Interview mit Andreas Knappstein und Matthias D´Adda von Bilendi Bilendi gründet Niederlassung in der Schweiz

Andreas Knappstein und Matthias D`Adda von Bilendi berichten im Interview mit marktforschung.de über die Eröffnung der Schweizer Niederlassung durch die Tochtergesellschaft „Bilendi Schweiz AG“. Sie sprechen über die Entscheidung in die Schweiz zu expandieren, was die Schweizer Marktforscher besser machen und wie das laufende Wirtschaftsjahr für Bilendi insgesamt gelaufen ist.

Die Bildendi GmbH gründet eine neue Tochtergesellschaft mit Sitz in Zürich, die Bilendi Schweiz AG. Die Schweiz stellt mit einem Umsatz von 149 Millionen Euro im Jahr 2019 den zehntgrößten europäischen Markt für Marktforschung, Tendenz steigend. 

Bislang wurden Schweizer Kunden aus dem deutschen Büro von Bilendi mitbetreut. Jetzt wagt Bilendi den Schritt und gründet eine Niederlassung in Zürich. Neu an Bord ist Matthias D'Adda, der von der GfK kommt, und als Client Development Director den Aufbau des Geschäfts in der Schweiz vorantreiben wird.

Was ist der Hintergrund, warum sich Bilendi in die Schweiz wagt?

Andreas Knappstein: Unser Schweizer Panel ist seit jeher ein sehr starkes Panel. So haben wir in den letzten Jahren unseren Kundenstamm in der Schweiz stetig vergrößern können. Bilendi steht für eine regionale Nähe zu den Kunden in den Europäischen Märkten. Wir sind mittlerweile an einem Punkt, an dem unser Kundenstamm in der Schweiz so gewachsen ist, dass es kein großes Wagnis mehr darstellt, eine Dependance zu eröffnen. Es wäre eher ein Wagnis, es nicht zu tun.

Der Schweizer Marktforschungsmarkt ist vergleichsweise umkämpft. Es gibt bereits etliche Panels. Was macht Euch zuversichtlich, dass Ihr erfolgreich sein werdet?

Andreas Knappstein: Es ist ja kein Sprung ins kalte Wasser. Wir kennen den Markt und dessen Teilnehmer mittlerweile recht gut, sind Mitglied im Verband, haben eine gesunde Kundenstruktur und klare Strategie. Es hat sich nicht viel geändert, außer dass wir ab sofort noch mehr Kundennähe und Verständnis des Marktes erzeugen können. Daher bin ich sehr froh, dass wir Matthias für dieses Vorhaben gewinnen konnten.

Matthias D´Adda: Bilendi hat mich sofort überzeugen können. Wir haben ein klares und einzigartiges Wertversprechen, das uns helfen wird, auch weitere Schweizer Kunden zu gewinnen. Wir bieten zwar digitale Produkte und Services an, aber die persönliche Beratung vor Ort - wenn es dann wieder möglich sein wird - insbesondere in der Phase der Projektplanung und -anbahnung ist doch nicht zu unterschätzen und entspricht auch dem was ich während meiner früheren Stationen bei Kantar und GfK gemacht habe.

Wie geht Ihr bei der Rekrutierung vor? Wie positioniert Ihr Euch z.B. im Vergleich zum LINK Internet-Panel, dem Intervista-Panel, die seit vielen Jahren in der Schweiz etabliert sind?

Andreas Knappstein: Die initiale Rekrutierung ist ein wichtiger Baustein für ein erfolgreiches Panel. Dazu wirst Du mir hier aber keine Betriebsgeheimnisse entlocken können. Viel wichtiger noch als die Rekrutierung ist aber die Panel-Experience, die darüber entscheidet, ob ein Teilnehmer Mitglied im Panel bleibt oder schon nach einer Umfrage die Segel streicht. Hier spielen mitunter ein sauberes Panel-Management, ein guter Teilnehmer-Support, die Qualität der Umfragen und eine faire Incentivierung - die bei uns übrigens deutlich über dem marktüblichen Niveau liegt - eine große Rolle.

Matthias D´Adda: Was unsere Positionierung angeht, da haben wir aus meiner Sicht ein großes Merkmal, welches uns von allen anderen Anbietern vor Ort differenziert. Und das ist schlicht die Tatsache, dass wir ein unabhängiger Panel-Anbieter sind. Wir gehören zu keinem Marktforschungsinstitut oder bieten klassische Institutsleistungen an, sondern konzentrieren uns auf den Part der digitalen Datenerhebung. Das sollte uns per se für alle Marktforschungsinstitute als Dienstleister attraktiv machen. Das ist bis dato ein lupenreiner USP im Schweizer Markt.

Darüber hinaus befinden wir uns global in Zeiten von "do more with less", d.h. das durchschnittliche Budget für Marktforschung sinkt oder stagniert tendenziell. Auf der anderen Seite soll mehr inhouse umgesetzt werden, um die Agilität in den Unternehmen zu steigern. Hier passen wir gut rein, da wir als verlängerter Datenerhebungsarm auch immer attraktiver für die Kunden werden, die lediglich das Online Feld auslagern möchten.

Ein weiterer Vorteil ist, dass wir unseren Schweizer Kunden in Zeiten der Globalisierung auch Stichproben von 11 weiteren Bilendi-Panels liefern können. Neben DE und AT sowie den vier nordischen Ländern sind das noch UK, Frankreich, Belgien, Italien und Spanien.

Was unterscheidet aus Eurer Sicht den eidgenössischen Markt von anderen Märkten, in denen Ihr bereits aktiv seid?

Matthias D´Adda: Die Schweiz ist ein sehr interessanter Markt. Vor dem Hintergrund einer historisch konservativen Kultur beobachten wir die zunehmende Durchdringung eines kosmopolitischen und digitalen Lebensstils, der rasche Veränderungen bewirkt. Dies bietet unglaubliche Möglichkeiten für Unternehmen, macht aber auch deutlich, dass Erfolg vom Verständnis der vielen Besonderheiten der Schweiz abhängt. Und das wollen wir noch mehr schaffen mit unserer Präsenz in Zürich. Als gebürtiger Schweizer freue ich mich daher auf die kommende gemeinsame Zeit mit den Eidgenossen.

Was das Panel angeht, so ist das allein schon ganz anders, da in der Schweiz 4 Sprachen gesprochen werden. Drei davon bilden wir in unserem Panel ab (Deutsch, Französisch, Italienisch).

Andreas Knappstein: Apropos Veränderung, wo sich andere Länder definitiv etwas abschauen können, ist, wie eng die Marktteilnehmer auch in schwierigen Zeiten z.B. im Rahmen der Verbandsarbeit zusammenrücken und -arbeiten.

Beispiellos finde ich z.B. mit welchem Werbedruck es dem Schweizer Verband möglich ist, landesweit eine gemeinsame Image-Kampagne für die Marktforschung zu lancieren.

Das funktioniert natürlich nur, wenn auch die entsprechenden Unternehmensmarktforscher eingebunden sind, die Zugang zur benötigten Reichweite bei den Medienunternehmen haben. Der Schweizer Verband SWISS INSIGHTS ist übrigens auch meines Wissens der erste Marktforschungsverband, der sich selbst reformiert hat, um sich grundlegend für das Thema Data Science/Analytics zu öffnen.

Wie lief das Jahr insgesamt für Bilendi? Die Online-Access-Panelanbieter scheinen ja ehr von der Corona-Krise profitiert zu haben.

Andreas Knappstein: Wir werden in der Tat sehr gut durch das Jahr kommen. Kurzarbeit war zum Glück kein Thema bei uns. Das wäre schlichtweg zu keinem Zeitpunkt legitim gewesen.

Im Gegenteil, wir steuern auf ein tolles Jahresergebnis zu und haben auch in Deutschland einige neue Stellen schaffen müssen.

Ich kann nicht sagen, ob es ohne die Pandemie besser oder schlechter gelaufen wäre, da auch die letzten Jahre richtig gut waren. Was ich weiß, dass wir offensichtlich sehr gut aufgestellt waren, als alles los ging. Unser Kundenstamm ist sehr groß, loyal und über alle Branchen differenziert. Unsere internen Strukturen haben uns sicher auch geholfen.

Und was das Team angeht, da muss man ein großes Lob aussprechen. Von Beginn der Pandemie an haben wir intern einen verstärkten "Family First"-Gedanken kommuniziert, will heißen, der Job ist wichtig, aber es gibt wichtigere Dinge im Leben. Denn jeder hat sein Päckchen zu tragen in diesen Zeiten. Wir wollten unter keinen Umständen, dass die Firma Grund dafür liefert, dass es einem noch schlechter geht als vielleicht ohnehin schon. Und das Team hat es voll zurückgezahlt mit einer hohen Produktivität und Flexibilität. Für mich ist das etwas, an dem wir sicherlich auch nach der Pandemie festhalten werden.

Wie läuft Eure Kooperation, die Ihr im August mit Foerster & Thelen Teststudios gestartet habt?

Andreas Knappstein: Die Situation der Teststudios zeichnete ja ein katastrophales Bild. Der bei Euch veröffentlichte Hilferuf stellte ein Novum dar und machte auch mich sehr nachdenklich. Als dann Tim Thelen bei mir anrief, war ich sofort bereit, etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen. Durch unsere Kooperation ist etwas Neues entstanden, was einen echten Mehrwert bietet. Ein Experte für qualitative Felddienstleitungen wie F&T kann nun für ganz Deutschland und Europa regionale Repräsentativität durch Online-Teilnehmer anbieten und muss sich nicht zwingend auf den Datenpool der Studiostandorte verlassen.

Veränderung passiert und im besten Fall gestalten wir sie mit. Einiges wird nach der Pandemie im Online-Bereich bleiben, was vorher im Studio stattfand. Es wird aber auch vieles in die Studios zurückkehren, vor allem Fokusgruppen. Und das ist auch gut und wichtig für die Erhaltung der Methoden-Vielfalt unserer Branche.

Zu den Personen:

Andreas Knappstein ist Leiter DACH bei Bilendi. Er ist seit 2005 in verschiedenen Positionen in der Marktforschungsbranche tätig. Als Head of Key Account Management arbeitete er mehrere Jahre bei der QuestBack GmbH (ehemals Globalpark) und war Geschäftsführer Sales bei der Liveloop GmbH.

Matthias D'Adda war zuvor in Unternehmen wie dem Europanel und der GfK tätig, die digitale Dienstleistungen und Technologien in der Marktforschungsbranche anbieten. Er ist jetzt als Client Development Director verantwortlich für die Entwicklung der Präsenz von Bilendi in der Schweiz.

 

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