"Diverse Standardprojekte von heute wird es in ein paar Jahren nicht mehr geben." - Ipsos-CEO Peter Braun im Interview

Peter Braun ist seit Januar 2014 CEO und Country Manager für Ipsos Deutschland. Er hat damit die Nachfolge von Ralf Ganzenmüller angetreten, der bereits im letzten Jahr die Rolle des Global CEO Ipsos Loyalty übernommen hat. Über die ersten Wochen im Amt und aktuelle Herausforderungen für die Marktforschungsbranche sprach Peter Braun im Interview mit marktforschung.de.
marktforschung.de: Herr Braun, Sie sind seit Jahresbeginn CEO von Ipsos Deutschland. Wie waren die ersten Wochen im Amt?
Peter Braun: Mit einem Wort: toll. Ich bin auf eine sehr gute, hoch motivierte und begeisterte Mannschaft gestoßen. Ich habe viele sehr gute Gespräche geführt und lerne jeden Tag etwas Neues dazu. Ipsos hat in Deutschland in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Wachstum hingelegt und mit jedem Tag verstehe ich den Ipsos Spirit besser. In einem Geschäftsmodell wie der Marktforschung sind engagierte und gute Mitarbeiter das A und O und bei Ipsos wird viel Wert auf Personalentwicklung und Mitarbeitermotivation gelegt. Auf diesen Grundsteinen lässt es sich als neuer CEO gut aufbauen.
marktforschung.de: Sie waren zuvor in leitender Position bei TNS Infratest und kennen die internationale Marktforschung seit Jahren. Wo sehen Sie momentan die größten Herausforderungen für die Branche?
Peter Braun: Die Herausforderungen für die Branche waren noch nie so gewaltig wie derzeit. Da der deutsche Markt aus meiner Sicht nicht wächst, stehen wir in einem harten Verdrängungswettbewerb aus dem ein entsprechender Preisdruck resultiert. Diverse Standardprojekte von heute wird es in ein paar Jahren nicht mehr geben. Kunden schieben ihre Budgets in neue Methoden und Ansätze. Unsere Aufgabe ist es, sie bei dieser Entwicklung kompetent zu begleiten.
Neue Player stellen mit neuer Technologie die jahrelang bewährte Umfrageforschung auf den Prüfstand. Messen statt Befragen, neue Geschäftsmodelle mit anderen Spielregeln. Noch hat keiner den heiligen Gral in Form eines skalierbaren und nachhaltigen Geschäftsmodells gefunden. Aber irgendwann, wird es so weit sein und dies könnte zu erdrutschähnlichen Veränderungen der Branche führen. Weiterhin gibt es gewisse Risiken durch die Gesetzgebung beispielsweise beim Thema Datenschutz. Hier ist noch nicht absehbar, welche Konsequenzen dies für unsere Branche haben wird und wie sich das auch auf die Befragungsbereitschaft der Bevölkerung auswirken wird. Andererseits bieten alle Bedrohungen und Risiken auch Chancen, sich als Unternehmen weiterzuentwickeln und Karten neu zu mischen.
marktforschung.de: Sie haben es gerade angesprochen: Speziell der Markt in Deutschland ist weitgehend gesättigt, Umsätze stagnieren, eigentlich branchenfremde Player drängen auf den Markt. Welche Konsequenzen müssen denn daraus gezogen werden?
Peter Braun: Das ist ja kein neues Phänomen sondern bereits seit einigen Jahren Realität. Mit diesem Trend müssen wir uns natürlich auseinandersetzen. Im Prinzip ist für die Neuen wie für uns die Ausgangsbasis gleich, da wir beide ein gewisses Gap haben. Die Neuen kommen mit einem neuen Ansatz ohne Marktforschungs-Knowhow oder oft auch ohne inhaltliche Beratungskapazität. Uns fehlt es eher an den Technologien. Hier müssen wir investieren, ebenso in die permanente Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter. Denn in ihrer Innovationskraft und Beratungskompetenz sowie der Verbindung von verschiedenen Ansätzen liegt häufig der eigentliche Mehrwert von uns „alten Playern“. Wo wir nicht alles selbstmachen können, müssen wir über Partnerring und Netzwerke nachdenken. Am Ende zählt nicht, wer als erster im Markt ist, sondern wer als erstes ein skalierbares Geschäftsmodell entwickeln kann.
marktforschung.de: Nochmals speziell zu den branchenfremden Playern: Vielfach kann man den Eindruck gewinnen, dass Schnelligkeit mittlerweile vielfach wichtiger als methodische Qualität ist. Teilen Sie diese Einschätzung bzw. wie ist Ihre Erfahrung diesbezüglich mit Kunden?
Peter Braun: Diese Einschätzung teile ich nur bedingt. Natürlich wünschen sich unsere Kunden immer mehr Schnelligkeit. Das entspricht nun mal dem heutigen Zeitgeist und den modernen Technologien. Unsere Kunden sind aber nicht bereit, auf Qualität zu verzichten. Denn schneller Mist bleibt zunächst einmal Mist und Kunden erwarten von uns Empfehlungen zu geschäftskritischen Fragen. Deshalb stellt sich für uns eher die Frage, wie wir in unseren Prozessen an Effizienz und Geschwindigkeit gewinnen können, ohne die Qualität unter die Kundenerwartungen abzusenken. Hier sind wir bei Ipsos mit unserer Strategie BQC (Better, Quicker, Cheaper) sehr gut aufgestellt.
marktforschung.de: Mittlerweile bestimmen die Einkaufsabteilungen großer Unternehmen vielfach die Spielregeln bei der Vergabe von Marktforschungsprojekten. Kann dies bei einer Dienstleistung wie Marktforschung überhaupt funktionieren?
Peter Braun: Wenn es nicht funktionieren würde, würden es unsere Kunden nicht tun. Vom Prinzip her ist das ein legitimer Ansatz und wir müssen das akzeptieren. Sicher hat das auch an manchen Stellen seine Grenzen und es gibt auch einen Punkt, an dem Einsparungen durch den Einkauf durch einen Mehraufwand beim Kunden wieder aufgefressen werden, denn auch Lieferanten entwickeln ihre Strategien um zu überleben. Da wir als Ipsos eine vom Kunden erwartete Qualität liefern möchten, werden wir nicht jeden Preis mitgehen, denn Qualität und gute Beratung hat ihren Wert und auch ihren Preis. Andererseits ist die starke Rolle von Einkaufsfunktionen für uns auch eine Chance uns beim Kunden zu positionieren, wenn wir günstigere und manchmal sogar bessere Ansätze anbieten können. Man muss diese Herausforderung also sportlich annehmen.
marktforschung.de: Herr Braun, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden