Oliver Spitzer, september Strategie & Forschung GmbH Direkter Draht ins Fan-Herz

Wer nach einem emotionsgeladenen Sport sucht, wird schnell im Fußball fündig. Hier rücken Fans und Spieler eng zusammen, Euphorie, Jubel und Stolz erweisen sich als ständige Begleiter am Platz und vor den Bildschirmen. Eine spannende Gruppendynamik begleitet so jedes Match. Als enge Partner der Vereine erhoffen sich auch Sponsoren einen Platz im Herzen der Fans. Also Unternehmenslogo aufs Trikot und schon steigert sich Relevanz und Nähe der Vereinsunterstützer? Nicht ganz.
Atmosphärische Kulisse
Um diese Frage zu beantworten, wurden zwei Zielgruppen à 15 Teilnehmer ausgewählt: auf der einen Seite die Fußballinteressierten, die sich grundsätzlich für den Sport erwärmen, ab und zu Spiele anschauen und mit zwei bis drei Vereinen sympathisieren. Trikotsponsoren kennen sie nicht. Auf der anderen Seite nahmen leidenschaftliche Fans an der Untersuchung teil. Sie brennen für das Rasenspiel, haben einen dauerhaften Lieblingsverein und schauen sich regelmäßig Matches an – ab und zu im Stadion. Ihnen ist der aktuelle Sponsor bekannt. An insgesamt vier Terminen – drei in einem Studio mit einer dem heimischen Fußballkonsum ähnlichen Atmosphäre und einem im Stadion – wurde in kleinen Gruppen untersucht, welche Emotionen verschiedene Sponsoringaktivitäten bei den Probanden auslösen. Vor Spielbeginn bekamen sie zunächst ausgewählte Marken zu sehen – darunter aktive und inaktive Vereinsunterstützer –, von denen jede für circa 20 Sekunden als Logo auf einem Bildschirm gezeigt wurde. In der Halbzeitpause folgte ein Werbeblock bestehend aus Aktivierungsspots von Sponsoren und solchen von Marken ohne Sponsoringbezug. Unmittelbar nach dem Abpfiff erschienen erneut alle Marken auf dem Screen.
Emotionen in der Flügelzange
Mithilfe kleiner auf der Haut angebrachter Sensoren kamen wir den instinktiven körperlichen Reaktionen der Probanden auf die Spur. Sie zeichneten jeweils während der Markenpräsenz vor und nach dem Spiel sowie in der Werbepause die bewussten und unterbewussten Reaktionen der Teilnehmer auf. Anstatt also die offensichtlichen Veränderungen zu beobachten, messen wir unbewusste Prozesse – unsichtbare Mimikbewegungen sowie die Hautleitfähigkeit oder die Herzratenvariabilität der Betrachter. Diese Daten erheben wir weder im kalten Labor noch retrospektiv, sondern live im Stadion oder beim gemeinschaftlichen Fußballschauen. Anschließend lassen sich die Messwerte in sogenannte Emotional Key Performance Indicators (KPI) übersetzen: Vertrauen, Attraktion, Nähe, Sympathie, Relevanz, Skepsis oder Stress. Begleitende tiefenpsychologische Interviews bringen die inneren Storys der Konsumenten zum Vorschein. In Gruppendiskussionen gehen wir auf den Bezug zum Fußball, die Bedeutung des Lieblingsvereins und Assoziationen zu dessen Partnern und Sponsoren ein. So hinterfragen wir die Gründe, aus denen bei den Probanden bestimmte Emotionen ausgelöst wurden. Diese Erkenntnisse zeigen nicht nur objektiv und sekundengenau auf, an welchen Stellen der Betrachter welche Gefühlslagen einnimmt, sondern auch warum. In Verbindung mit den gemessenen Daten lässt sich erschließen, wie sich Emotionen vor und nach dem Spiel mit den Werbeblöcken in Richtung der Sponsoren verändern. Auf dieser Basis können wir Rückschlüsse auf den Sponsoringeinfluss allgemein ziehen, die es uns dann ermöglichen, Marken und Unternehmen auf ihrem Weg zur idealen Wahrnehmung mit konkreten Handlungsempfehlungen zu unterstützen.
Go high, go deep
Im Rahmen der Ergebnisauswertung verdeutlicht der "emotional uplift" die unbewusste, emotionale Reaktion auf die im Forschungs-Set-Up platzierten Marken. Hierzu wird mit den vor, während und nach dem Spiel gemessenen Daten jeweils ein Markenemotionsprofil erstellt. Zusammengefasst und in Relation gebracht (post minus pre) ergibt sich daraus der "emotional uplift", also die Veränderung im Emotionsprofil. Dabei begründet sich ein marginaler uplift der Sympathie bereits durch die reine Wiederholung des Sets (Mere Exposure Effect). Stärkere Veränderungen lassen sich auf die Wirkung des Gesehens, also das Sponsoring und die TV-Spots, zurückzuführen. Um auszuschließen, dass die allgemeine Emotion Einfluss auf die Markenwerte hat, wurde nach dem Spiel eine zusätzliche Ruhemessung durchgeführt. Ergibt sich bezogen auf ein Unternehmen zum Beispiel eine Differenz der Sympathiewerte von +400 Prozent, bedeutet das, dass es nach dem TV-Spot und dem weiteren Sponsoring vier Mal so sympathisch auf die Probanden im Vergleich zu vorher wirkt.
Sponsoring macht sexy und vertrauenswürdig
Bei der Gruppe der Fans wurde damit deutlich, dass sich allein durch das generelle Sponsoring – ohne Beteiligung eines TV-Spots – des bevorzugten Fußballvereins die untersuchten Marken in gleich vier Facetten positiv emotionalisierten. So verzeichnen die Werte Attraktion, Sympathie, Relevanz und Vertrauen durchweg einen "emotional uplift". Auffällig in der Auswertung: Besonders positiv nahmen Fans diejenigen Marken wahr, die sowohl als Sponsor als auch mit einem eigenen TV-Spot auftraten. Indem die Marke durch den TV-Spot in der Halbzeitpause in Zusammenhang mit dem Spiel gebracht wurde, blieb sie während des ganzen Spiels sichtbar und zeigte dadurch die so wichtige Konstanz. Idealerweise erzählt sie eine Story – nicht über sich selbst, sondern eine, die den Bezug zum entsprechenden Verein schlüssig erklärt. Daher ist es umso wichtiger, dass der Inhalt nicht beliebig präsentiert, sondern gezielt gewählt wird und dem Markenkern des Sponsors, des Vereins und der erwarteten Stimmung des Spiels entspricht. Findet dann eine Verlängerung der Sponsoring-Experience durch einen TV-Spot statt, intensiviert sich die Emotionalisierung deutlich. Hierbei bildet Sponsoring die Basis für den Erfolg und zeigt sich beim Aufbau von Vertrauen und Relevanz gegenüber dem TV-Spot überlegen.
Durchschnittlich veranschaulichen die Ergebnisse der zweiten Zielgruppe – der Fußballinteressierten (also keine "Vollzeit-Fans") – ähnlich positive Tendenzen wie bei den Fans, jedoch in abgeschwächter Form. Fußballinteressierte erleben das Spiel in einem anderen Modus, in Bezug auf eingefleischte Fans befinden sie sich in einer abweichenden Verfassung, was den "emotional uplift" durch Sponsoring erschwert. Den rein interessierten Probanden fehlt die konkrete emotionale Bindung zum Verein, zum Sport und zur Fan-Kurve. Daher bleiben soziale Mechanismen wie die Bestätigung durch die Gruppe und die Vorbildfunktion des Vereins wirkungslos. Der Grund: Fußballinteressierte verfügen über eine geringere Motivation, eine runde Story zur Bindung zwischen Sponsor und Verein herzuleiten – eventuelle kleine Unstimmigkeiten fallen daher deutlich negativer ins Gewicht.
Sponsor, Verein und Fan als Winning Team
Im Rahmen der Studie konnte festgestellt werden, dass sich im Kontext Fußball die mit dem Sport verbundenen Emotionen nahezu durchweg positiv auf das Sponsoring auswirken. Auffällig dabei: Innerhalb der Zielgruppe der Fans löst dieselbe Sponsoringaktivität stärkere Emotionen aus als in der Interessierten-Gruppe – sowohl positiv als negativ. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass ein TV-Spot und eine Sponsoringaktivität im TV-relevanten Stadionbereich einen unterschiedlichen emotionalen Effekt auf Probanden ausüben, der sich zumeist jedoch positiv gestaltet. Als nützlich zeigt sich daher eine Kombination beider Maßnahmen. Die Untersuchungen ließen schließlich zu, drei allgemeine Handlungsempfehlungen an Unternehmen und Marken auszusprechen, die Sportsponsoring nicht nur als Tool zur Bekanntheitssteigerung und Reichweitenerhöhung nutzen, sondern durch die Emotionen im Fußball ihre Marke positiv aufladen möchten. Hierzu zählt, wahre Nähe zu den Fans aufzubauen. Das gelingt nicht, indem ein Unternehmen als bloßer Geldgeber auftritt, sondern braucht ein authentisches und glaubhaftes Engagement. Um Teil der Fan-Familie zu werden, sollte eine Marke daher konstant präsent sein und mit ihrer Zielgruppe auf Augenhöhe kommunizieren. Zudem empfiehlt sich für Sponsoren, auf ihr generelles Marken-Fit zu achten: Verfolgt ein Sponsor imagerelevante Kommunikationsziele – sprich ein "emotional uplift" –, sollte er selbst auch zur Sportart, zum Verein und zu den Fans passen. Ohne diesen Kontext fällt es der angesprochenen Zielgruppe sehr schwer, einen positiven Bezug zwischen dem Sponsor und dem Verein sowie dem Sport herzustellen. Last but not least sollten Sponsoren auch die eigene Rolle in Hinblick auf den Verein mit Teamgeist angehen. Im Fokus steht die Gemeinschaft und nicht der Einzelne, daher ist es ratsam, dass auch der Sponsor die Fan-Gemeinde und den Verein in den Vordergrund seiner Aktivitäten stellt.
Emotionales Kochen in der Fankurve
Zugegeben: Die Wirksamkeit von Sponsoring im Sport zu erforschen, ist nichts Neues. Um einen tatsächlichen Nutzen aus den Untersuchungen zu ziehen, müssen Unternehmen und Marken jedoch verstehen, was ihre Zielgruppe im Inneren bewegt. Daher ging unsere Studie der unbewussten Wahrnehmung von Sponsoringaktivitäten auf den Grund, anstatt Probanden frontal zu einem gewissen Thema zu befragen. Emotionen ließen sich so nicht nur über äußerliche Reaktionen oder per Sprache hinterfragen, sondern auch gezielt messen – und zwar live im Stadion. Die Teilnehmer wurden vor Ort im Pressebereich verkabelt und sind anschließend direkt in die Fan-Kurve spaziert. Alles, was normalerweise für eine Datenerhebung benötigt wird, haben wir direkt mit in die Ränge genommen – ähnlich einem Kochkurs, der sich im Stadion aufbaut und loskocht. So wurde die Untersuchung selbst zu einem tollen Erlebnis für die Probanden und hinterließ ein gewisses Klassenfahrt-Feeling. Auf dieser Grundlage liefert die Studie den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Sponsoring im Fußball besonders gut funktioniert – weil dieser Sport durch das Umfeld emotional aufgeladen wird.

Zum Autor:
Oliver Spitzer ist Geschäftsführer der september Strategie & Forschung GmbH mit Sitz in Köln. Nach seinem Studium der Psychologie war er für internationale Werbeagenturen tätig. Heute berät und forscht er im Bereich der angewandten wissenschaftlichen Emotionsforschung.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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