"Böse" Medien brechen alle Rekorde – warum Breaking Bad die beste TV-Serie aller Zeiten ist

Dr. Daniel Salber

Dr. Daniel Salber

Von Dr. Daniel Salber

Jetzt ist es amtlich: das "Guiness Buch der Rekorde" erklärt die Serie "Breaking Bad" zur beliebtesten Fernsehserie aller Zeiten. Die Zuschauerzahlen schießen in die Höhe – im August verdoppelte der Sender AMC seine Zuschauerzahlen gegenüber 2012 auf 5,9 Millionen, ein vielfach größeres Publikum verfolgt die Serie seit 2008 weltweit im Netz. Bisher holte sie sieben Emmys, fünf Satellite Awards und diverse andere Preise.

Im Fernsehen geht wieder was! Leider hat das deutsche Fernsehen gepennt, ein paar Folgen liefen mit kümmerlichen Quoten auf Arte.
Doch lassen wir mal die Frage außen vor, warum Deutschlands Sender den Kopf in den Sand stecken. Fragen wir lieber: Woher der überraschende und überragende Erfolg der US-Serie?

These 1: Breaking Bad trifft den Nerv der Zeit. Vor allem jüngere Generationen haben es satt, sich einer Gesellschaft zu fügen, die mit Reichtum und Freiheit winkt, aber nur prekäre Lebensverhältnisse und Sklaverei bietet. Der "Deal" stimmt nicht mehr: man muss der Kultur heute mehr opfern, als sie einem gibt. Deswegen gehen die Zuschauer begeistert mit Walter White, dem Helden der Serie, über moralische und zivile Grenzen. Kann man legal keine Millionen machen, dann muss man sie eben illegal machen, das ist Krise und Lösung zugleich.
 
These 2: Breaking Bad macht frei. Die Serie feiert den Ausbruch aus der erstickenden Enge von Correctness, Reinheits- und Gesundheits-Zwängen. Walters Metamorphose vom biederen Weichei zum harten Drogen-Boss ist für Viele eine Wunscherfüllung. Endlich ein Mann sein dürfen, endlich Schluss mit Mamis Verboten und den ganzen heuchlerischen Familienpflichten. Lebe wild und frei – insofern wiederholt Breaking Bad den alten US-Mythos vom "Frontier", der über die Grenzen geht und neues Land erobert. Der Wechsel zwischen Wohnzimmer und Wildnis bestimmt die Bildwelt jeder Episode.

These 3: Breaking Bad ist Therapie. Die Serie verwickelt die Zuschauer in eine dramatische Spirale, in der sie schrittweise immer weiter über ihre eigenen Grenzen gehen, mit allen Freuden und Ängsten. Dabei kommen die abgespaltenen Schattenseiten des Alltags in Umsatz, das "Schmutzige" und "Dunkle", ähnlich wie das in Träumen oder Psychotherapie geschieht. Im eigenen "Schatten" aber liegen die größten Kräfte eines Menschen. Um eine entschiedene Gestalt zu entwickeln, muss man Tabus verletzen und kann nicht von Allen geliebt werden. Der ‚Aufbruch ins Böse’ ist eine Ermutigung zur Entschiedenheit, eine nötige Entwicklungs-Hilfe in einer Zeit, da alle so furchtbar lieb zu einander sind (auch gut für Führungs-Seminare brauchbar).

These 4: Breaking Bad ist Kunst. Ja, Sie lesen richtig: Kunst. Nicht allein, weil Story, Dramaturgie, Schauspieler, Montage, Kameraführung usw. perfekt und teilweise neuartig arbeiten. Sondern weil in 62 Episoden ein realistischer Spiegel der westlichen Kultur im Ganzen aufgeführt wird – ähnlich wie das "Krieg und Frieden" oder "Vom Winde verweht" für frühere Zeiten schafften. Kunst ist nicht das unverständliche Abstrakte, was in Galerien und auf Bank-Etagen zu bewundern ist – Kunst ist Realismus, und es ist äußerst bezeichnend, dass sie heute eher in den „bösen“ Medien stattfindet als im "lieben" Theater, in Zeitung oder Museum.

Müssen auch Markt- und Medienforscher gelegentlich "böse" sein? Oder müssen sie jeden Quatsch durchwinken? Es immer allen recht machen? Fernsehen kann auch zum Nachdenken anregen...

Besessenheiten machen Menschen frei, Besessenheiten können sie aber auch versklaven und zerstören. Breaking Bad spielt dieses Paradox konsequent bis zum Schluss durch. Daher gehen alle lehrerhaften Deutungen fehl ("seht ihr, was passiert, wenn ihr..."), und daher hat die Serie ihren Platz im Olymp des Guiness Buches wirklich verdient.

 

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