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Joachim Scholz vs. Hermann Binkert Braucht es mehr öffentlich ausgetragene Debatten in der Marktforschung?

Joachim Scholz, infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH
Marktforschung muss offen sein

Ob schlampig erhoben wurde, mit einer fragwürdigen Stichprobe, sonderbaren Fragestellungen und eigenartigen Analysen oder mit einer wissenschaftlich anerkannten Stichprobenziehung, sorgfältig formulierten Fragen und sachkundigen Auswertungen, verraten die Studienergebnisse erstmal nicht.
Wissenschaftskommunikation als Vorbild
Deshalb sollten Markt- und Sozialforscher die Öffentlichkeit suchen und proaktiv ihr Vorgehen kommunizieren. Auch, um ihr oft kostspielige Leistung zu legitimieren. Und die akademische Welt bietet hier bewährte Herangehensweisen: Da werden Arbeiten, z.B. Promotionen gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit "verteidigt". Es gibt "Streit"-schriften. Es werden Thesen widerlegt. Forschungsarbeiten müssen, um anerkannt zu werden, strenge Prüfungen bestehen (Peer Review). Dieser taffe Stil mag manche irritieren, manche wünschten sich hier einfache, unumstößliche Wahrheiten. Und doch trägt diese Transparenz, die sich auch nicht auf ein Fachpublikum beschränkt, zu einer stabilen und dauerhaften Anerkennung bei und sicher das Vertrauen in sie. Und darauf wird die Markt- und Sozialforschung nicht verzichten können, schon gar nicht angesichts herausfordernder digitaler Innovationen.
Hermann Binkert, INSA-CONSULERE GmbH
Öffentliches Vertrauen in die Meinungsforschung stärken

Zweifelsohne sind dies wichtige Schritte. Für weitreichende Transparenz ist jedoch etwas Weiteres von herausragender Bedeutung: Öffentlichkeit, genauer: Debatten in der Öffentlichkeit.
Vertrauen der Öffentlichkeit in unabhängige Forschung ist zentral
Wir sind angewiesen darauf, dass uns geglaubt wird. Niemand will Umfragen in Auftrag geben, wenn der grundsätzliche Vorwurf im Raum stünde, dass die Ergebnisse nicht die Wirklichkeit spiegelten, nicht der Wahrheit entsprächen. Wir wären über kurz oder lang nicht mehr überlebensfähig.
Dies beginnt schon damit, dass sich immer weniger an unseren Umfragen beteiligten. Wir bemühen uns in unserer alltäglichen Arbeit, um eine gute Kommunikation mit der Bevölkerung, um und indem wir ihre Haltungen und Ansichten erfragen. Bei der Vielzahl an Möglichkeiten, dies zu tun, ist uns allen bewusst, dass wir dabei auch auf Skepsis stoßen.
Öffentliche Debatten um Arbeitsmethoden sind gesund
Wir können uns aber auch nicht den Zweifeln, den Vorwürfen und der Kritik entziehen und sagen: Wir wissen es besser, vertraut uns doch! Nur ein einziges Negativbeispiel löst Misstrauen in unsere Arbeit aus, dem wir aktiv entgegenwirken müssen. Es geht dabei nicht ohne große Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit.
Deshalb ist gut, wenn wir offen darüber diskutieren, welche Methoden die besten Ergebnisse erzielen und wie wir ein möglichst repräsentatives Bild der Bevölkerung erreichen. So wie sich die Gesellschaft verändert, müssen wir auch unsere Methoden weitentwickeln.
Gehen wir nicht transparent mit unseren Konzepten um, mit denen wir diese Anpassungen vornehmen, füttern wir die Skepsis.
Der Kontakt mit der Öffentlichkeit sollte sich nicht auf das Befragen beschränken
Wir sollten die Menschen dazu einladen, uns nicht nur Daten für unsere Projekte zu liefern, sondern sie auch dafür interessieren, wie wir die Methodik weiter verbessern können. In Umfragen suchen wir nach Informationen, die wir nicht besitzen. Warum kann dasselbe Prinzip nicht auch für die Art und Weise gelten, wie wir unsere Arbeit verrichten? Sprechen wir darüber nur unter Kollegen, bleibt das Feld geschlossen, nur Insider haben Zugriff. Gute Impulse können aber auch mal von "außen" kommen. Die Öffentlichkeit sollte nicht nur über Fallzahlen, Fragestellungen und Methodik informiert werden, sondern auch von den Debatten innerhalb der Marktforschung erfahren. Die Art und Weise der Debatte muss dann allerdings auch wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechen und mit Anstand geführt werden.
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cb
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