"Die österreichischen Institute brauchen sich betreffend ihrer Leistungen hinter den deutschen Instituten nicht verstecken." - Interview mit dem neuen VMÖ-Vorstandsvorsitzenden Robert Sobotka

Robert Sobotka, VMÖ-Vorstandsvorsitzender
Im März 2014 wurde Robert Sobotka (44), Geschäftsführer Marktforschung bei Telemark Marketing, mit deutlicher Mehrheit zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Verbands der Marktforscher Österreichs (VMÖ) gewählt. Die Wahl war nach dem Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden Dr. Emanuel Maxl notwendig geworden.
marktforschung.de: Herr Sobotka, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Amt als Vorstandsvorsitzender des VMÖ. Wie ist die derzeitige Situation des Verbandes? Wie kam es zum Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden Dr. Emanuel Maxl?
Robert Sobotka: Der Vorsitz des VMÖ ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. Jeder Funktionär hat daher in erster Linie seinen eigentlichen Job in der Marktforschung zu bewältigen. Dr. Maxl konnte einfach die notwendige Zeit für sein Amt nicht mehr aufbringen und wollte daher dieses Amt nicht halbherzig wahrnehmen. Er hat in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet und neue Strukturen und Aufgabenbereiche für den VMÖ geschaffen. Nun gilt es für mich, diesen guten Weg weiterzuverfolgen und zusätzlich meine neuen Ideen zu verwirklichen.
marktforschung.de: Sie haben nach Ihrer Wahl u. a. angekündigt die Kommunikation des Verbandes professionalisieren zu wollen. Sie wollen auch zu einem positiven Image der Marktforschung in der Öffentlichkeit beitragen. Können Sie uns das genauer erläutern? Und was sind Ihre weiteren Pläne und Ziele für die bevorstehende zweijährige Amtszeit?
Robert Sobotka: Der Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“ wurde aus Zeitknappheit bislang nur reaktiv gestaltet. Anfragen von Journalisten wurden beantwortet. Meine Pläne sind eine aktive Pressearbeit. Diese besteht darin, Journalisten über die Aktivitäten der Branche und unsere Studien zu informieren. Eine Professionalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit einer PR-Agentur, um den Erfolg unserer Pläne sicherzustellen.
marktforschung.de: Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Marktforschungsbranche in Österreich? Welche Herausforderungen gibt es?
Robert Sobotka: Die Branche leidet in Österreich unter einem Preiskampf. Zahlreiche Institute kämpfen um relativ wenige Etats. Die Herausforderung wird es einerseits sein, die österreichischen Unternehmen vom Nutzen der Marktforschung zu überzeugen, damit ein größerer Anteil des Marketingbudgets für Research verwendet wird. Andererseits muss dem Kunden ein gutes Preis-Leistungsverhältnis geboten werden. Die Methoden müssen im Sinne des Kunden effizient eingesetzt werden.
marktforschung.de: Wie ist die Nachwuchssituation in der Branche? Gibt es ausreichend qualifizierte Bewerber?
Robert Sobotka: Seit dem vergangenen Jahr haben wir einen Universitätslehrgang für Markt- und Meinungsforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien. Dieser Lehrgang wird die Ausbildungslücke der letzten Jahre hoffentlich rasch schließen.
marktforschung.de: Wie ist die Wahrnehmung von Marktforschung in der österreichischen Bevölkerung? Wie entwickelt sich deren Teilnahmebereitschaft an Umfragen? Könnte die Initiative Markt- und Sozialforschung e.V., deren Ziel es ist die Bevölkerung über Markt- und Sozialforschung zu informieren, ein Vorbild sein? Oder gibt es bereits ähnliche Initiativen in Österreich?
Robert Sobotka: Wie in allen Ländern kämpfen wir auch in Österreich mit einer zunehmenden „Teilnehmermüdigkeit“. Umfragen kosten Zeit und Zeit wird ein immer knapperes und wertvolleres Gut. Information über die Markt- und Sozialforschung zu verbreiten, wie in Ihrer Initiative, ist ein wichtiger und guter Weg. Es müssen aber noch andere Wege parallel beschritten werden – Stichworte sind: Kürzere Interviewdauer, positive Motivation der Rezipienten, Abgrenzung zum Telefonverkauf etc.
marktforschung.de: Welchen Einfluss hat, Ihrer Meinung nach, Österreichs geographische Lage als Drehscheibe für Zentral-/Osteuropa auf die heimische Marktforschungsbranche?
Robert Sobotka: Der ist in unserer Branche nicht so groß wie in anderen Branchen. Die österreichischen Banken und Versicherungen waren nach der Ostöffnung hier sicherlich Vorbilder. In der Markt- und Meinungsforschung waren die Institute nicht so aktiv und konnten die geographische und historische Lage wenig nutzen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Probleme in diesen Ländern muss die Konzentration auf den Heimmarkt aber nicht unbedingt ein Nachteil gewesen sein.
marktforschung.de: Wie unterscheidet sich die Marktforschung in Österreich gegenüber dem Markt in Deutschland?
Robert Sobotka: Ganz einfach: Österreich ist ein Zehntel von Deutschland. Ansonsten gibt es meiner Ansicht nach keinen Unterschied. Wir sprechen die gleiche Sprache und verwenden die gleichen Methoden. Unsere Institute decken fachlich genauso alle Leistungsbereiche der Marktforschung qualitativ hochwertig ab. Trotz geringerem Preisniveau brauchen sich die österreichischen Institute betreffend ihrer Leistungen hinter den deutschen Instituten nicht verstecken.
marktforschung.de: Und welche Rolle spielt der deutsche Markt für Österreichische Marktforschungsunternehmen?
Robert Sobotka: Es gelingt den österreichischen Instituten viel zu selten Etats von deutschen Unternehmen zu gewinnen. Nachdem wir in Österreich bei gleicher Leistung ein niedrigeres Preisniveau haben, wundert mich dieser Umstand. Eine Erklärung dafür wäre die fehlende Aktivität der österreichischen Institute am deutschen Markt. Ein Indiz dafür: Bei der letzten Messe „Research & Results“ in München war kein österreichisches Institut mit einem Stand vertreten. Vielleicht aber wartet man darauf, dass deutsche Auftraggeber während ihres Urlaubs am Wörthersee oder in Kitzbühel auf Institute in Österreich aufmerksam werden…
marktforschung.de: Herr Sobotka, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
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