- marktforschung.de
- Marktforschung
- Cyberkriminalität und Industriespionage verursachen Schäden in Milliardenhöhe
Bitkom Cyberkriminalität und Industriespionage verursachen Schäden in Milliardenhöhe

Im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft sind nur 51 Prozent aller Unternehmen von entsprechenden Delikten betroffen. Der Schaden beläuft sich für die deutsche Industrie laut Bitkom auf rund 22,4 Milliarden Euro pro Jahr. Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz ordnet die Situation zum Start der Hannover Messe folgendermaßen ein: "Die deutsche Industrie mit ihren zahlreichen Hidden Champions ist ein attraktives Angriffsziel von Cyberkriminellen und ausländischen Nachrichtendiensten." Laut Umfrage ereigneten sich die kriminellen Vorfälle am häufigsten in der Produktion beziehungsweise Fertigung. Das berichten 36 Prozent der betroffenen Unternehmen. Bei 30 Prozent richteten sich die Angriffe auf die Bereiche Lager und Logistik, bei 29 Prozent auf die IT und bei 23 Prozent auf Forschung und Entwicklung. "Mit der Digitalisierung der Produktion und der Vernetzung von Maschinen über das Internet entstehen neue Angriffsflächen", sagte Holz. "Der Erfolg von Industrie 4.0 steht und fällt mit der Sicherheit der eingesetzten Systeme."
Nach den Ergebnissen der Umfrage sind im Maschinen- und Anlagenbau 70 Prozent der Unternehmen von entsprechenden Delikten betroffen. In den Wirtschaftszweigen Chemie und Pharma sind es 68 Prozent, in der Elektrotechnik 65 Prozent und im Fahrzeugbau 61 Prozent. In der „sonstigen Industrie“ sind im Schnitt 70 Prozent der Unternehmen betroffen. Dabei handelt es sich meist um den Diebstahl von IT- und Kommunikationsgeräten: 32 Prozent der Unternehmen berichten, dass zum Beispiel Smartphones, Computer oder Tablets gestohlen wurden. Bei einem Fünftel (20 Prozent) wurden sensible physische Dokumente, Bauteile oder Muster entwendet. Vom Diebstahl sensibler digitaler Dokumente waren 19 Prozent betroffen. Bei 18 Prozent kam es zu Sabotageakten mit dem Ziel, die betrieblichen Abläufe zu stören oder lahmzulegen. Sabotage könne eine fatale Wirkung entfalten, wenn die Manipulation von Produktionsanlagen zur Herstellung minderwertiger Waren führt. 16 Prozent der betroffenen Unternehmen registrierten Fälle von Social Engineering. Bei dieser Methode geht es darum, Mitarbeiter zu manipulieren, um an Informationen wie Passwörter zu gelangen. Bei immerhin 6 Prozent der Unternehmen wurde die elektronische Kommunikation ausgespäht und bei 5 Prozent sind Besprechungen oder Telefonate abgehört worden.
Wer sind die Täter?
Die Täter sind in den meisten Fällen die eigenen Mitarbeiter: Fast zwei Drittel (65 Prozent) der betroffenen Unternehmen sagen, dass aktuelle oder ehemals Beschäftigte für die Taten verantwortlich waren. Bei einem Drittel der Befragten kamen die Angriffe aus dem unmittelbaren Umfeld von Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern. Wettbewerber waren bei 16 Prozent der Unternehmen für die Taten verantwortlich. Immerhin 14 Prozent erklärten, dass organisierte Banden hinter den Attacken stecken. Ausländische Geheimdienste konnten von 6 Prozent der betroffenen Unternehmen als Täter identifiziert werden.
Für die Aufklärung der Vorfälle ist in 61 Prozent der Unternehmen eine interne Untersuchung eingeleitet worden und 26 Prozent haben externe Spezialisten beauftragt. Nur ein Viertel der betroffenen Unternehmen hat staatliche Stellen eingeschaltet. Davon haben fast alle (96 Prozent) die Polizei informiert, die wenigsten (3 Prozent) den Verfassungsschutz, der bei Fällen von Wirtschaftsspionage oder Sabotage zuständig ist. "Kriminelle Vorfälle sollten den Behörden gemeldet werden", sagte Holz. "Selbst wenn die Ermittlungen zu keinem Ergebnis führen, können sich die Sicherheitsbehörden ein besseres Bild der aktuellen Gefährdungslage machen und Gegenmaßnahmen entwickeln."
Die Umfrage zeigt auch, dass es in vielen Unternehmen Sicherheitsdefizite gibt. Der größte Nachholbedarf besteht aus Sicht des Bitkom beim Personal. Nur ein Viertel (25 Prozent) aller Industriebetriebe bietet seinen Mitarbeitern Schulungen zu Sicherheitsthemen an. Selbst in großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es nur 30 Prozent. Ein Drittel (33 Prozent) führt vor der Besetzung sensibler Positionen so genannte Background-Checks durch, bei denen Informationen über die Bewerber eingeholt werden. 7 Prozent nutzen ein Hinweis-System (Whistle-Blowing-Tool), mit dem verdächtiges Verhalten anonym gemeldet werden kann.
Im Bereich der technischen IT-Sicherheit verfügen alle befragten Unternehmen über Virenscanner, Firewalls und einen Passwort-Schutz für Geräte. Es sind allerdings zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Die Verschlüsselung von Netzwerkverbindungen sollte zum Standard gehören, wird bislang aber nur von 83 Prozent der Unternehmen eingesetzt. Nur 48 Prozent der Industriebetriebe verschlüsseln Daten auf Datenträgern und 46 Prozent ihre elektronische Kommunikation per E-Mail. Laut Umfrage verfügen 35 Prozent über eine Absicherung des internen Netzwerks gegen Datenabfluss von innen und 27 Prozent über spezielle Angriffserkennungssysteme. Diese Systeme analysieren die Datenströme in einer Organisation und melden verdächtige Aktivitäten. Fast jedes dritte (30 Prozent) Unternehmen setzt erweiterte Verfahren zur Benutzeridentifikation ein, zum Beispiel eine Zwei-Faktor-Authentifizierung oder biometrische Merkmale.
Zur Studie:
Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research durchgeführt hat. Dabei wurden 504 Industrieunternehmen ab zehn Mitarbeitern befragt. Die Interviews wurden mit Führungskräften durchgeführt, die für den Schutz ihres Unternehmens verantwortlich sind. Dazu zählen Geschäftsführer sowie Führungskräfte aus den Bereichen Unternehmenssicherheit, IT-Sicherheit oder Risikomanagement. Die Umfrage ist repräsentativ für das produzierende Gewerbe.
dr
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden