Dr. Florian Bauer: "ProfitSeeker ist zu einem internationalen 'Blockbuster' geworden, der die Preis- und Vertriebsstrategien der gesamten Verlagsbranche revolutioniert."

Dr. Florian Bauer (Vocatus AG)
Am 21. Juni startet der diesjährige BVM-Kongress in Berlin unter dem Motto "Glaubwürdigkeit, Reputation und Relevanz". marktforschung.de stellt die für den Preis der Deutschen Marktforschung in der Kategorie "Innovationspreis" nominierten Unternehmen und ihre Beiträge vor.
Dr. Florian Bauer, Vorstand der Vocatus AG und verantwortlich für den Bereich Marktforschung, spricht im Interview mit marktforschung.de über den Beitrag "ProfitSeeker - Mehr PS für Print".
marktforschung.de: Wie kam es zur Entwicklung des Tools?
Dr. Florian Bauer: Vocatus beschäftigt sich seit vielen, vielen Jahren mit dem Entscheidungsverhalten von Konsumenten und insbesondere der Rolle von stabilen Entscheidungsfehlern, wie sie aus der "Behavioural Economics"-Forschung bekannt sind. Den Startschuss für "ProfitSeeker – Mehr PS für Print" hat aber letztlich – wie so oft – ein Kunde gegeben. Preis- und Vertriebsstrategien von Verlagen wurden bis dahin eher auf Basis subjektiver Meinungen und Erfahrungen entschieden als auf Basis gezielter empirischer Forschung: Verleger haben sich zum Beispiel bei Preiserhöhungen entweder auf ihr Bauchgefühl verlassen oder sich am Wettbewerb orientiert. Es gab einfach keine klare Linie und die Verleger haben damit viel Marge verschenkt.
Deshalb war es wichtig, den Leser wieder in den Fokus zu rücken, mit all seinen "suboptimalen" Entscheidungen und dem aus ökonomischer Sicht irrationalen Verhalten. Klassische Methoden der Marktforschung, wie beispielsweise die Conjoint Analyse, sind dafür nicht besonders gut geeignet, da sie genau diese psychologischen Faktoren außer Acht lassen. Viele unserer klassischen Tools sind zu "rationalisitisch". Das heißt, sie pressen die Antworten des Befragten in ein Korsett rationaler Interpretation, das die Erkenntnis realen Entscheidungsverhaltens stark beeinträchtigt. Wir haben also ein Tool entwickelt, das den Leser in den Vordergrund stellt, die Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie berücksichtigt und zudem empirisch fundierte Ergebnisse liefert, auf deren Basis man valide Handlungsempfehlungen zu kritischen Fragen, wie zum Beispiel Preiserhöhungen, ableiten kann.
marktforschung.de: Warum haben Sie entschieden, dieses Tool einzureichen? Was macht das Tool "unique"?
Dr. Florian Bauer: Meine Marketingkollegen würden jetzt wahrscheinlich sagen: "ProfitSeeker deckt bisher verborgene Gewinnpotenziale zielsicher auf". Und es ist erstaunlich, wie gut das funktioniert. Wir haben das Tool bereits in zahlreichen Studien in der Verlagsbranche eingesetzt und die Vertriebsstrategien innerhalb kurzer Zeit für viele Titel optimiert – jeder Verlag konnte den Profit deutlich steigern, ohne dabei merklich Auflagenverluste hinnehmen zu müssen.
Das Tool berücksichtigt, dass ein Konsument bei seiner Kaufentscheidung lange nicht so rational vorgeht, wie traditionelle Methoden voraussetzen. Warum kündigt ein Leser sein Abonnement nicht, wenn sein Titel teurer wird? Warum führt eine Erhöhung des Zeitungsumfanges unter Umständen verstärkt zu Kündigungen, wo es doch ein Mehrwert sein sollte? ProfitSeeker versteht die Entscheidungsmotive und -bedürfnisse der Leser und kann es auch deren Reaktionen auf Veränderungen, wie etwa eine Preiserhöhung, valider vorhersagen als dies mit klassischen Instrumenten möglich ist. Auf dieser Basis werden Spielräume offensichtlich, die bisher völlig unentdeckt und nicht einmal denkbar gewesen waren. Unser erster Kunde konnte mit ProfitSeeker beispielsweise einen Zusatzgewinn von mehreren Millionen Euro pro Jahr erzielen, ohne dabei an Auflage zu verlieren. Das Projekt hat sich damit innerhalb von 6 Tagen amortisiert. Eine Erfolgsgeschichte, die sich inzwischen regelmäßig wiederholt hat. Mittlerweile ist ProfitSeeker zu einem internationalen "Blockbuster" geworden, der die Preis- und Vertriebsstrategien der gesamten Verlagsbranche revolutioniert.
marktforschung.de: Welche Rolle spielt die Entwicklung solcher Tools für Ihr Unternehmen?
Dr. Florian Bauer: Innovative Ansätze und neue Methoden werden bei uns grundsätzlich großgeschrieben und deren Entwicklung unterstützt. Das zeigen auch unsere fünf Nominierungen für den Preis der Marktforschung seit 2005. Wir verstehen uns als Institut, das die Grenzen bekannter Instrumente kontinuierlich erweitert und das dabei vielleicht auch mehr als Andere die ausgetretenen Pfade verlässt. Nur so können wir die hohen Erwartungen der Kunden, die uns als Institut wählen, immer wieder erfüllen.
Oft ist es auch so, dass während eines Projektes mit dem Kunden zusammen neue Ideen entstehen, die aus klassischer Sicht auf keinen Fall umgesetzt worden wären. So ist beispielsweise auch der "Reisepreisvergleicher" entstanden, den wir zusammen mit L’TUR entwickelt haben. Der Ansatz war dabei eigentlich sehr paradox: L’TUR zeigt den Besuchern auf der eigenen Website die Preise der Wettbewerber für die gewünschte Reise – auch wenn der Wettbewerb günstiger ist. So abstrus das klingt, das Tool war ein Riesenerfolg. Zusammen mit L‘TUR haben wir dafür sogar den Preis der Deutschen Marktforschung 2010 gewonnen. Es lohnt sich also durchaus, auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen und neue Wege jenseits der klassischen Tools zu wagen.
marktforschung.de: Wie groß schätzen Sie Ihre Chancen auf den "Titelgewinn" ein?
Dr. Florian Bauer: Das ist wirklich schwer zu sagen. Die Einreichungen der beiden anderen Institute sind sehr spannend und haben ihre Nominierung mehr als verdient. Wer letztendlich die Nase vorne hat, entscheidet die Jury.
marktforschung.de: Herr Dr. Bauer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Der "Preis der Deutschen Marktforschung" wird auf der Gala im Rahmen des BVM-Kongresses am Abend des 21. Juni in der Ullstein-Halle im Axel-Springer-Verlagshaus in Berlin verliehen.
Weitere Informationen zum BVM Kongress und zum Preis der Deutschen Marktforschung finden Sie auf der Website des BVM unter www.bvm.org.
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