Kolumne von Prof. Dr. Anna Schneider Deepfakes – Der Papst im Daunenmantel und die Relevanz des kritischen Blicks

Warum wir Menschen allzu leicht auf KI-generierte Deepfakes reinfallen, erklärt Prof. Anna Schneider in ihrer neuen Kolumne. Doch wie könnte man die Situation in den Griff bekommen?

Deepfake vom Papst (Bild: erstellt mit einer KI)

Trägt der Papst jetzt hippe weiße Dauenmäntel? Auch wenn es täuschend echt aussieht – es handelt sich um einen Deepfake. (Bild: erstellt mit einer KI)

Der Papst in einem hippen weißen Daunenmantel ging kürzlich viral, ebenso die Verhaftung Trumps, oder aber Merkel und Obama, die sich gemeinsam am Strand vergnügen und unter anderem Sandburgen bauen und Eis essen.

Was haben diese Bilder gemeinsam? Richtig – sie sind fake!

Generiert mithilfe von KI.

Nun mag man mitunter schmunzeln oder sich gar wünschen, einige der aktuell kursierenden Bilder wären keine Erfindung, doch nur lustig ist das nicht. So hat beispielsweise die AfD wieder einmal von sich reden gemacht: Plakatmotive, die mit künstlich generierten Bildern die Angst vor Flüchtlingen schüren sollten, wurden ebenso verbreitet wie solche, die Klimaaktivisten massiv verunglimpfen (Golem.de und Faz.de).

Noch sind derartige gefälschte Bilder vermeintlich gut erkennbar. Zumindest wenn man sich streng an die Regeln hält, mithilfe derer das laut BSI gelingen kann. 

Aber wie lange das mit einigem kognitiven Aufwand seitens der Rezipienten überhaupt noch gelingen kann, ist kaum abzuschätzen. Schließlich werden die technischen Möglichkeiten täglich besser…

Die App reicht und zack spielen wir Hollywood

Nicht nur Bilder, sondern auch Bewegtbild lässt sich mittlerweile ganz einfach mit den passenden Apps Deep-Faken. Dazu benötigt man bloß ein Smartphone und die passende App. Aus der Kleinstadt nach Hollywood? Kein Problem heutzutage.

Das große Problem ist – neben den immer realistischeren Bildern und den einfachen Möglichkeiten, Content zu fälschen – insbesondere, dass unsere kognitiven Kapazitäten schlichtweg begrenzt sind.

Warum? Zum einen sind Menschen grundsätzlich eher darauf ausgelegt, die kognitiven Kapazitäten zu schonen. Gerne werden daher Abkürzungen benutzt, die uns dann vermeintlich kluge Entscheidungen treffen lassen. Im Bestseller des Nobelpreisträgers Kahnemann wird dies ausführlich dargestellt.

Kognitive Kurzschlüsse wie der Confirmation Bias und weitere sind daher eben keine Ausnahme. Wir tendieren dazu, Informationen zu suchen, die bestätigen, was sie ohnehin bereits zu glauben wissen. Und: Selbst wenn wir bemüht wären, sämtliche Informationen rational zu hinterfragen, so kann das aufgrund der schieren Flut an Meldungen kaum gelingen. Die Menge an Bildern und Text, die jeden Tag via Instagram, Newsportalen, TikTok, Youtube und Co. auf uns einprasselt, ist kaum zu bewältigen.

Krieg am Gartenzaun: Kim Kardashian hautnah?

Wenden wir den Blick einmal nach Großbritannien, hier führt eine neue Serie namens Deep Fake Neighbour Wars – auf IMDb übrigens eher mäßig bewertet – zu großen Kontroversen. Neben rechtlichen Fragen danach, ob Kim Kardashian, Mark Zuckerberg oder aber Greta Thunberg und weitere Stars nach Belieben in die Vorstadt versetzt werden dürfen (und sich hier danebenbenehmen) gibt es weitere Aspekte, die es zu bedenken gilt. Denn: Wo künstliche Schauspieler eingesetzt werden, werden echte Schauspieler ihrer Existenzgrundlage beraubt. Dass der Ersatz echter Menschen durch künstliche Figuren keine Utopie mehr ist, zeigen Fälle wie die der Agentur ZMO. Ebendiese „baut“ künstliche Models nach Vorgaben der Auftraggeber, wie T3N berichtet.

Möglicherweise wird es in Zukunft noch Topmodels geben, wenn auch keine menschlichen mehr. Mit der japanischen Sängerin Hatsune Miku, nein, korrekterweise müsste es Pop-Superstar heißen, ist genau das gelungen: Ein künstlich erzeugter Superstar mit unfassbar hoher Bekanntheit und Beliebtheit.  

Ein Ende ist längst nicht in Sicht

Wo führt das also alles hin? Vielleicht bin ich schon „zu alt“, um eine rationale Antwort darauf geben zu können, denn die aktuellen Entwicklungen sind für mich schier überwältigend und offen gesagt gruselig.

Dennoch kann es keine Lösung sein, die damit potenziell verbundenen Auswirkungen auf die Gesellschaft und Demokratie mit einem Schulterzucken abzutun, denn diese sind derzeit nicht absehbar.

Was bleibt also? Die Hoffnung und vor allem das Bemühen, das Umfeld und nachfolgende Generationen dafür zu sensibilisieren, dass die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen und kritisch zu evaluieren, wohl trainiert sein sollte. Sie ist von höchster Bedeutung und bleibt es auch.

PS: Diesen Text habe ich selbst geschrieben, Chat GPT sehe es mir nach ;-).

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Über die Person

Prof. Dr. Anna Schneider ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Trier. Ihr zentrales Forschungsinteresse gilt den Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Sie ist Mitglied in verschiedenen Forschungsverbänden und sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, einem renommierten Think Tank für Kommunikations- und Internetpolitik.

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