Anna Schneider Dark Patterns – Wie Verbraucher Online verführt werden und was das mit unseren Gewohnheiten zu tun hat

(Bild: picture alliance/dpa | Lino Mirgeler)
Neulich Abend, die Sehnsucht nach der Ferne im Gepäck, einmal schnell nach möglichen Urlaubszielen suchen… Schnell durchs Netz gesurft und OHA! Das schnuckelige kleine Hotel ist bereits fast ausgebucht!!! Und es gibt nur heute 20 Prozent Rabatt!!! Nur noch ein Zimmer!!! Besser schnell buchen!!! Schauen sich doch aktuell 16 Personen ähnliche Unterkünfte an!!!
Kennen Sie? Durchschauen Sie? Noch nie drauf reingefallen? Gut so.
Noch ein Beispiel: Nach Möglichkeiten gesucht, wie man eine Rigips-Wand vor dem Tapezieren am besten grundiert. Sieben verschiedene Websites befragt, jedes Mal die Cookie-Settings individuell eingestellt, denn man möchte natürlich nicht zu vielen Drittanbietern ermöglichen, wegen so etwas Trivialem Trackings zu installieren. Und dann, oh Graus: Einen vielversprechenden Artikel gefunden, die Spannung steigt, und dann der Absturz: Diesen Artikel kann man nur lesen, wenn man ein Abonnement abschließt (nur 4,99€ im Monat), oder aber die Trackings akzeptiert. Seufz. Akzeptiert. Und nun? Immer noch nicht schlauer.
Kennen Sie? Durchschauen Sie? Noch nie drauf reingefallen? Respekt!
Und nun – noch ein Beispiel:
In einem schwachen Moment, vielleicht auf der Suche nach dem perfekten Kaffeevollautomaten, einen Newsletter abonniert. Schließlich sollte man dort ja weitere, nützliche Informationen und Rabatte für die Kaffeeliebhabenden zugeschickt bekommen. Allerdings schnell gemerkt, dass man nur einen Kaffeevollautomaten (nicht jede Woche einen neuen) braucht. Also den Newsletter kündigen, denn das Postfach quillt über. „Bist Du Dir sicher, dass Du den Newsletter nicht doch beibehalten möchtest?“ Konzentration! „Fortfahren“ oder doch „Beenden“? Ja, ich mein nein, äh jein? Argh, ich brauche mehr Kaffee!
Kennen Sie? Durchschauen Sie? Noch nie drauf reingefallen? Jetzt bin ich fast geneigt, Ihnen einen auszugeben! Lesen Sie jetzt nicht weiter. Lehnen Sie sich zurück und klopfen Sie sich auf die Schulter!
Click Fatigue – (k)eine neue Volkskrankheit?
Und für alle anderen: Sollten auch Sie dem ein oder anderen Beispiel schon mal begegnet (und erlegen) sein, trösten Sie sich: Sie sind nicht allein! Und wenn auch Sie in schwachen Momenten der sogenannten „Click Fatigue“ erliegen, dann, weil schlaue Designer genau wissen, wie man in Momenten der Unaufmerksamkeit Konsumenten dazu bekommt, ihren Instinkten zu folgen. Also lieber auf das grüne „stimme allem zu“ als auf das rote, oder ausgegraute, „stimme nicht zu“ zu klicken. Und wenn man trotzdem versucht sich zu wehren, aber dann noch 723 Schieberegler erscheinen, die einen am einfachen weitersurfen hindern, dann möchte man das Smartphone (und das Internet gleich mit) gegen die Wand pfeffern.
Dark Patterns – wir sind alle konditioniert
Dark Patterns sind Designs, die Informationen nicht neutral darstellen, oder aber schwer auffindbar machen. Oder aber nach Wikipedia: „Danach handelt es sich um "Designs, die Verhaltensanomalien ausnutzen und den Nutzer so zu einem für ihn nachteiligen Verhalten steuern“ .
Verbraucherschutzorganisationen, aber auch Initiativen wie das Dark Pattern Detection Project (dapde) helfen, über die Methoden der Verführer aufzuklären. Letztere sogar gefördert von Bundesministerien. Und erst kürzlich wurde Klaus Müller (ehemaliger Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband) zum Präsidenten der Bundesnetzagentur berufen. Wird das nun einen neuen Fokus auf Verbraucherschutz bedeuten?
Wieso der aktivere Verbraucherschutz neue Geschäftsmodelle schafft
Doch wieso werden diese Dark Pattern nicht einfach verboten? Eigentlich sollte das „dunkle Treiben“ – zumindest in Teilen - deutlich begrenzt worden sein. Bis dato ist aber hiervon für Verbraucher nicht viel zu spüren. Zu schwierig ist es, in Einzelfällen eindeutig zu entscheiden, wann „Verhaltensunterstützung“ eigentlich „Verhaltensausnutzung“ ist. Auch die Einführung der DGSVO zeigte bereits, dass der Teufel im Detail steckt. Insbesondere kleinere Unternehmen haben nun viel Mühe damit, ihre Angebote DGSVO-konform zu gestalten. Googlen Sie mal! Sie werden staunen, wie viele Anbieter auf dem Markt sind, deren Geschäftsmodell darin besteht, Unternehmen dabei zu unterstützen, die geltenden Regeln einzuhalten.
Und was hilft also nun? Lassen Sie Ihr inneres Gewohnheitstier nicht das Ruder übernehmen. Lesen Sie gern und viel, vor allem das Kleingedruckte. Lassen Sie sich nicht von bunten Buttons verführen und bleiben Sie stark! So. und jetzt einen schönen, heißen Kaffee.
Über die Autorin

Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden