BVM Kongress 2014: George Clooney und die Wetterfee

Der "49. Kongress der Deutschen Marktforschung" fand am 19. und 20. Mai 2014 in Berlin statt (Foto: marktforschung.de)
Berlin / Köln (marktforschung.de) – "Das Internet ist schuld!" – dieser Aufhänger aus der Keynote von Internet-Publizist und Autor Tim Cole hätte auch ebenso gut als Aufhänger für den gesamten BVM Kongress 2014, der am 19. und 20. Mai in Berlin stattfand, fungieren können. Unter dem Motto "Konsumenten heute: allzeit und überall vernetzt" beschäftigten sich Vorträge und Keynotes ausführlich und aus unterschiedlichen Perspektiven mit den Implikationen der digitalisierten Welt auf die Marktforschungsbranche.
Die Frage nach der Zukunft der Marktforschung sei so akut wie selten zuvor, hatte ADM-Vorstand und TNS Infratest-Geschäftsführer Hartmut Scheffler bereits in seinen Grußworten zur Kongress-Eröffnung am Montag betont.
Ist daran das Internet schuld?
Ja, wenn es um die Entwicklung neuer Standesregeln beispielsweise für Social Media Forschung geht. Ja, wenn es generell um die Entwicklung neuer Forschungsmethoden geht. Ja, wenn es um das Thema Big Data und die Deutungshoheit daran geht. Ja, wenn es um das Thema Datenschutz geht. Die Reihe ist noch deutlich erweiterbar – allerdings: sie zeigt nicht mehr und nicht weniger als die allseits bekannte Notwendigkeit von Anpassungen in eben diesen Bereichen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen.
Keynote-Speaker Cole hob gleich zu Beginn seines Vortrags hervor, sein gemeinsam mit Web-Experte Ossi Urchs geschriebenes Buch "Digitale Aufklärung: Warum das Internet uns klüger macht", sei genau deshalb entstanden, um mit dieser pauschalkritischen und wenig differenzierten "Schuldzuweisung" aufzuräumen. "Wir werden uns an Transparenz gewöhnen, es führt kein Weg daran vorbei", so Cole. Er zeichnete unter anderem das Bild der "digitalen Tante Emma": wenn das Wissen um Verhaltensmuster und Vorlieben von Konsumenten das Leben einfacher macht, kann Big Data als Bereicherung verstanden werden. Kritische Anklänge fanden sich in Coles Vortrag zum Thema Politik und deren Umgang mit Verantwortlichkeit und Kontrolle. Wichtig sei "digitale Diskretion" – eine Brücke zur Keynote von Hochschulprofessor Dr. Alexander Filipovic, der in seinem Vortrag "Ehtik, Freiheit und Verantwortung in einer global vernetzten Welt" schon zuvor betont hatte, die globale Vernetzung fordere die Gesellschaft moralisch heraus.
Ethik, Moral, Verantwortung – Schlagworte, die über marktforscherische Methodikfragen weit hinausgehen, sie aber gleichzeitig tangieren. Dazu noch Relevanz, Repräsentativität, Deutungshoheit und nicht zuletzt das wichtige Thema Rechtssicherheit – ausführlich besprochen in einer eigenen Session unter der Moderation vom BVM-Vorstandsvorsitzenden Dr. Frank Knapp am zweiten Kongresstag – lassen erahnen, dass die Aussage Hartmut Schefflers aus seiner Eröffnungsrede nicht so ganz falsch sein kann. Nicht nur der vernetzte Konsument fordert die Branche heraus, sondern der vernetzte Mensch an sich. "Das Internet spaltet die Gesellschaft", so die Keynote von Prof. Dr. Norbert Bolz (TU Berlin) am zweiten Kongresstag. "Was das Internet mit uns macht" ergründete schließlich Web-Ikone Sascha Lobo in seiner Keynote.
Nun, was macht es? Diese Frage konnte der BVM Kongress 2014 unmöglich beantworten. Aber er konnte wichtige Impulse und Denkanstöße liefern für eine Branche, die sich genau dieser Frage stellen muss.
Und was hat das alles mit dem Schauspieler George Clooney zu tun? Natürlich gar nichts, aber: Dass d.core-Geschäftsführer Wolfgang Dittrich, auf der Gala am Abend des ersten Kongresstages als "Marktforscherpersönlichkeit des Jahres" ausgezeichnet, seit einigen Jahren der Ruf als "George Clooney der deutschen Marktforschung" vorauseilt, hatte sich sogar bis zur Moderatorin und ARD-"Wetterfee" Claudia Kleinert rumgesprochen, die den Gewinner dann auch bei der Preisverleihung entsprechend ankündigte.
Bei aller Ernsthaftigkeit und Tragweite der auf dem BVM Kongress diskutierten Fragen: etwas Glamour und Selbstironie können ja auch in Zukunft nicht schaden.
cl
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