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Nachhaltiges Einkaufen wird für Verbraucher schwieriger Der GfK Nachhaltigkeitsindex: Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung?

"Der GfK Nachhaltigkeitsindex kann als Pulsfühler für das Thema Nachhaltigkeit betrachtet werden", so Petra Süptitz. (Bild: GfK)
Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung bestimmen die Nachrichten. Infolgedessen ist Nachhaltigkeit längst kein Nischenthema mehr, sondern als wichtigster Trend des 21. Jahrhunderts in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch für Unternehmen wird Nachhaltigkeit mehr und mehr zu einem Hygienefaktor und für Konsumenten ein Entscheidungskriterium beim Einkauf.
Konsumenten richten ihr Leben auf Nachhaltigkeit
In der Politik haben sich die EU-Mitgliedstaaten mit dem „Green Deal“ das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Auch auf gesellschaftlicher Ebene richten immer mehr Konsumenten ihr Leben auf Nachhaltigkeit aus und umweltfreundliche, biologische oder fair gehandelte Produkte füllen ganze Regale.
Gleichzeitig war das letzte Jahr geprägt von Krisen – circa 80 Prozent der Deutschen sorgen sich wegen der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise, beinahe die Hälfte um die eigene wirtschaftliche Zukunft.
Entscheider in Unternehmen fragen sich daher zurecht: Ist Nachhaltigkeit für die Deutschen überhaupt noch relevant?
Wie sich die Bedeutung von Nachhaltigkeit beim Einkauf im Zeitverlauf verändert und von aktuellen Entwicklungen beeinflusst wird, untersucht der GfK Nachhaltigkeitsindex. Damit soll der Index Unternehmen dabei unterstützen, die richtigen strategischen Weichen für die Zukunft zu stellen.
Wo auf Nachhaltigkeit geachtet wird und wo nicht
Im letzten Jahr blieb der GfK Nachhaltigkeitsindex weitgehend stabil und verzeichnete nur leichte Schwankungen. Doch im Januar sank der Index auf 93,3 Punkte. Das sind 6,7 Punkte weniger als im Durchschnitt des Jahres 2022. Die Deutschen kaufen wegen Inflation und steigender Preise mittlerweile etwas seltener nachhaltig ein.
Je nach Kategorie hat sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten jedoch auf unterschiedliche Art und Weise verändert. So zeigt der aktuelle Index, dass nach wie vor 27 Prozent der Deutschen planen, nachhaltige größere Anschaffungen zu tätigen. Allerdings nimmt die Bereitschaft dafür mehr zu bezahlen angesichts der steigenden Preise ab. Bei Produkten des täglichen Bedarfs ist der Anteil der Konsumenten, die nachhaltig kaufen, zwar weiterhin deutlich höher, jedoch greifen die Verbraucher hier mittlerweile weniger häufig zu nachhaltigen Produkten. Auch aktuelle Daten des GfK Consumer Panels zeigen, dass der Absatz von Bio-Lebensmitteln (EAN-Ware) im zweiten Halbjahr 2022 rückläufig war.
Ein Blick hinter die Kulissen
Mit unserem GfK Nachhaltigkeitsindex analysieren wir, wie Nachhaltigkeitsaspekte das Kaufverhalten von Konsumenten beeinflussen. Der Index umfasst die geplanten sowie getätigten Käufe von nachhaltigen Produkten des täglichen Bedarfs und größeren Anschaffungen, wie Möbeln oder elektronischen Geräten.
Außerdem erfasst er die Bereitschaft der Konsumenten, für umweltfreundliche oder sozial verantwortlich hergestellte Produkte einen höheren Preis zu bezahlen. Um beobachten zu können, wie sich die Einstellungen der Deutschen zum Thema Nachhaltigkeit entwickeln, befragt GfK seit Februar 2022 alle drei Monate eine repräsentative Gruppe von rund 1.000 Konsumenten in Deutschland.
Über Daten aus dem GfK Consumer Panel und dem GfK Retail Panel haben wir zudem die Möglichkeit, die Umfrageergebnisse mit dem tatsächlichen Kaufverhalten der Deutschen abzugleichen. Auf diese Weise können wir vergleichen, was die Menschen sagen und was sie tatsächlich tun.
Zudem findet die Befragung zeitgleich zum GfK Konsumklima statt. Dadurch ist es möglich zu analysieren, wie sich die generelle Konsumstimmung auf das Kaufverhalten bei nachhaltigen Produkten auswirkt.
Internationaler Vergleich – wo stehen die Deutschen in puncto Nachhaltigkeit?
Neben Deutschland wird der GfK Nachhaltigkeitsindex auch in vier weiteren (europäischen) Ländern erhoben: Frankreich, Italien, Türkei und Großbritannien. Um eine internationale Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde der Index 2023 normiert. Aus allen Werten des letzten Jahres wurde ein Durchschnittswert gebildet, der einem Basiswert von 100 Punkten entspricht. Es wird die Veränderung gegenüber diesem Basiswert und dem letzten Monat der Erhebung interpretiert.
Im Gegensatz zum Rückgang des Indexes in Deutschland sind in Frankreich und Italien im Vergleich zum Herbst letzten Jahres nur geringe Veränderungen zu beobachten. In Italien stieg der Index sogar etwas auf 100,9 Punkte, getrieben durch einen höheren Anteil an Konsumenten, die zukünftig mehr Großkäufe unter Nachhaltigkeitsaspekten tätigen wollen. Die französischen Verbraucher hingegen haben sowohl bei den Produkten des täglichen Bedarfs als auch bei größeren Anschaffungen seltener nachhaltig eingekauft als im Herbst 2022. Daher ging der Index in Frankreich leicht auf 99,2 Punkte zurück.
Der Herausforderung stellen und Verantwortung übernehmen
Obwohl der GfK Nachhaltigkeitsindex im Januar einen Rückgang verzeichnete, sollten Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit weiter auf ihrer Agenda haben. Denn Nachhaltigkeit ist nach wie vor tief in den Werten der Konsumenten verwurzelt. Mehr als 70 Prozent der Deutschen halten den Klimawandel für ein ernstzunehmendes Problem. 65 Prozent erwarten umweltfreundliches Handeln von Unternehmen.
Für Händler wie Hersteller ist es ein Muss, sich dieser Herausforderung zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.
Wie genau Marken Haltung zeigen können, um auch in schwierigen Zeiten erfolgreich zu sein und welche Rolle der Dreiklang aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit dabei spielt, erklärt Petra Süptitz am 30. März zwischen 11 und 12 Uhr im Rahmen der GfK Brand Inspiration Days. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Fragen der Redaktion an Petra Süptitz:
Je nach Definition ist Nachhaltigkeit ja ein sehr umfangreiches Konstrukt. Wie operationalisiert GfK Nachhaltigkeit in diesem Index?
Petra Süptitz: Häufig wird Nachhaltigkeit ausschließlich mit ökologischen Aspekten verbunden. Dabei hat Nachhaltigkeit unter anderem auch eine soziale Dimension. Im Rahmen des GfK Nachhaltigkeitsindexes werden die Konsumenten daher befragt, inwiefern Umwelt- und soziale Aspekte ihr Kaufverhalten beeinflussen. Zudem können wir durch andere GfK-Studien und Erhebungen ergänzende Aussagen über die verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen treffen.
So zeigt sich zum Beispiel, dass soziale Nachhaltigkeit inzwischen sogar stärker auf den Erfolg einer Marke einzahlt als ökologische Nachhaltigkeit.
Welche anderen Merkmale korrelieren bislang stark mit dem Verlauf des Nachhaltigkeitsindex?
Petra Süptitz: Der GfK Nachhaltigkeitsindex kann als Pulsfühler für das Thema Nachhaltigkeit betrachtet werden. Er zeigt, wie sich die Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten für die Kaufentscheidung bei größeren Anschaffungen und Fast Moving Consumer Goods verändert.
Interessant ist, dass der GfK Nachhaltigkeitsindex im letzten Jahr zwar bereits auf die Einflüsse des Ukraine-Kriegs, der Inflation und des allgemein sinkenden Konsumklimas reagierte, er aber bis Januar 2023 weitestgehend stabil blieb. Im Gegensatz dazu ist der GfK Konsumklimaindex 2022 dramatisch gesunken und verzeichnete ein historisches Tief.
Am Thema Nachhaltigkeit sparen die Verbraucher nun erst deutlich später, weil sie trotz finanzieller Sorgen versuchen, ihren Wertestandards treu zu bleiben.
Die Verbraucher konzentrieren sich momentan eher auf Dinge, die auch ihren eigenen Geldbeutel entlasten und sparen zum Beispiel Wasser und Strom. Bei Haushaltsgroßgeräten wie Waschmaschinen, Geschirrspülern sowie Kühl- und Gefriergeräten spielt Energieeffizienz deshalb eine wichtige Rolle. Besondere Wachstumschancen sehen wir bei GfK, wenn neue technische Lösungen intelligent eingesetzt werden, um die Bedürfnisse der Konsumenten zu erfüllen. Zum Beispiel können smarte Technologien Innovation, Nachhaltigkeit und Energiesparen miteinander verbinden.
Wenn es darauf ankommt, kann die deutsche Bevölkerung ja durchaus ihr Verhalten anpassen, siehe Energiesparen wegen des Ukraine-Konflikts oder das Verhalten in der Corona-Pandemie. Müsste man die Bevölkerung nicht eigentlich zu mehr Nachhaltigkeit zwingen, anstatt dafür zu werben?
Petra Süptitz: Ein großer Teil der Konsumenten erwartet, dass das Thema Nachhaltigkeit von verschiedenen Seiten angegangen wird – sowohl auf politischer Ebene als auch von Unternehmen. Die Konsumenten sind bereit, ihren Teil beizutragen, doch das fällt ihnen nicht immer leicht. So sind nachhaltige Produkte oft teurer als herkömmliche oder es fehlt an Wissen, welche Produkte wirklich nachhaltig sind. Zudem wird gezweifelt, ob sie als Individuum wirklich etwas bewegen können. 82 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass große Unternehmen einen größeren Einfluss auf die Umwelt haben als sie selbst.
Deshalb wird erwartet, dass Unternehmen bei der Herstellung der Produkte auf Nachhaltigkeit achten, indem sie beispielsweise erneuerbare Energien nutzen, umweltfreundliche Inhaltsstoffe und Verpackungsmaterialien verwenden, lange Transportwege vermeiden und auf faire Arbeitsbedingungen achten.
Es ist die Aufgabe von Marken, den Konsumenten nachhaltige Produkte möglichst einfach zugänglich zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu motivieren. Statt Zwang ist es wichtiger, die Menschen für nachhaltige Produkte zu begeistern.
Um dies zu erreichen, ist es wichtig verschiedene Konsumentengruppen im Blick zu haben. Im Rahmen unserer „GfK Green Gauge®“-Studie haben wir eine Segmentierung verschiedener Zielgruppen ausgearbeitet, die auf Nachhaltigkeitseinstellungen und -aktivitäten basiert. Die größte Zielgruppe in Deutschland sind die sogenannten ‚Glamour Greens‘. Ihnen ist Nachhaltigkeit zwar wichtig, aber sie wollen nicht verzichten. Nachhaltiger Konsum muss zu ihrem Lebensstil passen und Genuss ermöglichen. Unternehmen müssen zwischen verschiedenen nachhaltig orientieren Konsumenten und ihren jeweiligen Bedürfnissen unterscheiden können, um mit ihren Angeboten und Botschaften die richtigen Zielgruppen zu erreichen.
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