Jana Grüger, TH Köln Briefing – Schlüsselstelle im Marktforschungsprozess

Von Jana Grüger
Nicht jedes Marktforschungsprojekt verläuft so, wie Auftraggeber und Auftragnehmer es sich vorgestellt haben. Überschrittene Deadlines, mangelhafte Stichprobenqualität oder oberflächliche Erkenntnisse sind nur ein paar der Punkte, die am Ende eines Projekts für Unmut zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sorgen können. Die Gründe für derartige Probleme liegen allerdings oft bereits in den Anfängen des Projektes: dem Briefing.
Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen im Briefingprozess für Marktforschungsprojekte erlebt werden, und wie Auftraggeber und Auftragnehmer den Briefingprozess verbessern können, war Gegenstand einer Masterarbeit im Studiengang Markt- und Medienforschung an der TH Köln. In einer Online-Befragung wurden Institutsmarktforscher, betriebliche Marktforscher und Marketer zu ihren Erfahrungen und Empfehlungen für das Marktforschungsbriefing befragt.
1. Nicht finale, vage oder fehlende Informationen als schwerwiegendes Problem für Auftragnehmer
Die Ergebnisse der Umfrage lassen darauf schließen, dass Probleme im Briefingprozess besonders häufig auf der Ebene der Inhalte und Informationen entstehen. So erleben über die Hälfte der Befragten nicht finale Informationen vage / fehlende Informationen als problematisch (siehe Abbildung 1).
Vergleicht man hier die Aussagen von Auftraggebern mit denen von Auftragnehmern, wird deutlich, dass Auftragnehmer vage bzw. fehlende Informationen wesentlich häufiger problematisch erleben als Auftraggeber. Auch nicht finale Informationen werden von Auftragnehmern stärker als Problem wahrgenommen als von Auftraggebern.

Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in den Antworten auf die Frage nach dem Umfang der im ersten Briefing übermittelten Informationen wieder: Auftraggeber schätzten diese deutlich umfassender ein als Auftragnehmer. Daher liegt der Schluss nahe, dass Auftraggebern in vielen Fällen nicht bewusst ist, wie umfangreich die Informationen tatsächlich sein müssen, damit (potentielle) Auftragnehmer damit zielgerichtet arbeiten können.
Informationen, die häufig zu vage gehalten werden oder gänzlich fehlen, sind laut Aussage der Befragten Erkenntnisziele, Unterfragestellungen oder Hypothesen, der Verwendungszweck der Ergebnisse und Angaben zur Zielgruppe. Während sich Letztere oft im direkten Gespräch konkretisieren lässt und die Expertise der auftragnehmenden Partei hier die Abstimmung beschleunigt, bereiten vage oder fehlende Erkenntnisziele und Verwendungszwecke deutlich größere Schwierigkeiten im Briefingprozess. Zum einen fehlt (externen) Auftragnehmern hier die Möglichkeit, in eigener Recherche die fehlenden Informationen zu beschaffen. Zum anderen sind an der Festlegung dieser Punkte auf Auftraggeberseite oft mehrere Abteilungen und Stakeholder beteiligt, was die interne Abstimmung verkompliziert.
Nach einer Möglichkeit zur Vorbeugung dieser Problematik gefragt, raten die Befragten, vor Beginn des Briefingprozesses mehr Zeit und Aufwand in die Abstimmung mit allen Stakeholdern auf Auftraggeber-Seite zu investieren. Denn gerade Zielformulierung und Verwendungszweck sollten von Anfang an feststehen und möglichst konkret sein, um den Briefingempfängern die Bewertung des Vorhabens und die Planung eines passenden Studiendesigns zu ermöglichen.
2. Unrealistische Zeitvorstellungen und mangelnde Branchenkenntnis erschweren den Briefingprozess
Ein weiterer Bestandteil der Befragung hatte die Fachkenntnis und Expertise des Projektpartners zum Gegenstand. Hier werden von Auftragnehmern vor allem unrealistische Zeitvorstellungen der Auftraggeber negativ erlebt (siehe Abbildung 2). Ein Grund dafür ist laut Aussage einiger Befragter ein teilweise mangelndes Qualitätsbewusstsein auf Auftraggeberseite, indem sie jedoch durch Anbieter günstiger, schnell umsetzbarer Leistungspakete bestärkt werden. Dies erschwert die Abstimmung über Zeitbudgets zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

Auftraggeber hingegen bemängeln zu geringes Fachwissen oder Erfahrung in Bezug auf die betreffende Branche oder den betreffenden Markt auf Auftragnehmer-Seite (siehe Abbildung 3). Kritisch gesehen werden auch Auftragnehmer bzw. Briefingempfänger, die die Aufgabe und das geplante Vorgehen nicht ausreichend weiterdenken und insgesamt wenig Kreativität und Innovativität zeigen.

Die Forderung an die Briefingempfänger ist hier, Angebote genau auf die individuellen Anforderungen des Briefingsenders anzupassen und die eigene Marktforschungsexpertise stärker einzubringen. Die Empfehlung der Auftragnehmer-Seite, insbesondere der Institutsmarktforscher, lautet, eigenständig zum Unternehmen, der Branche und dem betreffenden Service oder Produkt des Auftraggebers zu recherchieren, um sich einen umfassenden und unvoreingenommenen Eindruck von der Aufgabe verschaffen zu können. Darüber hinaus raten einige Auftragnehmer, das geforderte Angebot grundsätzlich um ein "Zusatzschmankerl" zu erweitern - etwas, mit dem der Auftraggeber nicht gerechnet hat, oder was ihm noch nicht bekannt ist. Auf diese Weise zeigen Briefingempfänger Engagement und Expertise.
3. Erfolg im Briefing durch klare Ziele und intensiven Austausch
Im Alltag von Marktforschern und ihren Kunden wirken zahlreiche Faktoren auf den Verlauf eines Projektes ein. Allerdings gibt es einige Maßnahmen, die Auftraggeber und Auftragnehmer ergreifen können, um schon während des Briefingprozesses die Weichen für ein erfolgreiches Marktforschungsprojekt zu stellen.
Die offenen Abfragen zu diesem Thema ergeben, dass Auftraggeber erst dann (potentielle) Auftragnehmer briefen sollten, wenn die Zielsetzung der Studie klar definiert ist und thematische Schwerpunkte gesetzt wurden. Ein Auftragnehmer sagte zum Beispiel: "Je detaillierter das Briefing im Vorfeld und je klarer die Aufgabenstellung und die Erwartung an die Aufgabe bzw. das Ergebnis, desto einfacher ist es, das gewünschte Ergebnis zu erreichen und den Briefingempfänger zu steuern bzw. Unklarheiten und Differenzen vorzubeugen oder gar nicht erst auftauchen zu lassen."
Um dies zu erreichen, ist auch hier besonders die interne Abstimmung mit allen Stakeholdern vorab notwendig. Auftraggeber wie Auftragnehmer raten außerdem, schon frühzeitig im Briefingprozess mündlichen Kontakt zum Projektpartner aufzubauen und auch bei kleineren Unklarheiten das Gespräch zu suchen. So kann nicht nur Missverständnissen und Fehlern vorgebeugt, sondern auch Engagement und Interesse am Projekt kommuniziert werden.
Auftragnehmern wird geraten, viele Rückfragen zum Vorhaben zu stellen, das Vorhaben kritisch zu hinterfragen, und so aktiv auf ein gemeinsames Verständnis zentraler Aspekte hinzuarbeiten. Damit ist ein umfassendes und klares Briefing von Seiten des Auftraggebers zwar wünschenswert; letztendlich wird die Verantwortung dafür, alle notwendigen Informationen zu beschaffen, jedoch beim Auftragnehmer gesehen.
Methodische Informationen
Ziel der Studie war die nähere Beschreibung des Briefingprozesses für Marktforschungsprojekte, mit besonderem Fokus auf Schwierigkeiten und Herausforderungen aus Auftraggeber- und Auftragnehmer-Perspektive. Dazu wurde zunächst eine qualitative Vorstudie mit insgesamt 8 Personen aus Marketing, betrieblicher Marktforschung und Institutsmarktforschung durchgeführt. Auf Basis der Ergebnisse wurden eine Onlineumfrage konzipiert und Datensätze von insgesamt 131 Personen generiert, darunter 48 Institutsmarktforscher, 75 betriebliche Marktforscher und 8 Marketer. Die Teilnehmer wurden entweder in ihrer Rolle aus Auftraggeber (n=58) oder als Auftragnehmer (n=73) befragt.
Hinweis zur Repräsentativität:
Für diese Studie konnten keine repräsentativen Fallzahlen generiert werden. Des Weiteren wurden als Auftraggeber der Marktforschung hauptsächlich betriebliche Marktforscher befragt. Die Studie kann damit keinen Anspruch auf statistische Repräsentativität erheben, die Ergebnisse sind lediglich als Tendenzaussagen zu werten.
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