Den Verbraucher früh ins Boot holen

Von Shaun Dix, Leiter der deutschen Werbeforschungsunit von Ipsos, Ipsos ASI.
Als Marktforscher haben wir wahrlich keine leichte Aufgabe. Wir marschieren in die Vorstandsetage unseres Kunden und versuchen mit ihm herauszufinden, warum er bestenfalls eine mittelmäßige oder geringe Werbewirkung erzielt. Ziel der Marktforschung ist es nicht, vermeintlich großartige Ideen zu torpedieren, sondern neue Erkenntnisse zu gewinnen und Optimierungsmöglichkeiten zu finden.
Das Problem ist, dass jedes Jahr reichlich Werbung veröffentlicht wird, die entweder durchschnittlich oder sogar schlecht ist, obwohl die meisten Werbekunden gar nicht die Absicht haben, durchschnittliche Werbung zu veröffentlichen. Einige meinen, sie müssten nur genug Geld für den Mediaeinkauf ausgeben, um am Markt eine positive Wirkung zu erzielen. Gegenargumente gibt es genug: wir verlassen uns lieber auf das Bauchgefühl, wir haben keine Zeit, Marktforschung ist zu teuer oder noch besser: Unsere Werbung hat bisher immer funktioniert, warum sollten wir etwas ändern?
Es ist demnach notwendig, einmal zu erläutern, wie das quantitative und qualitative Feedback der Verbraucher zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den kreativen Prozess eingebunden werden kann, damit Werbekonzepte in unserer komplexen Welt eine durchschlagende Wirkung erzielen.
Ein gutes kreatives Konzept ist für den Werbeerfolg unverzichtbar. Es ist zu 75 Prozent für den Kampagnenerfolg verantwortlich und damit wichtiger als der Mediaeinkauf.
Mit einem starken kreativen Konzept lässt sich eine größere Wirkung erzielen als mit einem hohen Medienbudget.

In den sozialen Medien sind gute kreative Ideen ein zusätzlicher Garant für erfolgreiche Mundpropaganda, die häufig wirksamer als andere Medien ist.
Das Ziel des kreativen Prozesses sollte es sein, die bestmögliche Werbung für eine Marke zu entwickeln. Erfahrungsgemäß sind dabei drei wesentliche Grundsätze zu beachten, die noch nicht einmal mit einem höheren Kosten- oder Zeitaufwand verbunden sein müssen.
- Ganzheitliche Planung.
- Frühe Einbeziehung der Verbrauchermeinung zur Optimierung des kreativen Konzepts.
- Überdenken der Handlungsstandards bei der Bewertung des Werbekonzepts.

Eine ganzheitliche Planung ist unerlässlich
Das Rückgrat einer ganzheitlich geplanten Kampagne ist eine starke Strategie oder "Big Idea". Eine starke Strategie muss grundlegende Motivationen wecken, mit denen sich jeder identifizieren kann, nicht nur kleine Gruppe. Darüber hinaus muss eine natürliche Verbindung zur Marke bestehen. Die "Big Idea" sollte unabhängig von Werbemedium und Touchpoint als Fahrplan für den gesamten kreativen Prozess dienen. D.h. eine entscheidende Frage ist, wie ganzheitlich ist die Medienstrategie ausgerichtet?
Aufgrund der zunehmenden Verschmelzung der Medien können die Verbraucher heute selbst entscheiden, wann und wo sie auf Inhalte zugreifen möchten. In diesem Umfeld verliert die Fernsehwerbung nicht an Bedeutung, sondern sie wird sich weiterentwickeln, während andere Medien relevanter werden. Ein höherer Werbeerfolg lässt sich erzielen, wenn kreative Inhalte und Medienpläne in einem Gesamtkonzept entwickelt werden. Wenn von vornherein geklärt ist, welche Medien für die jeweilige Kategorie, Marke und Botschaft am besten funktionieren, lässt sich der kreative Prozess nahtlos umsetzen.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass in bestimmten Kategorien häufig nur sechs bis sieben von über 30 Touchpoints ausreichen, um im Hinblick auf die meisten Leistungskennzahlen eine hohe Werbewirksamkeit zu erzielen.
Nützliche Tipps:
- Es reicht nicht aus, die Werbung an treue Kunden zu richten, weil diese Zielgruppe nicht groß genug ist.
- Werber sollten sich darauf konzentrieren, ein emotionales Verlangen nach der Marke zu wecken.
- Die meisten großen Marken segmentieren nicht, sondern wollen bei allen Verbrauchern dasselbe emotionale Verlangen wecken.
- Touchpoints sind nicht austauschbar; sie können nicht alle demselben Ziel dienen, dieselbe Reichweite haben und dieselbe Zielgruppe erreichen. Richten Sie die Werbebotschaft an den Stärken des jeweiligen Mediums aus.
Der Input der Konsumenten sollte bereits am Anfang des kreativen Prozesses zur Konzeptoptimierung genutzt werden.
"Advertising people who ignore research are as dangerous as generals who ignore decodes of enemy signals."
– DAVID OGILVY
Eine frühe Einbeziehung der Verbrauchermeinung verhilft Kunden zu mehr Effizienz. Sie liefert die nötigen Insights, die man zwischen Grundlagenforschung und finaler Anzeigenentwicklung benötigt und hilft damit, Zeit und Geld zu sparen.
Es ist wichtig herauszufinden, was in Bezug auf die jeweilige Marke bei den Verbrauchern funktioniert und was nicht und die Chance, in verschiedenen Phasen, Erkenntnisse zu gewinnen, sollte nicht ungenutzt bleiben.
Es geht darum, mit dem Verbraucher vertraut zu werden und seine Bedürfnisse sowie sein emotionales Verlangen in Bezug auf die Marke genau zu kennen. Es geht auch darum herauszufinden, welche Informationen mehr emotionale Auslöser bergen, und dann zu wissen, wie eine visuelle Umsetzung möglich ist. Oder welcher Markenbezug mehr Glaubwürdigkeit und Bedeutung birgt, damit sich ein vollständiges Bild ergibt.
Es gibt nichts zu bedauern, wenn man aus Fehlern lernt.
Das Ergebnis könnte ein kreatives Konzept sein, das sich wirklich auszahlt: Denn Agenturen können sich von den ein bis zwei sicheren Ideen lösen und kreativ sein, ohne ein Scheitern zu riskieren. Sie können Ideen und Lösungen wiederholt untersuchen und verbessern, bevor in die Produktion investiert wird. Es ist weitaus einfacher, Konzepte, Storyboards und Animatics zu korrigieren, als fertig gestellte Materialien neu zu schneiden oder zu editieren. Der Prozess sollte trichterförmig ablaufen: am Anfang sollten möglichst viele gute Ideen stehen, damit am Ende einige sehr gute Ideen übrig bleiben. Mit Hilfe der Marktforschung können die besten Ideen schon in einer frühen Phase herausgefiltert werden.
Qualitative Forschung ist nach wie vor ein Muss.
Die qualitative Forschung ist für den kreativen Prozess genauso wichtig wie für die Gewinnung von Erkenntnissen zur Meinung und zu den Bedürfnissen der Verbraucher. Mit diesen Erkenntnissen ist es einfacher, Reize zu analysieren, neue Reize zu schaffen und herausfinden, was funktioniert, was nicht funktioniert und was vielleicht noch fehlt. Zudem kann leicht geklärt werden, welche emotionalen Assoziationen die Verbraucher mit einer bestimmten Marke verbinden. Doch die Erkenntnisse der qualitativen Forschung weisen nur auf die Richtung hin. In Verbindung mit quantitativen Daten kann die qualitative Forschung dazu beitragen, Ideen effizient voranzutreiben. Dieselben Marken, dieselben Werbeagenturen, dasselbe Marktforschungsinstitut, verschiedene Prozesse. Einige unserer Kunden, die vom Nutzen der frühzeitigen Marktforschung überzeugt sind, haben ihre Kommunikationsideen, andere ihre kreativen Strategien und wieder andere ihre Umsetzungsstrategien oder Storyboards und Animatics testen lassen.
Dabei gab es einige Gemeinsamkeiten:
- Alle Partneragenturen waren am Prozess beteiligt, so dass eine vollintegrierte Kommunikation gewährleistet war.
- Es wurden zwar mehr Konzepte als in der Vergangenheit entwickelt, aber nur die ein oder zwei besten Ideen umgesetzt, so dass Produktionskosten eingespart werden konnten.
- Aufgrund der Erkenntnisse der frühzeitigen Forschung gab es zum Zeitpunkt der endgültigen Produktion keine offenen Fragen mehr. Überarbeitungen waren nicht erforderlich.
Unsere Erfahrungen haben gezeigt: Wenn frühzeitig in den kreativen Prozess investiert wird, entfallen später zeitaufwändige Entscheidungsprozesse. Und die umgesetzten Konzepte haben von vornherein mehr Aussichten auf Erfolg.
Wie steht es mit den Handlungsstandards?
Wenn die Handlungsstandards für die Veröffentlichung von Werbung darin bestehen, dass Werbung in Vorabtests durchschnittlich abschneiden muss, dann wird die veröffentlichte Werbung höchstwahrscheinlich eine durchschnittliche Wirkung erzielen. Wie hoch sind dann letztendlich die Opportunitätskosten, wenn mittelmäßige Werbung veröffentlicht wird?
Ein Überdenken des eigenen kreativen Prozesses ist immer wieder sinnvoll: Ist er darauf ausgerichtet, hervorragende kreative Konzepte hervorzubringen, oder könnte er eventuell optimiert werden? Und ist es vielleicht an der Zeit, das Ziel des kreativen Prozesses zu überdenken?
"Never stop testing, and your advertising will never stop improving." – DAVID OGILVY
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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