Christoph Irmer: "Panels werden sich sicherlich verändern und sich neuen Gegebenheiten und Entwicklungen anpassen müssen"

Christoph Irmer, Geschäftsführer der ODC Services GmbH und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung DGOF

Christoph Irmer, Geschäftsführer der ODC Services GmbH, ist jüngst zum neuen Vorsitzenden der DGOF gewählt worden. Im Interview mit marktforschung.de spricht er über die Anforderungen an den Forscher der Zukunft und das steigende Qualitätsbewußtsein in der Online-Forschung.

marktforschung.de: Herr Irmer, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung DGOF. Was war Ihre erste, spontane Reaktion?

Christoph Irmer: Ganz ehrlich? Überraschung und eine Mischung aus Unsicherheit und Vorfreude. Die Wahl kam für mich ja doch eher unerwartet. Hätte man mich vorab gefragt, dann hätte ich auch fest behauptet, für so ein Amt nicht zur Verfügung zu stehen. Nach einer sehr offenen und wie ich finde konstruktiven Mitgliederversammlung hatte ich dann aber das Gefühl, in und für die DGOF auch noch aktiver werden zu wollen. Dass es dann gleich der Vorstandsvorsitz wird, damit habe ich allerdings nicht gerechnet.

marktforschung.de: Die DGOF hat zahlreiche Aufgaben und Ziele - gibt es besondere Bereiche, denen Sie sich in der kommenden Zeit ganz gezielt widmen möchten?

Christoph Irmer: Ja klar, wobei diese Aufgaben und Ziele im gesamten Vorstand - neben mir sind noch Dr. Monika Taddicken, Dr. Lars Kaczmirek und Dr. Martin Welker im DGOF-Vorstand - gemeinsam angegangen werden müssen und natürlich die Hilfe und Unterstützung unserer Mitglieder benötigen. Die Online-Forschung hat sich seit der Gründung der DGOF 1997 ja sehr stark verändert und sie hat sich im Methodenmix des Marktforschers etabliert. Insofern haben sich eben auch die Aufgaben der DGOF verschoben. Hier gibt es viele Ansatzpunkte, wie wir die DGOF verändern und für unsere (potentiellen) Mitglieder auch künftig interessant halten wollen.

Wir werden zeitnah den Dialog mit unseren Mitgliedern suchen, um sowohl die DGOF als Verein als auch die GOR als wichtige Konferenz für die Online-Forschung in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Da gehört es dann sicherlich zu den Aufgaben des Vorstandes, möglichst viele neue Mitglieder zu gewinnen, die GOR für Sponsoren und Unternehmen noch spannender zu machen und weiterhin den Austausch zwischen wissenschaftlicher Forschung und kommerziellen Marktforschern zu fördern.

marktforschung.de: Was waren Ihrer Meinung nach die innovativsten Entwicklungen, die auf der vergangenen GOR-Konferenz vorgestellt wurden?

Christoph Irmer: Oh, ich denke, es wurde viel Spannendes vorgestellt: Sehr interessant fand ich aus aktuellem Anlass natürlich die Sessions zu Social-Media-Research – hier sind in der Zukunft sicherlich viele neue Forschungstechniken zu erwarten.

Bemerkenswert fand ich aber auch, dass es eine Vielzahl an Beiträgen zu Datenqualität und Teilnahmeverhalten gab. Das zeigt, dass Onlineforscher nicht nur über sinkende Antwortraten lamentieren, sondern sich auch anderen Problemen der (Online-)Forschung stellen: Man darf sich nicht damit zufriedengeben, überhaupt Ergebnisse zu bekommen, wenn sie nicht auch gut und aussagekräftig sind. Dieses wachsende Qualitätsbewusstsein ist eine Entwicklung, die ich sehr erfreulich finde.

marktforschung.de: Welchen besonderen Herausforderungen muss sich aus Ihrer Sicht der Marktforscher der Zukunft stellen?

Christoph Irmer: Zum einen wäre da natürlich das Thema "Social Networks" zu nennen. Facebook und Co. haben natürlich das Potential, die Marktforschung auf lange Sicht zu verändern bzw. um ein ganz neues Feld, nämlich Social-Media-Research, dauerhaft zu erweitern. Andererseits wird es – über alle Erhebungsmethoden hinweg – aber auch sicherlich eine große Aufgabe, die Teilnahmebereitschaft an Marktforschung zu erhalten bzw. zu steigern. Hierzu muß die Akzeptanz von Forschung in der Gesellschaft wieder gesteigert werden, was ja in Deutschland gerade durch die Initiative Marktforschung angestoßen wird. Wir werden aber auch unsere Methoden und Vorgehensweisen überdenken müssen, um Forschung für die Bevölkerung und Befragten künftig auch wieder attraktiv und teilnehmenswert zu machen.

Ach, und auch DIY-Research (Do It Yourself) könnte künftig natürlich eine riesen Herausforderung für etablierte Marktforscher werden. Mit kostenloser Umfragesoftware kann heute jeder sehr schnell und einfach Umfragen "ans Volk" bringen. Inwieweit diese dann methodischen Ansprüchen gerecht werden und/oder Sinn ergeben, dass steht wahrscheinlich nochmal auf einem anderen Blatt.

marktforschung.de: Sie selbst sind ja Geschäftsführer der ODC Services GmbH und damit bei einem Unternehmen tätig, dessen Kerngeschäft der Betrieb von Panels und die Durchführung von Datenerhebung in diesen Panels bzw. Communities ist. Denken Sie, dass es Panels in der heutigen Form auch in 20 Jahren noch geben wird?

Christoph Irmer: Warten Sie, ich werfe mal einen Blick in die Glaskugel… nein, im Ernst: #break# das Vorauszusagen ist wohl ein sehr gewagtes Unterfangen. Panels werden sich sicherlich verändern und sich neuen Gegebenheiten und Entwicklungen anpassen müssen.

Es spricht aber momentan meines Erachtens auch in Zukunft nichts dagegen, Menschen zu fragen, ob man bei Bedarf auf sie zurückkommen darf, um ihnen die ein oder andere Frage zu stellen. Etwas viel anderes ist ein Panel ja nicht. Das dies in Zukunft noch genau so funktioniert wie heute, das darf in Zweifel gezogen werden, aber grundsätzlich ist das Prinzip "Ich will etwas erfahren, deswegen würde ich Dich immer gerne mal fragen dürfen" sicherlich auch in Zukunft noch höchst praktikabel.

marktforschung.de: ODC hat sich im April letzten Jahres als erster deutscher Online-Felddienstleister nach Access Panel Norm ISO 26362 für Online-Panels zertifizieren lassen. Wie fällt Ihre Bilanz fast ein Jahr nach der Zertifizierung aus?

Christoph Irmer: Gut, sehr gut. Zum einen hat uns die Zertifizierung intern dazu gebracht, uns selbst nochmals sehr stark mit den Themen Panel-Management, -Rekrutierung, -Pflege usw. auseinanderzusetzen, zum anderen haben wir hierdurch sicherlich auch an Ansehen und Vertrauenswürdigkeit gewonnen.

Wir haben ja seit Gründung der ODC Services in 2005 immer auf die Punkte Qualität und Zuverlässigkeit gesetzt. Die Zertifizierung nach ISO 26362 zahlt hier mit ein. Für uns war es also der richtige Schritt. Auch die Aufnahme in den ADM Anfang dieses Jahres zeigt mir, dass wir uns hier auf dem richtigen Weg befinden.

marktforschung.de: Insbesondere die DGOF hat seinerzeit – gemeinsam mit dem ADM – in großem Maße an der Einführung der ISO-Norm für Access Panels in Deutschland mitgewirkt. Werden Sie als Vorsitzender das Thema weiter vorantreiben? Welche Aufgaben werden damit verbunden sein?

Christoph Irmer: Hier muß ja zuallererst einmal die tolle Arbeit vieler anderer, vor allem der Herren Hofmann, Mairon, Wiegand und Dr. Mühlbauer hervorgehoben werden, die sich als "deutsche Delegation" maßgeblich für die Entwicklung der Norm und die Durchsetzung der Interessen der dt. Verbände eingesetzt haben. Das Ergebnis kann sich meines Erachtens sehen lassen. Es vereinheitlicht die Standards auf internationaler Ebene und legt einen sehr starken Fokus auf Qualität und Sicherheit – Punkte, die maßgeblich durch den Einsatz der o.g. Delegation mit berücksichtigt wurden.

Momentan sehe ich allerdings keinen akuten Handlungsbedarf: die Norm hat sich etabliert. Es gibt einige Institute die sich zertifizieren ließen und soweit ich informiert bin, stehen demnächst noch weitere Zertifizierungen an. Es ist im deutschen Markt hinlänglich bekannt, dass es diese Möglichkeit gibt und natürlich ist jeder Panelanbieter aufgerufen und eingeladen, die Vorteile der Zertifizierung auch für sich zu nutzen.

marktforschung.de: Herr Irmer, wir bedanken uns für das Gespräch. Viel Erfolg für Ihre neue Tätigkeit bei der DGOF!

 

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