Kolumne von Prof. Dr. Dirk Lippold Fluch und Segen des Smartphone-Booms

Die Fotofunktion des Smartphones ist eine der beliebtesten Anwendungen und verdrängte Digitalkameras fast vollständig vom Markt. (Bild: picture alliance / Pressebildagentur ULMER | ULMER)
Aus der Reihe „Fluch und Segen“ geht es diesmal um das Smartphone, eine der besten Marketing-Innovationen der letzten Jahrzehnte überhaupt. Doch wie so oft hat jede Sache zwei Seiten beziehungsweise wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer. Apple, Samsung und Co. sind ganz offensichtlich die Gewinner. Bei den Herstellern von Mobiltelefonen, Digitalkameras, Navigationssystemen und MP3-Playern sieht es dagegen ganz anders aus.
2007 waren es noch „klobige Knochen“
Vor 15 Jahren stellte Apple mit dem iPhone die Handy-Welt auf den Kopf. Es ist diesem Smartphone zu verdanken, dass es heute selbstverständlich ist, mit einem Handy im Internet zu surfen, Apps herunterzuladen und es über einen Touchscreen zu bedienen. Fast alle Handy-Besitzer benutzten 2007 noch klobige „Knochen“, meist vom damaligen Marktführer Nokia. Mit denen konnte man zwar auch im Internet surfen – aber weitaus mühsamer als mit dem iPhone.
Ein paar „schicke“ Innovationen
Noch dazu brachte der Smartphone-Segen ein paar schicke Innovationen mit: Das neue Gerät besaß nur eine Taste und wurde ansonsten per Fingerzeig gesteuert, zum Beispiel, um Fotos zu verkleinern oder zu vergrößern. Oder dass es merkt, ob es von seinem Besitzer hochkant oder quer gehalten wird, um dann automatisch das Bild auf dem Display auszurichten. Und nicht zuletzt war das iPhone intuitiv bedienbar. Das iPhone wurde zum Megaseller und sorgte dafür, dass Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt avancierte.
Smartphone als Treiber und Vertreiber
Aufgrund seiner Multifunktionalität hat sich das Smartphone zwar einerseits als Treiber für neue Anwendungs- und Wachstumsfelder entwickelt. Auf der anderen Seite – und jetzt kommen wir zum Fluch – vertreibt das Smartphone im Sinne der Substitution Produkte wie digitale Kompaktkameras, Handys, mobile Navigationsgeräte und MP3-Player vom Markt (siehe Grafik). Damit hat das Smartphone in zweifacher Hinsicht eine besondere Rolle als Markttreiber übernommen. Zum einen treibt es dem Markt durch die Vernetzung zu anderen Geräten zu völlig neuen Nutzungsmöglichkeiten an. Zum anderen löscht es Produkte aus, die für sich genommen den Lebenszyklus bei weitem noch nicht überschritten hatten.
Mobiler Alleskönner
Das Smartphone war von Anfang an mehr als nur ein Handy. Videos gucken, Musik hören, Fotos schießen, in einer fremden Stadt navigieren und im Internet surfen. Das alles und noch viel mehr leisten die mobilen Alleskönner. Weniger rosig sieht es dagegen für all die Geräte aus, deren Funktionen das Smartphone in sich vereint. So wurden 2018 laut Home Electronics Marktindex (Hemix) nur noch 506.000 MP3-Player verkauft. Im Erscheinungsjahr des ersten iPhones waren es noch rund acht Millionen.
Seit fünf Jahren Stagnation
Aber noch eines zeigt die Grafik beim genaueren Hinschauen: Insgesamt ist der Absatz von elektronischen Geräten seit 2011 kontinuierlich zurückgegangen. Dies ist naturgemäß zu einem großen Teil darauf zurückzuführen, dass das Smartphone als Alleskönner eine Vielzahl von Funktionen auf sich vereinigt. Und doch ist es bemerkenswert, dass selbst die Absatzzahlen des Alleskönners seit fünf Jahren zumindest stagnieren. Vielleicht es hier so etwas wie eine Sättigung mobiler elektronischer Geräte zu konstatieren.
Weiterführende Literatur:
https://de.statista.com/infografik/1958/die-opfer-des-smartphone-booms/
Und darüber hinaus hier:
D. Lippold: Die Unternehmensberatung. Von der strategischen Konzeption zur praktischen Umsetzung, 4. Auf., Berlin/Boston 2022
D. Lippold: Grundlagen der Unternehmensberatung. Lehrbuch für angehende Consultants, 3. Aufl., Berlin/Boston 2023
Über die Person
Prof. Dr. Dirk Lippold ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er viele Jahre in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung. Auf seinem Blog www.dialog-lippold.de schreibt er über aktuelle betriebswirtschaftliche Themen.
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden