Mobile Research vs. klassische Online-Marktforschung Chancen und Herausforderungen

Ansgar Gerling (Panelbiz)

Von Ansgar Gerling, General Manager bei der Panelbiz GmbH

Neben „Social Media“ ist „Mobile“ seit einigen Jahren der Megatrend  im Online-Marketing und Online-Research-Bereich. Internetfähige Endgeräte werden kleiner, leichter und damit mobiler; Features wie (Multi-)Touchscreens, Lokalisierung durch GPS, integrierte Kameras etc. machen neue Interaktionsformen, Geschäftsmodelle und Forschungsmethoden möglich.

Technik-Konvergenz statt Divergenz

Waren zunächst mobile und stationäre internetfähige Endgeräte in Sachen Performance und Interaktivität weit voneinander entfernt - man erinnere die mühsame Hoch/Runter-Navigation durch Menüs und die rudimentäre Darstellung von Online-Inhalten auf Handys des letzten Jahrzehnts - so können Smartphones heutzutage mit der Betriebsleistung und Bildschirmauflösung von Laptops mithalten. Ebenso werden immer mehr Hardware-Nischen geschlossen. Gab es zunächst Mobiltelefone auf der einen, Desktops auf der anderen Seite und Laptops in der Mitte, so entwickelt die Hardware-Industrie zunehmend Formate, die die Lücken zwischen den etablierten Formaten schließen: Convertible-Laptops mit Touchscreens, Tablets, Mini-Tablets, Maxi-Smartphones etc.

Software und Betriebssysteme werden ebenfalls einander angeglichen. Dies wird beispielsweise durch Windows 8 für stationäre und mobile Endgeräte, die Einführung diverser App-Stores auch für konventionelle Betriebssysteme und den Einsatz von Android auf Laptops verdeutlicht. Zudem macht das sogenannte Cloud Computing hochperformante Endgeräte in Bezug auf Speicher und Rechenleistung zunehmend überflüssig.

So hat sich mittlerweile ein Endgeräte-Kontinuum (von stationär zu mobil) entwickelt, das keine trennscharfe Unterscheidung mehr zwischen „Mobile Online“ und  „Klassisch Online“ mehr zulässt.

Chancen und Herausforderungen

Zunächst einmal stellt sich eine Herausforderung für die Online-Marktforscher: War es für die Programmierung und Konzeption von klassischen Online-Fragebögen in der Vergangenheit möglich, von einer  überschaubaren Vielfalt von Browsern, Betriebssystemen, genutzter Hardware und Fragebogennutzungsszenarien auszugehen, so muss inzwischen jeder Marktforscher voraussetzen, dass seine Umfragen in Bussen, als Beifahrer im Auto oder in der Mittagspause am Steh-Imbiss beantwortet werden. Ebenso variabel wie die Nutzungsszenarien wird die genutzte Hardware in Bezug auf das Betriebssystem, den Browser und die Bildschirmauflösung sein. Weder das Nutzungsszenario noch die genutzte Hardware/Software kann sinnvoll vom Marktforscher vorhergesagt oder gar vorgeschrieben werden.

Auf diese Herausforderung muss die Online-Marktforschung ebenso  technisch wie konzeptionell reagieren. Ein technischer Ansatz kann sein, Umfrageinhalte von der Darstellung zu trennen. Diesen Ansatz setzen redaktionelle News- oder Zeitungsportale seit Jahren um. Abhängig vom Endgerät werden dieselben Inhalte, unter Berücksichtigung von beispielsweise Bildschirmauflösungen und Browserprofilen, verschieden dargestellt. Hier hat die Online-Marktforschung technischen Nachholbedarf. Natürlich ist dabei auch zu berücksichtigen, dass es in den Umfrage-Ergebnissen durchaus Unterschiede machen kann, ob einem Nutzer auf einer Bildschirmseite drei Fragen oder aus Platzgründen nur eine Frage dargestellt werden kann. Ebenso muss sich die Marktforschung von liebgewordenen Technologien wie Flash verabschieden, wenn sie nicht eine große Zahl von Nutzern von ihren Umfragen ausschließen will. Diese technischen und konzeptionellen Themen zu lösen, ist Aufgabe der Online-Marktforscher – die Befragungsteilnehmer nehmen in ihrem Nutzungsverhalten verständlicherweise keine Rücksicht.

Neben der beschriebenen Problematik der Nutzung von klassischen Online-Umfragen in mobilen Szenarien bieten die zunehmend mobilen Technologien zahlreiche, vielversprechende Möglichkeiten:

  • Handys ermöglichen schnelle Reaktionszeiten, da das Gerät immer dabei und ständig betriebsbereit ist
  • Umfragen können in den verschiedensten mobilen Nutzungsszenarien beantwortet werden
  • Geolokalisation macht ortsabhängige Umfragen oder auch das Tracken von Bewegungsmustern möglich
  • Scannen von QR Codes vor Ort kann ebenfalls ortsabhängige Umfragen triggern oder Prozesse vereinfachen (z.B. beim Mystery Shopping)
  • Fotografieren von Produktpräsentationen in Geschäften oder Werbung im Stadtbild oder ähnlichem.

Hier werden der methodischen Fantasie der Marktforscher zahlreiche neue Optionen an die Hand gegeben.

Panels und Mobile Research

Natürlich sind auch Panel-Anbieter gefragt, auf die Veränderungen in Technik und Nutzungsverhalten zu reagieren. Panel-Plattformen müssen für das komplette Spektrum an Endgeräten zugänglich sein. Neben der traditionellen Einladung per E-Mail, müssen neue Formen der Einladung zu Umfragen, wie beispielsweise durch Push-Nachrichten, etabliert werden. Auch Veränderungen beim Antwortverhalten müssen beim Sampling berücksichtigt werden: z.B: schnellere Reaktionszeiten bei mobilen Nutzern oder andere Tageszeiten zur Umfragebeantwortung (z.B. die Heimfahrt im Bus). Auch die Profilierung der Panelisten hinsichtlich bevorzugter internetfähiger Endgeräte und Betriebssysteme muss von den Panel-Anbietern verfeinert werden, um passende Stichproben liefern zu können.

Fazit

Wie schon bei der Beschreibung des „Endgeräte-Kontinuums“ festgestellt, ist eine trennscharfe Unterscheidung zwischen klassischer Online-Forschung und mobiler Online-Forschung zunehmend schwierig. Die klassische Online-Marktforschung muss sich der neuen Nutzungsszenarien ihrer Umfragen bewusst werden und die genannten technischen und konzeptionellen Probleme lösen. Durch die zunehmende Mobilität der Endgeräte werden aber spannende neue, methodische Möglichkeiten geschaffen und neue Nutzungsszenarien für die Marktforschung erschlossen.

 

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