Maximilian Ponert, Peter Gremse, OmniQuest Auswertung von Online-Mappingstudien

Die Platzierung eines Produkts in einem Geschäft kann ausschlaggebend für den jeweiligen Verkaufserfolg des Produkts sein. Mapping-Studien liefern Daten über die Wahrnehmung von Marken und Produkten im Markt. Maximilian Ponert und Peter Gremse von OmniQuest erklären in diesem Artikel, wie man Online-Mappingstudien nutzen und auswerten kann.

Eine optimale Platzierung einzelner Marken und Produktgruppen im Handel ist nicht nur absatzfördernd, sondern erhöht über ein positives Einkaufserlebnis auch die Kundenbindung. Die Aufteilung der Warengruppen auf die Ladenfläche und die Positionierung der Produkte in den Regalen sind somit von entscheidender Bedeutung für den Verkaufserfolg. Dies gilt insbesondere für den Lebensmitteleinzelhandel, bei dem auf sehr begrenzter Fläche eine vergleichsweise große Anzahl verschiedener Produkte angeboten wird.

Wichtige Erkenntnisse zur Wahrnehmung von Marken

Insbesondere Mappingstudien liefern wichtige Erkenntnisse zur Wahrnehmung von Marken sowie zur Strukturierung von Produktgruppen. Bei dem von OmniQuest entwickelten mobile-freundlichen Online-Mapping können per Drag & Drop Produktbilder aus einem Karussell in unterschiedliche Gruppen bewegt werden. Durch Ziehen der Produktbilder unterhalb der jeweils letzten Gruppe lassen sich nacheinander beliebig viele neue Gruppen bilden und die Produktbilder darauf verteilen. Im Anschluss an die Gruppierung haben die Teilnehmenden die Aufgabe, die gebildeten Gruppen mit einem passenden Gruppentitel zu versehen sowie ihnen Eigenschaften und Konsumsituationen zuzuordnen.

Der Grundgedanke der nachfolgend vorgestellten Auswertung der Daten des Online-Mappings ist, auf ausschließlich mathematischer Basis die Zusammenhänge der Produkte zu visualisieren, ohne theoretische Vorüberlegungen über die Produkte und deren Strukturierung zu benötigen oder zu verwenden. Im Ergebnis zeigt diese Auswertung in einer anschaulichen grafischen Aufbereitung die empirische Gesamtstruktur der untersuchten Produkte in einem Koordinatensystem.

Grafische Anordnung der Produkte und Produktcluster im Koordinatensystem (Bild: OmniQuest)

Produkte oder auch Marken, die darin räumlich besonders nah abgebildet sind, werden im Mapping von den Teilnehmenden oft zusammen gruppiert. Besonders eng zusammenstehende Gruppen von Produkten werden zu Clustern zusammengefasst und diese entsprechend grafisch kenntlich gemacht. Auch eine Unterscheidung zwischen Produkten, die einzigartiger gruppiert werden gegenüber solchen, die universell in vielen oder größeren Gruppen eingeordnet werden, lässt sich mit dieser Auswertung visualisieren.

Online-Mapping mit symbolhaften Darstellungen (Bild: OmniQuest)

Wie funktioniert die Auswertung des Online-Mapping?

Zur Verdeutlichung der einzelnen Schritte des Auswertungsverfahrens verwenden wir einen Datensatz mit realen Befragungsdaten, der eigens zu diesem Zweck erstellt wurde. Erhoben haben wir diese Daten mit einem Online-Mapping, bei dem nicht konkrete Produktabbildungen, sondern symbolhafte Darstellungen verwendet wurden.

Dieses Online-Mapping umfasst insgesamt 18 Elemente, die von den Teilnehmenden strukturiert und gruppiert werden sollten. In der Praxis durchgeführte Online-Mappingstudien können auch die doppelte oder dreifache Menge an Produkten bzw. Marken einer oder mehrerer Warengruppen beinhalten. Im Befragungszeitraum nahmen insgesamt 34 Personen an dieser Befragung teil.

Den Ausgangspunkt der Auswertung bildet der Datensatz, in dem jedes Produkt auf Gruppenebene binär kodiert ist. Die Produkte stehen in den Spalten des Datensatzes, jedes Produkt wird von jeder befragten Person einer Gruppe zugeordnet. Unabhängig davon, wie viele Gruppen die Person tatsächlich gebildet hat, werden im Datensatz alle Gruppen jeder Person in den Zeilen dargestellt.

Zuerst sortieren wir den Datensatz anhand der Anzahl der Produkte in jeder Gruppe. Dann entfernen wir alle Gruppen, die leer gelassen wurden oder mehr Produkte als die "durchschnittliche" Gruppe – in diesem Beispiel 7,7 bzw. aufgerundet 8,0 – enthalten. Mit dieser Bereinigung der Daten stellen wir sicher, dass unspezifische Sortierungen in große Gruppen von der weiteren Auswertung ausgeschlossen werden. Dadurch lassen sich die Entfernungen und Beziehungen zwischen den Produkten differenzierter darstellen und ein gewisses Hintergrundrauschen im Sinne unspezifischer Gruppierungen reduzieren.

Nach dieser Bereinigung setzen wir die weitere Auswertung mit insgesamt 56 Gruppen fort, Abbildung 3 zeigt eine sortierte Übersicht der verbleibenden Gruppen:

Gruppenübersicht nach Bereinigung und Sortierung (Bild: OmniQuest)

Berechnung von Gewichten

Im nächsten Schritt berechnen wir für jedes der Produkte, mit wie vielen anderen Produkten es im Durchschnitt einer Gruppe zugeordnet wird. Auf Basis dessen vergeben wir für jedes Produkt ein Gewicht mit einem Wert zwischen 0,1 und 1,0. Dieser Wert repräsentiert die Relation der jeweiligen produktspezifischen durchschnittlichen Gruppengröße im Verhältnis zu dem Intervall zwischen der kleinsten und größten Durchschnittsgruppengröße aller einzelnen Produkte. Der Wert des Gewichts ist demnach größer, je kleiner die individuelle mittlere Gruppengröße des Produktes ausfällt. Entsprechend kann man zwischen eher einzigartig gruppierten Produkten mit einer stärkeren Gewichtung und eher versatil gruppierten Produkten mit einer schwächeren Gewichtung differenzieren.

Die Werte des bereinigten Datensatzes multiplizieren wir mit den entsprechenden Gewichten. Die daraus resultierende Hochhausmatrix mit ihren gewichteten Werten summieren wir zeilenweise. Dabei berücksichtigen wir, wenn ein weiteres Produkt mit dem Diagonalelement der Zeile genannt wird, dieses ebenfalls. Auf diese Weise entsteht eine quadratische Matrix mit den Produkten in den Spalten und den Zeilen.

Normierung der Matrix

Diese Matrix formen wir im nächsten Schritt in eine diagonal symmetrische Matrix um und normieren sie in einem dritten Schritt spaltenweise. Auf diese Weise liegen alle Werte in einem Zahlenbereich zwischen Null und Eins. Je kleiner der Wert einer Zelle ausfällt, desto häufiger werden die Produkte der jeweiligen Zeile und der jeweiligen Spalte zusammen gruppiert. Die zuvor durchgeführte Gewichtung führt außerdem dazu, dass sowohl eine häufige gemeinsame Einordnung in kleinere Gruppen, als auch die Seltenheit bestimmter Verbindungen eine besondere Bedeutung erhalten. Zur Visualisierung werden die normierten Werte entsprechend ihrer zur Spalte relativen Größe farblich unterlegt.

Matrix mit normierten Werten (Bild: OmniQuest)

Danach blenden wir alle Werte oberhalb eines vorab definierten Cut-off Werts, hier 0,4, aus. Die verbliebenen Werte in der Matrix markieren die Produktpaare, die besonders oft zusammen gruppiert werden und in relevanter Weise in einem Zusammenhang stehen. Mittels eines Baumsuchalgorithmus (tree traversal) analysieren wir die Verbindungen und fassen diejenigen Produkte, die in einem besonders engen Zusammenhang zueinanderstehen, in Cluster zusammen. Im vorliegenden Beispiel resultiert dies in insgesamt drei Cluster:

Ergebnis der Clusterbildung (links, Mitte) und Bildung der übergeordneten
Clusterelemente (rechts) (Bild: OmniQuest)

Die gewichteten und normierten Werte aller einem Cluster zugeordneten Produkte summieren wir auf und berechnen einen Durchschnitt. Auf diese Weise fassen wir diese Produkte zu einem übergeordneten Clusterelement zusammen, welches den jeweiligen Mittelpunkt des Clusters bildet.

Positionierung der Elemente im Diagramm

Für den Aufbau des Diagramms mit der Produktstruktur ordnen wir zunächst per Triangulation die Clustermittelpunkte im Koordinatensystem entsprechend ihrer Entfernungen zueinander an. Als nächstes positionieren wir alle Produkte der jeweiligen Cluster entsprechend der Entfernungen und der Stärke der Verbindungen zueinander und zum Clustermittelpunkt stimmig. In weiteren Modellanpassungen berücksichtigen wir bei dieser Positionierung auch die Entfernung zu den Produkten der anderen Cluster sowie den Mittelpunkten der anderen Cluster. Dieses rekursive Verfahren ist erst abgeschlossen, wenn die Positionierung aller Produkte und Cluster zueinander passend ist.

Erst danach ergänzen wir die ursprünglichen im Online-Mapping verwendeten Abbildungen bzw. Grafiken der Produkte im Koordinatensystem . Alle vorausgegangenen Schritte der Auswertung führen wir ausschließlich auf Basis der Zahlen ohne Kenntnis der jeweiligen Produkte aus. Durch diesen datenbasierten Ansatz der Auswertung erhalten wir ein von inhaltlichen Vorüberlegungen unbeeinflusstes und replizierbares Ergebnis.

Aufbau der Anordnung der Produkte und Produktcluster im Koordinatensystem (Bild: OmniQuest)

Mapping am Beispiel von Gemüsesorten

Wie in der Grafik zu sehen ist, ist das Resultat des Beispiel-Mappings eine Struktur mit insgesamt drei Clustern. Eines der Cluster beinhaltet alle Obstabbildungen und ein weiteres Cluster alle Abbildungen von Gemüse. Beide Cluster überlappen sich, Avocado, Aubergine und Chili werden tendenziell beiden Clustern zugeordnet, da sie, ebenso wie alle anderen Produkte des Obstclusters, auch an Bäumen bzw. Sträuchern wachsen. Die Produkte des Gemüseclusters wachsen hingegen in der Mehrheit in der Erde. Das dritte Cluster mit Abbildungen von Fleisch steht etwas außerhalb. Die Chili, vermutlich aufgrund ihrer Farbe oder Würzeigenschaft, wird ebenfalls dem Fleischcluster zugeordnet und bildet eine Überlappung aller Cluster. Die Karotte, oftmals alleine oder indifferent gruppiert, erhält aufgrund dessen eine etwas entferntere Sonderstellung. Auch die Gewürzgurke steht nachvollziehbar ein wenig außerhalb, befindet sich allerdings noch im Cluster der Gemüse. Traube und Blaubeere, genauso wie Salat, Erbsen und Spargel stehen in großer Nähe zueinander und bilden kleine Subcluster aufgrund der häufigeren gemeinsamen Gruppierung im Mapping.

Die Auswertung dieses Beispiel-Mappings macht deutlich, dass sich bereits mit vergleichsweise wenigen TeilnehmerInnen und lediglich symbolhaften Abbildungen valide Daten und hinreichend sinnvoll interpretierbare Ergebnisse erzeugen lassen. Die im Koordinatensystem abgebildete Produktstruktur zeigt nicht nur die a priori erwartbaren übergeordneten Cluster, sondern beinhaltet, durch die spezifische räumliche Anordnung der einzelnen Produkte, weitere darüber hinausgehende Informationen über ihre Beziehungen zueinander. Dieses Beispiel vermittelt lediglich einen ersten Einblick, in der Praxisanwendung lassen sich aus den Ergebnissen eine Vielzahl weiterer Erkenntnisse über die Wahrnehmung und Strukturierung von Produkten, Marken und Produktgruppen gewinnen.

Das Online-Mapping als vielseitiges und vergleichsweise kostengünstiges Verfahren wird mit dieser anschaulichen Aufbereitung der empirischen Produktstruktur und den daraus folgenden Schlussfolgerungen vervollständigt und bildet so ein wertvolles Instrument zur praxisnahen Optimierung von Ladengestaltung und Produktpräsentation im Handel.

Über die Autoren

Maximilian Ponet, OmniQuest (Bild: OmniQuest)
Neben dem Bereich „Online-Mapping“ betreut Dipl.-Psych. Maximilian Ponert bei OmniQuest Tools und Themen rund um die Online-Marktforschung. Maximilian Ponert ist außerdem unter anderem zuständig für bevölkerungsrepräsentative Forschungsansätze und Zufriedenheitsstudien. 

 

Peter Gremse, OmniQuest (Bild: OmniQuest)
Neben dem Bereich „Online-Mapping“ betreut Dipl.-Math. Peter Gremse bei OmniQuest Tools und Themen rund um die Online-Marktforschung. Peter Gremse ist bei OmniQuest Experte für multivariate Auswertungen und Analyseverfahren.

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