Lisa Staudigel & Markus Saffer, GfK Die Kunst effektiver Bewegtbildwerbung

Der mittlerweile voll digitalisierte Alltag hat die Anzahl und Frequenz unserer täglichen Werbekontakte deutlich erhöht. Second- und Third-Screen sind zur Realität in unseren Wohnzimmern geworden und individuelle Aufmerksamkeitsspannen zurückgegangen. Hinzu kommen immer umfangreichere Möglichkeiten, den persönlichen Werbekontakt durch Skipping oder Fast Forward-Funktionen selbstständig zu minimieren. Bei knappen Werbebudgets und kürzeren kreativen Entwicklungszeiten ist es daher wichtiger denn je, die Stärke und Durchschlagskraft von Werbemitteln noch vor dem Launch zu beurteilen.
Modernes Pretesting sollte sich diesen Herausforderungen stellen und die Wirkung von Werbemitteln unter realitätsnahen Low-Involvement Bedingungen testen. Dabei müssen Kenngrößen im Vordergrund stehen, die der Realität im Kampf um die Aufmerksamkeit der Konsumenten im Jahr 2020 gerecht werden. Es geht um die Verknüpfung von klassischen Werbeerfolgsgrößen und passiven Messmethoden, damit Werbetreibende wertvolle Einblicke in das Aktivierungspotential und die Attraktivität ihrer Kreation erhalten.
Der Anspruch, diese Anforderungen umfassend zu erfüllen, war der Maßstab für die Entwicklung der Pretesting-Lösung GfK Ad Fit Optimizer. Das Testdesign entstand in einem intensiven Co-Creation Prozess mit Microsoft und verknüpft passive Verhaltensmessung mit den wichtigsten KPIs (Recall, Brand Imprint, Call to Action) aus 40 Jahren Pretesting-Erfahrung von GfK. Dadurch ist es gelungen, eine umfangreiche Datenbank aufzubauen, die historische und aktuelle Erkenntnisse vereint. Wir haben auf Basis dieser Daten grundlegende Erfolgsfaktoren für effektive Bewegtbildwerbung herausgearbeitet, die im Folgenden dargestellt werden. Dafür nutzen wir den analytischen Rahmen FIT - (F)ascinates, (I)mprints und (T)riggers.
Fascinates – die Kunst Aufmerksamkeit zu generieren und zu halten
Aufmerksamkeitsstarke Werbung fesselt durch überzeugende und einzigartige Anfangsszenen, die Interesse und Neugier wecken. Dieses frühe Engagement ist essenziell, um die volle Wirkung beim Zuschauer zu entfalten. Generell, aber besonders bei Low Involvement Produkten sollte dabei die persönliche Relevanz schnell deutlich werden.
Helle, leuchtende Farben mit hohen Kontrasten wirken sich im Verlauf positiv auf die Aufmerksamkeitsleistung von Bewegtbildwerbung aus.
Klug dosierte Close-Ups unterstützen als weiteres gestalterisches Element zusätzlich die positive Wirkung auf das Engagement der Zuschauer.
Wichtig und oft zu wenig beachtet: Spannungselemente sollten nicht von der Marke oder dem Produkt selbst ablenken. Das Produkt ist im Idealfall in die Handlung eingebunden und löst diese sinnvoll und relevant für die Situation des Betrachters auf.
Imprints – die Kunst eine positive Wahrnehmung zu erzeugen
Werbung, die in den Köpfen der Zuschauer verankert bleibt, formuliert eine klare Botschaft. Diese wird mittels einer einfachen kreativen Idee umgesetzt, die schnell vermittelt, worum es im Werbefilm geht. Eine Beschränkung auf die relevanten Szenen und eine logische narrative Struktur ist dafür unverzichtbar.
Sympathie und Engagement hinsichtlich Kreation und Marke begünstigt eine positive Tonalität, die eine emotionale Verknüpfung mit der Marke oder dem Produkt schafft. Zu viele oder überbordende Szenen führen tendenziell zu einem Visual Overload; sie sollten besser vermieden werden.
Ein frühes, gut lesbares und präsentes Branding ist essenziell, damit die Marke vom Betrachter mühelos und schnell erkannt werden kann. Neben dem Markenlogo selbst unterstützen visuelle und akustische Branding-Elemente die Durchsetzungskraft. Beispiele für solche Elemente sind sich wiederholende Key Visuals oder gelernte Farbcodes. Auch akustische Reize wie Slogans oder Jingles mit integriertem Markennamen wirken sich positiv auf die Markenerinnerung aus. Ein prominentes Branding am Ende eines Films dient als zusätzlicher Reminder.
Triggers – die Kunst handlungsrelevante Impulse auszusenden
Um eine Handlung beim Zuschauer auszulösen, muss der Werbefilm das anfänglich geschaffene Engagement bis zum Ende halten und die Botschaft glaubhaft und (emotional) ansprechend vermitteln können.
Aktivierende Werbung liefert neue Informationen auf ansprechende Weise und erzählt eine für den Zuschauer relevante Geschichte. Inhaltlich sollte ein realistischer und nachvollziehbarer USP aufgezeigt werden. Eine lösungsorientierte (nicht problemorientierte) Demonstration eines Produktnutzens könnte ein Beispiel dafür sein.
Relevanz kann auch durch eine zur Zielgruppe passende Erlebniswelt geschaffen werden. In dieser findet sich die Zielgruppe glaubhaft wieder, wenn ausreichend Identifikationsmöglichkeiten geschaffen wurden
Aktivierung durch Werbung funktioniert dann besonders gut, wenn die richtigen Emotionen angesprochen werden. Ziel ist es deshalb, gegen Ende des Spots noch einmal relevante emotionale Reize auszulösen. Unsere Erfahrung zeigt: Werbefilme, die Begehren, Leidenschaft oder Neid auslösen, steigern die Aktivierungswahrscheinlichkeit.
Besonderheiten der Smartphone-Werbung
Preroll-Videos auf dem Smartphone hinken der Aufmerksamkeitsleistung von TV-Werbung tendenziell hinterher. Es gelten prinzipiell dieselben Best Practice Regeln, aber für das Smartphone müssen einzelne Gestaltungsregeln besonders beachtet werden, um die volle Wirkung zu entfalten:
Eine starke Aufmerksamkeits- und Aktivierungsleistung ist für Smartphone Videos besonders wichtig, da die Aufmerksamkeitsspannen deutlich geringer sind. Bei dunklen, kontrastarmen Long-Distance-Shots werden Inhalte leicht übersehen. Noch stärker als bei TV-Spots erzeugen Close-Ups daher das Gefühl von Nähe und machen Details auch auf den kleinen Screens erkennbar. Dadurch kann der Betrachter die Szenerie besser erfassen und der Geschichte leichter folgen. Skipping- (und Scrolling-) Optionen machen ein frühes Branding unabdingbar. Aufgrund kleinerer Screens ist hier zu einem ausreichend großen und zentrierten Branding zu raten, das sofort erkennbar und gut lesbar ist.
Inhaltlich sollte bei Smartphone-Werbefilmen noch stärker auf fesselnde Anfangsszenen geachtet werden, die trotzdem schnell klar machen, worum es geht. Neben der Beschränkung auf wesentliche Inhalte und Botschaften, ist ein starkes „Visual Messaging“ empfehlenswert: durch ausdrucksstarke Elemente und Szenen kann die Werbebotschaft so auch in Situationen verstanden werden, in denen die Werbung ohne Ton gesehen wird.
Die Anpassung an die Besonderheiten der Bildschirmgrößen zahlt sich aus: Gelingt es einer Werbung auch auf dem Smartphone früh ausreichendes Engagement zu schaffen, steht sie TV-Werbung in ihrer Effektivität beinahe in nichts nach.
Wer als Werbetreibender die Kunst beherrscht, eine gute kreative Idee mit diesen gestalterischen Insights zu verbinden, hat bereits viel für den Erfolg seiner Kampagne getan. Modernes Pretesting kann dann dabei unterstützen, zusätzliches Optimierungspotential aufzuzeigen und die Werbemittel fit für den Launch zu machen.
Lisa Staudigel ist bei GfK als Consultant und Projektleiterin für Werbewirkungs- und Markenstudien verantwortlich. Aktuell betreut sie nationale und internationale Kunden aus dem Bereich Retail und eCommerce.
Markus Saffer blickt auf über 20 Jahre Marktforschungs- und Consultingerfahrung zurück. In seiner Rolle als Senior Director im Bereich Consumer Insights & Marketing Effectiveness bei GfK leitet er die Bereiche Tech & Durables sowie Retail & Finance und betreut ausgewählte Kunden in der DACH-Region. Darüber hinaus verantwortet er als Produktmanager die Entwicklung und die europaweite Umsetzung von Werbepretesting- und Crossmedia-Studien.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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