Doris Schnaars: "Wir wägen grundsätzlich Aufwand, Nutzen und besonders die Aussagefähigkeit bei der Wahl der Methode sorgfältig ab"

Doris Schnaars, SPIEGEL QCDoris Schnaars ist Leiterin Media-Marketing bei SPIEGEL QC. Anlässlich der von marktforschung.de und der DGOF durchgeführten Befragung "Stimmungsbarometer betriebliche Marktforschung" stand sie marktforschung.de zum Interview zur Verfügung und beantwortete Fragen zur Budgetvergabe bei externen Marktforschungsprojekten und zur Methodenwahl. 

marktforschung.de: Frau Schnaars, welche Themen sind aktuell beim Spiegel-Verlag marktforscherisch von Bedeutung?

Doris Schnaars: Das Thema Werbewirkung nimmt zur Zeit den größten Raum unserer marktforscherischen Aktivitäten ein. Seit April 2008 befinden wir uns z.B. mit unserer Trackingstudie WirkungsSPIEGEL im Feld. Auf Basis von inzwischen über 22.000 Face-to-Face-Interviews können wir für 230 Marken Aussagen über deren Werbewirkung und insbesondere über die Wirkungsbeiträge der Mediengattungen Print, Online und TV machen. Darüber hinaus engagieren wir uns stark bei der VDZ-Forschungsinitiative AIM (Ad Impact Monitor), die anhand von drei Modulen die Wirkung von Printkampagnen bezogen auf Werbeträger, Werbemittel und Marken nachweist. Eigene Print- und Online-Copytests sowie Crossmedia-Cases gehören seit Jahren zu unseren Standards.

marktforschung.de: Online-Marketing in unterschiedlichen Facetten hat für viele Unternehmen mittlerweile eine sehr hohe Relevanz, das Anzeigengeschäft wandert verstärkt von Print in Richtung online. Welche Rolle spielt die Marktforschung an dieser Stelle, also beispielsweise hinsichtlich der Frage, welche Online-Werbeformen von Nutzern akzeptiert werden und welche nicht?

Doris Schnaars: Über kundenindividuelle Forschung – kampagnenbegleitend oder auch im Vorfeld durch Werbemitteltests - hinaus nehmen wir uns natürlich auch übergeordneten vermarktungsrelevanten Fragestellungen an. So haben wir im vergangenen Jahr beispielsweise über eine Nutzerbefragung detaillierte Erkenntnisse über Nutzung und Bewertung des Video-Angebotes auf SPIEGEL ONLINE gewonnen. Oder: gemeinsam mit G+J EMS konnten wir durch die Studie EBI Editorial Brand Impact das besondere Wirkpotential von Online-Werbung in journalistischen Premium-Umfeldern nachweisen. Die konkrete Frage nach der Akzeptanz verschiedener Online-Werbeformen haben wir marktforscherisch bisher nicht zu ergründen versucht. Hier bietet der Markt, d.h. insbesondere der Nutzer durch Klickraten und andere direkte Reaktionen auf Werbeformen gewissermaßen live einen Eindruck über Likes und Dislikes.

marktforschung.de: Wie schätzen Sie die Unterschiede zwischen Online- und Offline-Werbung hinsichtlich Ihrer Wirkung ein? Führen Sie hierzu entsprechende Analysen zwischen Ihrer Online- und Ihrer Print-Ausgabe durch?

Doris Schnaars: Jede Mediengattung hat natürlich ihre spezifischen Stärken, die mit den jeweiligen Kampagnenzielen abgeglichen werden müssen. Print und Online können demnach gegebenenfalls sehr unterschiedliche Beiträge zur Werbewirkung leisten. Hierbei darf jedoch auch nicht der Einfluss der Kreation unterschätzt werden, der es sehr schwierig macht, allgemeingültige, kampagnenübergreifende Aussagen zu formulieren. Generell werden durch unsere Crossmedia-Cases die allgemeinen Erkenntnisse eindeutig untermauert, dass Mix-Kontakte noch bessere Wirkung entfalten als Kontakte, die nur über ein Medium stattfinden. Bestätigt wird dieses auch durch zahlreiche Kampagnenanalysen aus dem WirkungsSPIEGEL. Hier haben wir den Eindruck gewonnen, dass sich insbesondere Print- und Online-Werbung hervorragend ergänzen. Online-Kontakte verleihen in vielen Fällen dem klassischem Auftritt gewissermaßen einen "Turboeffekt" und steigern die Wirkungsindikatoren erheblich.

marktforschung.de: Führen Sie Ihre Befragungen inhouse durch oder bedienen Sie sich externer Marktforschungsdienstleister?

Doris Schnaars: Sowohl als auch. Je nach Art und Umfang der Befragung ist jede Konstellation denkbar. Es gibt zahlreiche Projekte, die wir quasi komplett inhouse umsetzen, beispielsweise Befragungen in unserem Media-Panel - ein internes Online-Access-Panel mit ca. 11.000 Mitgliedern -, oder Käufer-/Leserbefragungen via Fragebogen, der dem Heft beigelegt wird. Einen WirkungsSPIEGEL mit 1.500 persönlichen Interviews pro Monat können wir natürlich nicht ohne entsprechend ausgestattete Institute realisieren. Generell verfügen wir über eine Marktforschungskompetenz, die uns vieles inhouse ermöglicht.

marktforschung.de: Wie unsere aktuelle Erhebung zur Stimmung in der Marktforschungsbranche unter betrieblichen Marktforschern ergab, führen bereits rund 16 Prozent der Befragten Umfragen mittels mobiler Endgeräte durch. Spielt diese Methode auch in Ihrem Unternehmen eine Rolle und sehen Sie darin ein Zukunftspotenzial?

Doris Schnaars: Bisher haben wir diese Methode nicht eingesetzt, für die Zukunft wäre das jedoch durchaus eine Option,  zumal sich Mobile zusehends stärker entwickelt.

marktforschung.de: Laut unserer Umfrage gibt es bei der Verteilung der Marktforschungsbudgets eine ganz klare Tendenz zu Gunsten der Online-Forschung – gilt das auch in Ihrem Unternehmen?

Doris Schnaars: Diese Tendenz können wir durchaus bestätigen, insbesondere Zahl und Umfang kundenindividueller Studien, die online erhoben werden, wachsen rasant. Darüber hinaus gibt es jedoch durchaus Fragestellungen, deren Erhebung "offline" sinnvoller erscheint. Hierbei wägen wir grundsätzlich Aufwand, Nutzen und besonders die Aussagefähigkeit bei der Wahl der Methode sorgfältig ab.

marktforschung.de: Denken Sie, dass die Online-Forschung die klassischen Methoden weitgehend ersetzen wird?

Doris Schnaars: Die Online-Forschung bietet generell zahlreiche Vorteile, wie z.B. Aktualität oder Kostenersparnis. Die "klassischen" Methoden, die sich schließlich auch ständig weiterentwickeln, werden jedoch weiterhin eine große Bedeutung haben, da es Fragestellungen gibt, die online nur bedingt erhoben werden können. Begrenzend wirken hier beispielsweise Umfang und Tiefe von Befragungsinhalten oder spezielle Nutzungssituationen, z.B. bei der Zeitschriftenlektüre, die online nur schlecht simuliert werden können.      

marktforschung.de: Wie wichtig ist für Sie die Möglichkeit, Social Media für Marktforschungszwecke heranzuziehen? Führen Sie Befragungen in Foren, Blogs o.ä. durch oder betreiben Sie Webmonitoring?

Doris Schnaars: Befragungen in Foren oder Blogs könnten durchaus interessant sein. Die Aussteuerung der Stichprobe und damit die Repräsentativität der Ergebnisse erscheint hierbei jedoch problematisch. Wir nutzen daher andere Möglichkeiten, wie z.B. Onsite-Befragungen oder unser Online-Panel. Webmonitoring findet bei uns gezielt in Einzelfällen statt, diesen Ansatz betreiben wir bisher jedoch nicht systematisch.    

marktforschung.de: Frau Schnaars, herzlichen Dank für das Interview!

 

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