Martins Menetekel Corona: Wie geht es weiter?

Wann haben wir die Pandemie hinter uns? Einige sagen nie, andere wie Martin Lindner weisen darauf hin, dass wir sie schon längst besiegt hätten, wenn wir konsequenter in ihrer Bekämpfung gewesen wären. Was hat sich im Verhältnis zu 2020 und 2021 geändert?

Martins Menetekel

Heute möchte ich meine Leserinnen und Leser auffordern, sich ein eigenes Bild der Entwicklung der Pandemie und deren Bekämpfung zu machen. Das erscheint notwendig, da die politische Führung nach meiner Auffassung dem Anspruch der neuen Regierung, alles transparenter und wissenschaftlicher zu machen, nicht gerecht wird.

Ich zeige deshalb heute wichtige Graphiken, entwickelt aus allen Fallzahlen seit März 2020.

Alle Fallzahlen seit meiner Aufzeichnung:

Vergleichen wir die Zeiten:

2020 : Eigentlich lächerlich gering, aber bekämpft mit großem Aufwand

2021 : Nach dem Anstieg ab Spätsommer 2020, verursacht durch den Versuch, mit dem „Lock Down light“ sich durchzumogeln, wurde bis zum November 2021 ein einigermaßen flaches Plateau erreicht, aber dann kam Omikron!

2022 : Ein im Vergleich zu 2020 und 2021 sehr großer Anstieg, verursacht durch die ansteckendere Variante Omikron.

War Omikron aber wirklich so harmlos, womit man die dann folgenden Lockerungen begründete?

Hier die Todesfallzahlen, die ich erst 2021 aufgezeichnet habe:

Eigentlich geben sie es nicht her, dass Omikron so harmlos ist, dafür ist der Anstieg in diesem Jahr zu steil.

Hier die tägliche Zuwachsrate:

Die Todesrate ist immer noch zu hoch!

Kommen wir zu den jetzigen Fallzahlen, hier der erste Lichtblick, die Entwicklung der Anzahl aller Infizierten:

Die Anzahl der akut infizierten hat sich in einem Monat praktisch halbiert, das macht Hoffnung, dass sich die Lage auch des Pflegepersonals entspannt.

Auch die Inzidenzen, die ja schon dramatisch hoch waren, gehen langsam nach unten. Zur Erinnerung, es ist die Kennzahl der Neuinfizierten in einer Woche, heruntergebrochen auf 100.000 Einwohner. In 2020 hieß es, sie müsste unter 70 liegen, damit die Gesundheitsämter die Nachverfolgung sichern können. Hier die Entwicklung seit März:

Man wird sehen, ob und dann wann wir wieder unter 70 kommen.

Johns Hopkins vergleicht in seiner täglichen Anzeigetafel die absoluten Zuwächse aller Länder in 28 Tagen. Ich habe sie für 13 ausgewählte Länder auf die 28-Tages-Inzidenz, wieder auf 100.000 Einwohner, heruntergerechnet und damit vergleichbar gemacht:

Einige Länder haben sich erstaunlich stark verbessert: Dänemark, die Niederlande, Österreich, Schweiz und Portugal, leider sind Frankreich, Deutschland und Italien nach vorne marschiert.

Die absolute Reihenfolge aller Länder führt wieder derzeit Deutschland an, abwechselnd mit Süd-Korea.

Wie sehen die Fallzahlen heute aus, lassen sie eine Fortschreibung zu? Danach sieht es nicht aus:

Die oberen Schranken beider Ansätze, exponentiell rot oder schon nach Wendepunkt limitiert (Verhulst) schwarz, sind von der tatsächlichen Entwicklung überholt worden.

Dazu möchte ich ein Beispiel bringen. Churchill wird nachgesagt, dass man nur seiner eigenen Statistik trauen kann, die man selbst gefälscht hat. Das Fälschen ist bei den Fallzahlen einer Pandemie gar nicht nötig, man suche nur den geeigneten Zeitraum aus, in der man die Kurven approximieren will.

Ich habe es einmal bei der Zuwachsrate der Todesfallzahlen gemacht, weil ich wissen wollte, ob es eine Tendenz nach unten gibt, Anpassungszeitraum ab März:

Die rote Gerade ist die beste lineare Approximation und zeigt steil nach oben. Im März hätte man also auf gar keinen Fall Lockerungen rechtfertigen können.

Nimmt man dagegen den Zeitraum ab April, gehen die täglichen Zuwächse klar zurück. Die Approximationsgerade würde fallen. Soviel nur zu den Manipulationsmöglichkeiten.

Aus diesem Grund ist derzeit eine seriöse Referenzkurve nicht darstellbar!

Fazit: Keiner weiß, wie es weiter gehen wird. Das Virus hat wahrscheinlich noch 20 bis 30 Millionen Kandidaten in seiner Nährlösung, da selbst dreifach Geimpfte sich anstecken können, ich gehöre zu ihnen, und eine überstandene Infektion auch nicht vor einer weiteren Ansteckung schützen muss. Die Virenlast auf der Welt ist so unerhört groß, dass mit neuen Varianten gerechnet werden muss.

Die letzte Grafik, der Reproduktionsfaktor R(t) und der Quotient der täglichen Zuwächse q(t), etwas geglättet:

Derzeit ist q(t) kleiner las 1, sehr gut, aber noch nicht belastbar, auch R(t) lag unter 0,8, zeigt aber wieder leicht nach oben, schlecht.

Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Monaten weitergeht.

Bleibt gesund!

Über Martin Lindner

 

Martin Lindner
Martin Lindner ist promovierter und habilitierter Mathematikprofessor im Ruhestand und beschäftigt sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft und der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensformen. Zusätzlich hat er eine Ausbildung und auch Berufserfahrung in Wirtschaftsmediation.

 

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