mittelstufe – also das zweite Ausbildungsjahr – einsteigen. Inzwischen habe ich meine Stunden gründlich aufgestockt, kenne die Schüler aller drei Jahrgänge und sage mit Überzeugung, dass mir das Unterrichten und die Zusammenarbeit mit den FAMS – den Fachangestellten für Markt- & Sozialforschung – sehr viel Spaß macht. Die Identifikation mit dem Ausbildungsberuf ist – wie in den meisten Ausbildungen in Medienberufen – sehr hoch. Herausfordernd ist auch, dass sich die genaue didaktische Gestaltung der einzelnen Lernfelder erst finden und praktisch bewähren muss, was es für die Schüler aber auch spannend macht, diesen Prozess von Beginn an mitzubekommen. Hier kann ich aus meiner inzwischen dreizehnjährigen Marktforschungspraxis viel einbringen und arbeite mit anderen Kollegen der Schule ausgesprochen kooperativ und nett zusammen. Es geht etwas persönlicher zu als beispielsweise an der Fachhochschule, wo ich auch Marktforschung unterrichte und daher vergleichen kann. Also: prima Erfahrungen mit den bisherigen FAMS-Jahrgängen und eine persönlich bereichernder neuer Schritt innerhalb meines Berufslebens, der sicherlich noch Spannendes bringen wird.

marktforschung.de: Der BVM hat auf dem diesjährigen Kongress die Absolventen des ersten Jahres mit der Auszeichnung "Marktforscherpersönlichkeit des Jahres" geehrt. Was halten Sie von dieser Entscheidung?

Jörg Maas: Der symbolische Gehalt dabei ist ganz entscheidend: Ich war bei der Preisverleihung dabei und fand das ein tolles Signal, dass sich der BVM als Berufsverband offiziell hinter den neuen Bildungsgang stellt und den vielen anwesenden Auszubildenden – diese hatten ja freien Eintritt – nicht nur ein Gefühl des Dazugehörens gegeben hat, sondern ihnen auch noch eine besondere Ehrung zuteil werden ließ.  

marktforschung.de: marktforschung.de hat im September 2008 die Leiter der deutschen Marktforschungsinstitute zum Ausbildungsberuf befragt. 80% der Befragten finden die Ausbildung gut.  25 % der befragten Institute bilden selber auch aus. Ist das zufriedenstellend?

Jörg Maas: Sicherlich nicht; es ist weiterhin Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit zu leisten, um die neuen Ausbildung bekannt zu machen. Von besonderem Interesse ist für uns auch, dass Betriebe aufmerksam werden, denn nicht nur Institute können ja ausbilden. Ich finde es so wichtig am Berufsbild, dass es nun eine gezielte Ausbildung zum Markt- und Sozialforscher gibt und man nicht mehr dazu kommt wie die Jungfrau zum Kinde. Diese Entwicklung zeichnet sich ja zunehmend auch im Rahmen der akademischen Ausbildung ab. Das wird das – besonders ja gegenwärtig wieder – vorurteilsbeladene Bild des Marktforschers in der Gesellschaft zunehmend aufwerten.

marktforschung.de: Einige Institutsleiter wünschen sich mehr Ausbildungsstandorte, was ja auch die positive Haltung der Branche dokumentiert. Gibt es dazu Pläne?

Jörg Maas: Mit der Etablierung des Berufes in den nächsten Jahres werden die Schülerzahlen steigen und dann wird man sich sicherlich über weitere Schulstandorte Gedanken machen.

marktforschung.de: Neben den vielen positiven Meinungen wird auch die Befürchtung geäußert, dass der Ausbildungsberuf zu einer Deakademisierung der Branche führen könnte. Was halten Sie von dieser Kritik?

Jörg Maas: Ich kenne diese Diskussionen von Beginn an, kann den dahinter stehenden Grundgedanken auch nachvollziehen, finde ihn aber unnötig und vor allem unkooperativ. Es gibt viele Tätigkeiten in der Marktforschung – zuarbeitender und unterstützender Art – die ein gutes Niveau haben, wozu man aber kein akademisches Studium braucht. Warum sollen hier nicht der verantwortliche Projektleiter und mitdenkende FAMS Hand in Hand arbeiten? Zudem denke ich an die vielen organisatorischen und verwaltenden Arbeiten, die in Instituten, aber auch in herstellenden Unternehmen anfallen. Und wer mehr möchte – damit meine ich, inhaltlich tiefer in Projekte, Märkte und ein komplettes Projektmanagement einsteigen - kann ich ja anschließend noch ein Studium draufsetzen oder sich fortbilden.

Wir in unserem Institut möchten jedenfalls auf unsere beiden Auszubildenden nicht mehr verzichten und werden sicherlich zum nächsten Sommer wieder einen neuen Ausbildungsplatz ausschreiben.

Persönlich möchte ich gerade bezogen auf den schulischen Teil der dualen Ausbildung alles dafür tun, dass dem neuen Ausbildungsberuf eine gute Zukunft bevorsteht.

Zur Person:

Dr. Jörg Maas hat nach einer Buchhändler-Ausbildung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studiert und im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie promoviert. Seit 1995 in der Markt- und Medienforschung tätig; gegenwärtig Leiter der Unternehmensentwicklung bei phaydon I research + consulting in Köln. Im Zweitberuf Fachlehrer für Marktforschung, Marketing und Medienbetriebslehre am Joseph-Dumont-Berufskolleg und der Rheinischen Fachhochschule, beide Köln.

 

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