Interview mit Dr. Peter Pirner, CX-Talks "Die Marktforschung steckte viele Jahre in ihrem eigenen Silo"

Zum zweiten Mal wird es auf der Succeet in München den CX Summit geben. Was genau erwartet die CX-Interessierten?
Peter Pirner: Zunächst auf jeden Fall viele spannende Vorträge und die Möglichkeit, mit den Referenten im Anschluss die Themen noch im persönlichen Gespräch zu vertiefen – wenn man das möchte. Das hat für mich auch letztes Jahr den besonderen Reiz ausgemacht und das ist ein großer Unterschied zu den reinen Online-Veranstaltungen.
Sie sind einer der bekanntesten CX-Experten in Deutschland und werden den CX-Summit dieses Jahr moderieren. Inwieweit darf man die Handschrift von Peter Pirner an den zwei Tagen in München erwarten?
Peter Pirner: Mir ist es wichtig, dass wir die Diskussion und die Themen auf eine breite Basis stellen. CX hat so viele Facetten, dass sowohl Marktforscher als auch Technologieanbieter, reine Analysten oder Berater ihren Platz finden. Research und Analytics sind natürlich gesetzt. Man kann Kundenerfahrungen nicht zielgerichtet managen, wenn man Kundenbedürfnisse nicht kennt.
CX ist für mich aber keine Wissenschaft. CX Management bedeutet in erster Linie konkretes Umsetzen. Wie man erfolgreich mit Insights und Technologie umgeht, zeigt sich am besten in spannenden Praxisbeiträgen, von denen wir hoffentlich einige sehen werden.
Zu diesem runden Bild möchte ich einen Beitrag leisten. Und ich freue mich auch auf eine Reihe neuer Anbieter und Referenten im Rahmen des CX Summits, die diese Vision teilen.
Für eine Vorausschau auf das Programm dürfte es noch zu früh sein. Welche CX-Themen sollten Ihrer Meinung nach aber in München nicht fehlen?
Peter Pirner: Wir müssen uns intensiv mit dem State of the Art in der Praxis beschäftigen. Welche neuen technischen Lösungen gibt es? Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz bei Datenerhebung und Analyse tatsächlich? Wie werden qualitative Forschungsverfahren eingesetzt, um quantitative Daten sinnvoll zu ergänzen, z.B. im Bereich UX? Welchen Beitrag kann Analytics in der Customer Journey Orchestration leisten?
Dazu gehören aber auch Hintergrundinformationen. Wo finden Insights zu Kundenbedürfnissen tatsächlich ihren Platz in den Kernprozessen der Unternehmen? Wie organisieren erfolgreiche Unternehmen ihre Innovationsprozess?
Mir persönlich sind vor allem innovative und gleichzeitig praxisnahe Ansätze wichtig. Und ich weiß, dass es hier viele vielversprechende Ideen und Konzepte in allen Disziplinen gibt, die sich mit Customer Experience Management beschäftigen. Ich wünsche mir deshalb ein möglichst diverses Anbieterfeld, um die ganze Bandbreite der Lösungen berücksichtigen zu können.
Immer wieder wird darüber gesprochen, ob CX ein Teil der Marktforschung ist oder nicht. Sie kennen beide Seiten sehr genau. Wie genau gestaltet sich das Verhältnis zwischen Marktforschung und CX?
Peter Pirner:
Im CX Management wird häufig das Problem der Silos in Unternehmen als größte Erfolgsbarriere gesehen. Die Marktforschung steckte viele Jahre in ihrem eigenen Silo.
Auch ich war davon überzeugt, dass ich ein vollständiges Bild der CX Aufgaben hatte. Das hat sich zum Glück sowohl bei mir als auch in der Branche geändert.
CX Management bedeutet in erster Linie „machen“: in automatisierten Marketingprozessen, in optimalem Customer Services z. B. auf Grundlage von selbstlernenden Bots oder ganz generell in der kulturellen und organisatorischen Transformation von Unternehmen. Gerade eine Transformation zu mehr Kundenähe kann durch Communities oder qualitative Verfahren in der gesamten Breite spürbar und erlebbar gemacht werden.
Kundenbedürfnisse muss ich kennen, bevor ich sie sinnvoll gestalten kann. Research ist damit einer der wichtigsten Enabler für echtes Customer Experience Management – nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Marktforschende die Seiten wechseln möchten: Welche Skills sollte man sich aneignen, um auch im CX-Umfeld bestehen zu können?
Peter Pirner: Ich kenne viele Marktforschende, die auf Kundenseite gewechselt sind, um im Customer Experience Management zu arbeiten. Das gelingt oft, weil sie ihr Handwerk verstehen, Kundenfeedback zu sammeln und zu analysieren. Viele CX Methoden bauen darauf auf. Außerdem haben diese Menschen keine Scheu, sich mit Technologie und professionellem Projektmanagement auseinanderzusetzen.
Im neuen Umfeld wird es aber wichtiger, aus Feedback echte Insights zu machen. Damit meine ich Informationen, die tatsächlich zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Aufbereitung Entscheidungen effektiv unterstützten. Wenn es „Klick“ macht bei Entscheidern, dann hat man dieses Ziel erreicht.
Dazu muss man den Kontext anderer Abteilungen kennen, deren Sprache sprechen lernen, von unterschiedlichen Interessensgruppen als relevanter Ansprechpartner akzeptiert werden. Nur dann wird man auch zu Entscheidungen mit hinzugezogen, wenn die Zeit reif dafür ist.
Interner Trusted Advisor oder gar CX Manager zu werden, ist deutlich mehr als ein Forschungsprojekt abzuliefern. Und das ist wohl der größte Sprung, den man nur mit Offenheit, Empathie und starke Kommunikationsfähigkeit meistern kann.
In Ihrem Podcast gibt es mittlerweile 58 Folgen. Wer steht als Gesprächspartner noch ganz oben auf Ihrer Wunschliste?
Peter Pirner: Ich habe mit CX-Talks begonnen, weil ich mich schon immer für Menschen interessiere und am besten aus Gesprächen lerne. Das wollte ich nach meiner Zeit bei Kantar fortsetzen. CX-Talks ist deshalb das ideale Format, meine eigene Neugier zu befriedigen. Im Podcast will ich zudem Themen, die mir am Herzen liegen, einer großen Menge an Menschen leicht verständlich und unterhaltsam nahebringen.
Ich komme eigentlich immer zuerst vom Thema, das ich untersuchen möchte, und dann zum Gast. Mit dem muss dann aber auch die Chemie stimmen, sonst unterhält man sich ja nicht gerne. So sind viele interessante Menschen mit den unterschiedlichsten Themen zusammengekommen. Das macht aus meiner Sicht den Charme des Formats aus.
Deshalb stehen ganz oben auf der Wunschliste faszinierende, sympathische und kompetente Menschen aus allen Bereichen des Customer Experience Managements, die ihr Thema mit Leidenschaft in der Community teilen wollen.
Und wird es einen Live-Podcast vor Ort in München geben?
Peter Pirner: Was es sicher geben wird, ist ein CX-Talk in Form einer Panel Diskussion mit einigen Top Experten. Das ist auch eine logische Ergänzung des ursprünglichen Formates. In einem Podcast sind aber viele Sprecher sehr anstrengend für die Zuhörer, weil man Stimmen zuordnen muss. Ich habe da eher schlechte Erfahrungen gemacht.
Als Lösung sehe ich ohnehin eine zukünftige Ergänzung des Podcast mit einer Art CX-Talks.tv für genau solche Inhalte. Hier könnte man sich auch Themen vorstellen, die unbedingt eine visuelle Unterstützung benötigen. Ich denke deshalb, dass wir die CX-Talks Diskussion auf der succeet22 lieber aufzeichnen und online zur Verfügung stellen. Außerdem freue ich mich, wenn möglichst viele Menschen diesen Gedankenaustausch als Live-Erlebnis vor Ort in München genießen werden.
Hinweis: Weitere Informationen zur Veranstaltung CX-Summit, die im Rahmen der succeet22 vom 20-21. Oktober stattfinden werden, finden Sie hier.
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