"Da habe ich mich dann auch ein wenig in die Marktforschung verliebt…" - Berufseinstieger berichten

Bastian Stegen (Smart News Fachverlag GmbH)

Von Bastian Stegen, marktforschung.de

Soziologen, Psychologen, Wirtschafts- und Geisteswissenschaftler. Realschüler, Gymnasiasten, Hochschulabsolventen. Auf den ersten Blick wirken diese Personengruppen grundlegen verschieden. Erst auf den Zweiten lässt sich im Rahmen einer spezielleren, näher betrachtenden Herangehensweise eine Gemeinsamkeit feststellen: Sie alle sind irgendwie in irgendeinem Bereich der Marktforschung tätig und für diese als Fachpersonal unverzichtbar.

Der Satz, dass viele Wege nach Rom führen, könnte vermutlich passender nicht sein. Die interne Diversität, die sich offenbart, wenn man einen genaueren Blick in die Mikrosphäre Marktforschung wirft, ist erstaunlich. Das liegt vermutlich zum einen daran, dass der Ausbildungsberuf des Fachangestellten Markt- und Sozialforschung noch keiner ist, der mit einer langen Geschichte aufwarten kann (und somit keiner, der viele Jahre geformt und Bildungswege angeglichen hat) und zum anderen die schiere Vielseitigkeit unseres Berufes, die eher Generalisten, denn sture Spezialisten erfordert.

Wir haben uns daher gefragt, wie und vor allem warum junge Menschen den Weg in die Marktforschung beschreiten. Wie bewerten sie ihre Ausbildung und wie stehen aus ihrer Sicht die Chancen auf eine krisensichere Arbeitsstelle? Im Folgenden möchten wir Ihnen anhand einiger Interviews mit Personen, die erst seit kurzem in der Branche tätig sind, sowie mit MarktforscherInnen, die derzeit noch in der Ausbildung stecken, zeigen, dass es DEN einen Pfad nicht gibt, der in diesem Wirtschaftszweig den Königsweg darstellt. Vielmehr ist es die Summe aller Einflüsse, die das Hybridgebilde erschaffen haben, das die meisten von uns Beruf und einige vielleicht auch Berufung nennen.

Welche Wege führen in die Marktforschung?

Befragt nach den Gründen für eine Ausbildung in Richtung Marktforschung, gaben die InterviewpartnerInnen unterschiedlichste Motivationen an.  Stephanie Beyer, die ihren Bachelor of Science in BW/Markt- und Kommunikationsforschung an der Hochschule Pforzheim absolviert hat, formuliert die eigenen Beweggründe wie folgt: "Ich wusste, dass ich BWL in Pforzheim studieren wollte, jedoch nicht genau mit welchem Schwerpunkt. Marketing hörte sich spannend an, doch dachte ich mir, das studieren schon so viele. Ich wollte etwas Ähnliches und zudem Besonderes und Anderes – und das war für mich die Marktforschung". Marktforschung als Abgrenzung zu einem gewöhnlichen BWL-Studium. Ein heute sicher notwendiges Alleinstellungsmerkmal in einem so weit gefächerten Bereich mit unzähligen Strömungen und Richtungen. Die Nähe zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen und dennoch eine vollkommene Andersartigkeit, die sich jedoch noch immer im Fachkanon der BWL unterbringen lässt, bieten große Chancen und Möglichkeiten. Auch Tobias Merk, ebenfalls ein studierter Marktforscher aus Pforzheim, spricht von Ähnlichem und gibt an: "Ich wollte allerdings nicht einfach 'irgendwas mit BWL' studieren, sondern mich spezialisieren und einen praktischen Bezug haben". Er arbeitet heute, nach seinem Studium, bereits in der Marktforschung, hat also das Gap zwischen wissenschaftlicher Ausbildung und Anwendung des dort gelernten in der Praxis bereits überschritten.

Der bereits beschriebene Praxisbezug und die fehlende konkrete Einordnung in nur ein Fach oder lediglich einen Fachbereich, machen die Marktforschung für viele Menschen ungemein spannend. "Interessant ist dabei, dass man viele Branchen / Marken / Produkte besser kennenlernt, je nachdem, in welchem Bereich man tätig ist", sagte Martina Benz, Bachelor of Science in Markt- und Kommunikationsforschung, die ebenfalls bereits im Berufsleben angekommen und bei einem großen deutschen Institut beschäftigt ist. Sie spricht damit einen interessanten Aspekt der Branche an: die Notwendigkeit, sich immer wieder auf vollkommen neue Situationen einstellen zu können. In der Marktforschung gibt es keinen Stillstand, gelernt wird immer.

Den Reiz an der Marktforschung beschreibt der Pforzheimer Bachelorstudent Johann Hudjetz sehr treffend: "Am Studiengang Marktforschung reizt mich vor allem die tolle Kombination aus BWL, Psychologie und Kommunikation. Marktforschung verbindet die wirtschaftswissenschaftlichen Hintergründe und den Blick in das Denken des Konsumenten".

Wie verläuft der Quereinstieg?

Bereits in der Einleitung dieses Artikels wurde darauf hingewiesen, dass es den einen Königsweg nicht gibt. Es gibt nicht die eine wahre Ausbildung, die Erfolg in der Branche garantiert. Dieses Fehlen eines konkreten Abgrenzungsmerkmals und Bildungsweges kann jedoch auch immer wieder als Chance begriffen werden. So bedingen unterschiedliche Einflüsse unterschiedliche Aspekte und verbessern viele der oft gescholtenen Köche in diesem Falle doch den Brei.

Auch unter unseren Interviewpartnern waren einige, die als Quereinsteiger bezeichnet werden können. Personen also, die vorher bereits eine andere, zumeist fachfremde Ausbildung absolviert haben, nun aber doch auf bestem Wege in die Marktforschung sind. Ein Beispiel ist Franziska Hanek, die zunächst eine Ausbildung als Bürokauffrau absolviert hat und derzeit einen Bachelor in Markt- und Kommunikationsforschung ergänzt. Sie ist durch Recherche auf das Fach aufmerksam geworden und sagt darüber: ""Interessant an diesem Studiengang fand ich eben diesen Mix aus den zwei Forschungsbereichen" (Markt- und Kommunikationsforschung). Oftmals sind nichtlineare Lebensläufe auch die (gerade für Arbeitgeber) interessanteren und daher resümiert sie: "Diese verschiedenen Stufen meines Lebenslaufes habe ich bis heute in keiner Weise bereut. Im Gegenteil. Während des Studiums habe ich bislang so viele Erfahrungen gemacht…Im Beruf der Bürokauffrau wäre ich nicht glücklich geworden".

Auch ein Quereinsteiger ist Daniela Woytewicz, die im 2. Semester Markt- und Medienforschung an der FH Köln im Rahmen eines Master-Studiengangs studiert. Sie hat vorher bereits einen Bachelor als Online-Redakteurin erfolgreich abgeschlossen und auch bereits in diesem Bereich gearbeitet. Durch die freiberufliche Tätigkeit als Journalistin kam sie auch mit der Branche in Berührung: "Die Marktforschung mit ihren statistischen Grundlagen und der Verarbeitung großer und komplexer Datenmengen und deren Interpretation für den Arbeitgeber, hat mir dabei sehr zugesagt". Dass sich anfangs unterschiedliche Herangehensweisen an ein Thema, wie im Falle eines Journalisten und eines Marktforschers, nicht unbedingt ausschließen, sondern auch gegenseitig bedingen können, erläutert Daniela ebenfalls anhand eines selbst erlebten Beispiels: "In meinem Bachelor fand der Bereich Online-Kommunikation und -Forschung in nahezu allen angebotenen Lehrveranstaltungen Beachtung. Besonders hilfreich war dabei die starke Fokussierung auf das Web, die mir nun in vielen Bereichen des Masterprogramms Brücken baut und mir die Möglichkeit gibt, meine Kompetenzen auszuweiten".

Master oder Bachelor?

Im Rahmen des Bologna-Prozesses und der damit verbundenen Hochschulreform wurden aus Diplom-Studiengängen Bachelor- und Masterprogramme. Diese beiden Abschlüsse, die gerade dabei sind, sich in der Branche zu etablieren, werfen natürlich die Frage auf, ob man mit einem Bachelor in den Job starten kann oder, ob ein Master als Äquivalent zum vorherigen Diplom von Nöten ist.

Um eins vorweg zu nehmen: man muss kein Master sein, um in der Marktforschung Fuß fassen zu können. Einige unserer Interviewpartner sind selbst mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss in die Marktforschung gestartet oder sind gerade auf dem Sprung in die Branche. Miriam Ulbrich (B.Sc. in Markt- und Kommunikationsforschung im Sommersemester 2012) antwortet zum Beispiel auf die Frage, warum sie zunächst keinen Master absolvieren möchte: "Ich möchte Marktforschung machen – aktiv und kreativ Insights generieren; Herausforderungen meistern, damit am Ende des Tages Lösungen gefunden werden können". Auch Johann Hudjetz sieht keine absolute Notwendigkeit für einen Master Studiengang: "Ich bin nach Gesprächen mit Professoren und Absolventen davon überzeugt, dass man nach einem intensiven 7-semestrigen Bachelorstudium ähnlich gut wie mit dem Diplom im Beruf durchstarten kann. Sollte ich nach dem Bachelor ein sehr gutes und interessantes Angebot erhalten, würde ich das auf jeden Fall annehmen".

Oder, wie es Tobias Merk, Bachelor of Science und bereits im Job, formuliert: "Meiner Erfahrung nach kommt es in der Marktforschung jedoch vor allem darauf an, was man praktisch kann und wie man Wissen sinnvoll kombiniert. Da ich seit über einem Jahr sowieso überwiegend praktisch geforscht habe, sei es in Studienseminaren, bei SONAR [SONAR e.V., Studentisches Marktforschungsinstitut der Hochschule Pforzheim, der Autor] oder nebenberuflich, und mir die Arbeit Spaß macht, habe ich den Schritt ins Berufsleben gewagt".

Viele Wege führen nach Rom

Mithilfe der Interviews konnte ein interessanter Einblick in die Welt der nächsten Marktforscher-Generation erlangt werden. Wie bereits eingangs erwähnt, zeigt sich, dass es nicht den einen Weg gibt. Auch sind natürlich Prioritäten und Interessen bei jedem Befragten anders gelagert. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Marktforschung noch immer eine Branche ist, in der solides Grundwissen aus unterschiedlichsten Fächern ein Ganzes bildet. Am Ende sind die Ausbildungswege und Herangehensweisen so unterschiedliche, wie die Menschen und Bevölkerungsgruppen selbst, die uns Tag für Tag helfen, im Rahmen von Studien und Untersuchungen, die Wirkung von Produkten und Märkten auf den Konsumenten zu untersuchen und zu verstehen.

 

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  1. Master-Student am 13.05.2013
    Eigentlich ein interessanter Artikel - von der Idee her. Aber sich allein auf Pforzheimer Absolventen (bis auf den Kölner Studenten) zu konzentrieren greift zu kurz. Nicht zuletzt der Einstieg dieses Artikel spricht von einer Vielfalt der Studienrichtungen heutiger Marktforschung...

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