Das Jahr des Feuerhahns China feiert
Von Matthias Fargel
In den zwei Wochen bis zum Laternenfest rechnen die chinesischen Behörden mit 356 Millionen Bahnreisenden, 58 Millionen Flugpassagieren, 42 Millionen Schiffs- und Fährengästen, zuzüglich 2 Milliarden Touren im Auto. Überwiegend zu Familienbesuchen: die freien Tage um das Neujahresfest sind das chinesische Gegenstück zu unseren Weihnachten oder dem Thanksgiving in Amerika. Während des Familienfests im XXL-Format schätzt CNN den Umsatz für Essen, Einkäufe und Reisen auf 100 Milliarden US-Dollar, der jährlich größte Booster für die private Binnennachfrage. Befeuert durch die schöne Sitte der Hung Bao – der roten Umschläge mit Taschengeld. Es ist eine Frage der ehrenden Gesichtswahrung, sich da nicht lumpen zu lassen. Die chinesischen Lohnsteigerungsraten lagen in den vergangenen Jahren zwischen 6 bis 10 Prozent. Was sich in den Hung Bao niederschlägt. Derzeit überreichen Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten jedem Kind in der Familie zwei Täschchen mit 50 bis 200 Renminbi. Mit einem Gegengeschenk in Höhe von 500 bis 2.000 Renminbi verbeugen sich berufstätige Kinder vor ihren Eltern. Beschäftigte dürfen vom Chef zwischen 100 bis 1.000 Renminbi (ca. 12 bis 120 Euro) erwarten. So man dieser Tage in China, Singapur, San Francisco oder Vancouver mit vertrauten Chinesen verkehrt, ist man gut beraten, einen gewissen Vorrat an unterschiedlich bestückten roten Umschläge bei sich zu führen. Um Peinlichkeiten zu vermeiden, so man selbst beschenkt wird oder Kinder von Freunden auftauchen.
Im Einklang mit der chinesischen E-Happiness kann man die Hung Bao zeitgemäß auch über soziale Medien virtuell überreichen. Zum Beispiel via WeChat Payment, einem lokalen Look Alike zu WhatsApp. Womit allerdings auch die kostengünstige Ausrede, man habe sich ja nicht persönlich getroffen, außer Kraft ist. Ähnliches gilt für Glückwunschkarten, die zum Neujahresfest milliardenfach verschickt werden. Grüße auf rotem Grund mit goldfarbenen Schriftzeichen und Glückssymbolen sind ein unverzichtbares Muss der engeren Beziehungspflege (siehe Beitrag zu Guangxi, 26.09.2013) unter Geschäftsfreunden. Besonders respektvoll wirken diese per Post und Papier. Glückwünsche via sozialer Medien sind jedoch ebenfalls akzeptiert, womit das CRM in China intensiv betrieben wird.
Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Apple hat zum Fest eine extra Seite eingerichtet, auf die Künstler ihre Darstellungen von roten Hühnchen und Feuerhähnen hochladen und Kunden diese als Hintergrundbilder runterladen können. Ein aktueller Gag nicht nur unter Auslandschinesen sind Karikaturen von Donald Trump als feist aufgeplusterter Gockel, dessen blonde Toupettolle den Hahnenkamm ersetzt. Etwas geschmackvoller kommt Godiva Chocolate China rüber mit einer limitierten Auflage gefüllter Pralinen in Hühnchenform. Starbucks China serviert Kaffee in roten Tassen in Huhn-Silhouette. Chinas Ikea-Läden bieten vorübergehend mehr rote als gewohnte gelb-blaue Accessoires an. Wie man seinen chinesischen Landsleuten Respekt zollt, beweist unter anderem Vancouvers weißer Oberbürgermeister, Gregor Robertson, der die Neujahreswünsche artig auf Mandarin vorträgt. Eine alternative Möglichkeit, mit Immigranten umzugehen …
So Sie chinesische Geschäftspartner und Freunde haben: Das Zeitfenster für rechtzeitige Glückwünsche steht zwei Wochen um das Neujahresfest offen – es ist noch nicht zu spät. Vielleicht das Beste zum Schluss: Sobald die Feierlichkeiten vorüber sind beginnt die ideale Zeit zum Preisaushandeln in China. Die meisten chinesischen Geschäftsleute legen großen Wert auf einen erfolgreichen Auftakt ins neue Geschäftsjahr: lieber viele Aufträge zu niedrigeren Margen als Absagen zu Jahresbeginn. Gilt vom Souvenirshop bis zum Feldinstitut.
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