Wahlforschung Demoskopen unterschätzen CDU und AfD in Hessen

Die Hessenwahl 2023 lief wider Erwarten doch sehr gut für das Ehepaar Rhein. Hier der CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Hessen gemeinsam mit seiner Frau im Wahllokal bei der Stimmabgabe (Bild: picture alliance/dpa | Arne Dedert).
Auch in Hessen wurde am vergangenen Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Und auch hier haben sich verschiedene Meinungsforschungsinstitute an Vorwahlumfragen und Prognosen versucht, um Politiker und die interessierte Öffentlichkeit frühzeitig über das Geschehen rund um den hessischen Landtag in Wiesbaden zu informieren.
Das Ziel solcher Umfragen ist das Einfangen einer Stimmung im Vorfeld der Wahl: Welche Parteien können wahrscheinlich zu legen, welche Parteien werden verlieren?
Aber zwischen der Veröffentlichung einer Vorwahlumfrage und dem Wahltag selbst liegen zumeist einige Tage, in denen Dinge geschehen können, die unentschiedene Wähler kurzfristig beeinflussen können.
Die Umfrage, die am nächsten am Wahltag in Hessen dran war, wurde von der Forschungsgruppe Wahlen erhoben. Die Feldzeit war vom 4.-5. Oktober, also gerade mal drei Tage vor dem Gang an die Wahlurne.
Die Auswirkungen der Briefwahl
Aber längst nicht mehr jeder Wählende geht zum Wahllokal. Laut einer Umfrage von Infratest Dimap im Vorfeld der Wahl sollen in Hessen 37 Prozent der Wähler mittels Briefwahl abgestimmt haben.
In einzelnen Städten wie Frankfurt soll sich die Anzahl der Briefwähler fast verdoppelt haben. Das hat Auswirkungen auf die Arbeit der Wahlforschenden.
Weniger auf die Vorwahlumfragen, da Briefwähler hier in der Stichprobe landen können. Aber Briefwählende können nicht am Wahlausgang im Rahmen eines Exit-Polls befragt werden, da sie am Wahltag nicht im Wahllokal erscheinen. Und die Wahlbriefe selbst werden erst nach Schließung der Wahllokale um 18h ausgezählt.

Die beiden 18 Uhr-Prognosen zur Hessenwahl 2023 im Vergleich. Die Daten wurden den Livetickern, beziehungsweise dem Live-Blog von ARD & ZDF zur Wahl in Hessen entnommen.
Umso erstaunlicher ist es dann, wenn eine 18-Uhr-Prognose den Wahlausgang fast exakt vorhersagt, wie es bei der Hessenwahl der Forschungsgruppe Wahlen gelungen ist. Eine quadrierte Abweichungssumme von 2,88 belegt, wie genau die Vorhersage um 18 Uhr tatsächlich war. Lediglich das Abschneiden der AfD wurde um 1,4 Prozentpunkte unterschätzt.
Zweiter Sieger in Hessen war Infratest Dimap, die ebenfalls über das hohe Abschneiden der AfD gestolpert sind. Durch eine Abweichung von -2,4 Prozentpunkten bei der AfD liegt das Berliner Institut diesmal hinter den Kollegen aus Mannheim.
CDU und AfD zu niedrig, Grüne zu hoch
Deutlich weiter entfernt vom Wahlausgang lagen erwartungsgemäß die Vorwahlumfragen, die im Auftrag von Medienhäuser im Vorfeld der Wahl durchgeführt wurden. Im Unterschied zur Landtagswahl in Bayern, bei denen die Abweichungssummen der Wahlforscher noch unter fünf lagen, liegen die quadrierten Abweichungssummen der vier beteiligten Institute Infratest Dimap, Insa, Civey und Forschungsgruppe Wahlen in Hessen zwischen 21,48 bis 38,38.

Alle Vorwahlumfragen mit Ausnahme derjenigen von Civey wurden hier entnommen: https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/hessen.htm. Die Umfrage von Civey wurde hier entnommen: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/landtagswahl-in-hessen-cdu-in-umfrage-stabil-vorn-spd-sackt-ab-a-2eb23271-0eb6-4db3-b655-b60f687ed168. (Stand jeweils: 11.10.23, 13h) *Für die Berechnung wurde die Partei "Freie Wähler" zu "Sonstige" hinzugerechnet, die in der Summe dann bei 9 Prozent lagen.
In Bayern schwamm Civey noch obenauf, in Hessen bilden sie dagegen mit einer Abweichungssumme von 38,38 das Schlusslicht im Ranking. Civey unterschätzte die AfD um 3,4 Prozentpunkte und die CDU um 3,6 Prozentpunkte. Die Grünen wurden dagegen im Vorfeld bei 18 Prozent gemessen. Das war 3,2 Prozentpunkte zu hoch. Keinen Wert kommunizierte Civey im Vorfeld für die Freien Wähler, weswegen diese bei der Berechnung der Abweichungen den „Sonstigen“ zugeschlagen wurden.
Besser machte es einmal mehr die Forschungsgruppe Wahlen, deren Vorwahl-Stimmungsbild zwar ein ähnliches Abweichungsmuster wie Civey aufweist (CDU und AfD zu niedrig, Grüne zu hoch), aber in Summe mit 21,48 deutlich weniger Abweichungen aufweist. Knapp dahinter landet das Erfurter Institut Insa auf Platz 2. Auf dem dritten Platz findet sich Infratest Dimap, die im Vergleich zu Civey lediglich bei den Grünen etwas näher dran waren.
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