Martins Menetekel Corona-Beitrag: Vielleicht doch ein Menetekel?

Die Sommerwelle schreitet voran und gibt erneut Grund zur Besorgnis. In vielen Ländern sieht die Corona-Lage wieder schlechter aus als noch vor rund anderthalb Monaten. Martin Lindner schätzt und ordnet die aktuellen Zahlen ein.

Martins Menetekel

An alle treuen Leser!

In meinen ersten Beiträgen hat mich nur interessiert, ob man die Wertetabellen der Fallzahlen oder deren tägliche Zuwachse durch mathematisch darstellbare Kurven so genau wie möglich annähern kann. Danach ging es mehr darum, mit Referenzkurven deutlich zu machen, ob die Fallzahlenwerte unter oder (schlecht) oberhalb der Referenzkurven liegen oder sie sogar mehr oder weniger steil verlassen.

Seitdem die Beiträge im Internet durch marktforschung.de veröffentlicht werden, firmieren sie ein wenig reißerisch unter „Martins Menetekel“. Aber leider ist etwas dran: Die COVID-Pandemie hat, und tut es immer noch, gezeigt, dass die Gesetze einer Pandemie weiter gelten. Wenn die Populationsdichte zusammen mit genügender Mobilität zu groß wird, haben Seuchen eine Chance. Das galt im Mittelalter für die Pest oder andere Seuchen wie heute für COVID. An der Pest sind in einigen Landstrichen bis zu 90% der Bevölkerung gestorben. Die Todeszahlen von COVID liegen schon weit über 6,3 Millionen Menschen; wenn es so weitergeht, erreichen sie die der Spanischen Grippe 1918/1919.

Aus diesem Grund zeige ich die Fallzahlen seit Beginn meiner Aufzeichnungen. 

Ich kann mir nicht helfen, aber in 2020 war die Welt noch in Ordnung, dann kam Lock-down light und ein Anstieg in 2021, der nichts ist im Vergleich zu 2022.

Wie sehen die Erfolge bei den Todeszellen aus? Nicht wirklich überzeugend!

Weder die Herdenimmunität noch die Impfungen haben sich als Virenstopper bewährt. Der Erfindungsreichtum des Virus ist stärker, und mit immer weiteren Varianten wird es wohl noch lange wüten.

Wie aus der Grafik ersichtlich, war die Sterberate im vorigen Sommer sogar kleiner als sie es heute ist. Portugal und andere Länder zeigen, dass es sich durch sommerliche Temperaturen nicht stoppen lässt.

Kommen wir zu den Daten aus der neuesten Datei ab Ende März 2022.

Es gibt noch keine stabilen Trend.

Die 7-Tages-Inzidenz sieht noch trüber aus:

Die Sterbefälle pro Tag zeigen wieder sehr deutlich, dass eine Näherung durch eine Gerade den Prozess einer Seuche nicht abbilden kann:

Die Referenzkurve, hier eine Gerade, stellt den Verlauf der Wertetabelle auch nicht gut dar. Ein Polynom 2. Grades könnte das Minimum im Juni abbilden, würde dann aber steil nach oben gehen, auch Unsinn. Seit gut einem Monat ist sie stets über 55 Todesfälle pro Tag, sollte aber doch irgendwann wieder fallen.

Die internationale Szene sieht nicht besser aus. Johns Hopkins gibt die Daten für 28 Tage Neuinfektionen pro Land an. Ich rechne sie auf Inzidenzen, bezogen auf 100.00 Einwohner um, damit man die Zahlen vergleichen kann. Wir hatten in den letzten Beiträgen gesehen, dass sich hier die Reihenfolge der Staaten munter abwechseln.

Hier die neuesten Werte, verglichen mit denen vom 16. Mai:

Überall, wo Rot höher als Blau ist, hat sich die Lage verschlechtert! Wenn ich so an Urlaubsländer denke, so fällt mir nur ein einziges Land ein, wenn man die Grafik betrachtet. 

Übrigens, keine Maskenpflicht oder Abstandsregeln und eine mehr als fahrlässige, weil viel zu späte Information durch die Corona-Warn-App werden die Lage auch nicht verbessern.

Prognose: Daumen 'runter!

Bleibt gesund!

Martin Lindner
Martin Lindner ist promovierter und habilitierter Mathematikprofessor im Ruhestand und beschäftigt sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft und der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensformen. Zusätzlich hat er eine Ausbildung und auch Berufserfahrung in Wirtschaftsmediation.

 

Diskutieren Sie mit!     

  1. Soziologe am 06.07.2022
    Spannende Analysen!

    Mich würde interessieren, wie es sich mit den Sterbefällen bei Personen mit Booster verhält.

    Denn wir müssen, auch angesichts Ihrer Ergebnisse, endlich diskutieren, inwieweit wir unsere Gesellschaft weiterhin einschränken wollen, weil ein gewisser Anteil sich (basierend auf längst von der Realität als falsch nachgewiesenen Sorgen) der Schutzmöglichkeit durch Impfung verweigert. Und ob statt Maskenpflicht & Co. nicht vor allem eine massive Kampagne zur Auffrischung der Impfung das sinnvollste Mittel ist?!

    Ansonsten bürden wir der jungen Generation (zusätzlich zu Klimawandel und Kriegsfolgen) aufgrund der wirtschaftlichen Folgen zunehmend eine massive Verschlechterung ihrer zukünftigen Lebensbedingungen auf. Das alleinige Framing der Diskussion auf Corona-Fallzahlen, Virenschutz und (meist alte) Risikopatienten wäre zu kurz gedacht. Ein typisches Problem der Unterrepräsentierung von jungen Menschen in unserem politischen Diskurs.

    Also: Haben wir, immer im Vergleich zu anderen, von uns allen akzeptierten Lebensrisiken (z.B. sterben laut RKI rund 40 Menschen täglich in Deutschland durch Infektion mit sog. 'Krankenhauskeimen'), stand 2022 wirklich noch eine höhere Lebensgefahr durch Corona bei Personen mit Booster? Handeln wir also wirklich kognitiv begründet oder diffus angstgeleitet?

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