Was die Marktforschungsbranche jetzt braucht Auf in den Kampf – Was der Branche aktuell Mut machen sollte

Wie wird die Marktforschungsbranche die Coronakrise überstehen? Was kann der Branche in der jetzigen Situation Mut machen? Und was bedeutet die gemeinsame Erklärung der Branchenverbände wirklich? Gedanken zur Lage von marktforschung.de.

von Holger Geißler

"Ein Ende der Corona-Krise ist vorerst nicht abzusehen, und auch wenn die Auswirkungen auf die Wirtschaft derzeit noch unklar sind – sie werden massiv sein. Dies gilt für alle Wirtschaftsbereiche und die gesamte Gesellschaft. Es wird eine große Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erforderlich sein, um die Auswirkungen der Corona-Krise zumindest abfedern zu können."

Diese Präambel, entnommen aus der gemeinsamen Erklärung von ADM, BVM und DGOF, könnte aktuell über so ziemlich jedem Text stehen. Die nächsten Wochen – vielleicht sogar Monate – werden hart, wenn man nicht gerade Hersteller von Klopapier, Impfstoffen, Webkonferenz-Software oder Schutzmasken ist. Dass die Marktforschungsbranche dabei keine Ausnahme sein wird, ist spätestens seit der Erhebung unseres Stimmungsbild offensichtlich geworden. Was kann der Branche dennoch Mut machen?

Die Marktforschungsbranche wird gebraucht

Der Ruf nach repräsentativen Zahlen wird angesichts der oftmals diffusen Datenlage in der Coronakrise unüberhörbar lauter. Immer öfter wird nach hochrechenbaren Zahlen verlangt, die aber keiner aktuell liefern kann, auch nicht das RKI. Aber, wenn jemand in der Lage wäre repräsentative Daten zu liefern, dann Marktforscher. Das unterstreicht die Notwendigkeit von Projekten, wie sie derzeit vom ADM geplant werden. Die Branche muss eine Antwort darauf finden, die funktioniert, auch wenn ein Modus – in der Coronakrise sind das aufgrund der Notwendigkeit des persönlichen Kontakts Face-to-face-Interviews – nicht zur Verfügung steht.

Die Marktforschungsbranche wird gehört

Immerhin zwei Markt- und Meinungsforscher sind von Armin Laschet, dem Ministerpräsidenten von NRW, in den zwölfköpfigen "Expertenrat Corona" berufen worden. Dieser Rat soll über Strategien für die Zeit nach der Krise beraten. Das ist eine Auszeichnung für die Branche. Auch wenn sich manch ein Branchenvertreter verwundert die Augen reiben mag, warum die Wahl gerade auf Stephan Grünewald vom Rheingold Institut und Prof. Dr. Renate Köcher von IfD Allensbach von vergleichsweise kleinen Instituten - und nicht auf einen Vertreter der Branchengrößen - gefallen ist, so sei allen Kritikern gesagt: Die Wahl hätte durchaus schlimmer ausfallen können. Was bleibt: Die Zukunft des größten deutschen Bundesland wird immerhin zu 1/6 von Marktforschern mitdiskutiert.

Die Marktforschungsbranche lebt

Als wir in der Redaktion von marktforschung.de Mitte Februar entschieden, eine eigene Themenseite für Studien zum Thema "Corona" anzulegen, da haben wir nicht damit gerechnet, dass nur 30 Arbeitstage später über 55 Beiträge darunter gesammelt werden. Das sind pro Arbeitstag fast zwei Beiträge. Der überwiegende Großteil davon sind Nachrichten zu Studien, die Marktforschungsinstitute, wie z.B. Appinio, Aposcope, concept m, Dynata, Eye Square, GIM, Innofact, Interrogare, Ipsos, Kantar, Link, MSR, Neuro Flash, Norstat, Omniquest, POSpulse, Psyma oder YouGov zumeist in Eigenregie durchgeführt haben. Dabei ist fast jeder relevante Aspekt zur Wahrnehmung des Corona-Virus in der deutschen und weltweiten Bevölkerung beleuchtet worden. Wer von Seiten Politik, Medien und Gesellschaft auf der Suche nach Bevölkerungs-Insights über COVID-19 war, dem wurde ein Füllhorn entgegengehalten. Eingesetzt wurden neben klassischen quantitativen Meinungsumfragen – vor allem über Online-Panels – auch einige neue und innovative Ansätze, wie z.B. das Mobilitäts-Monitoring der GIM oder die Studie von Neuro Flash, die Überschriften und Bilder von geteilten Social-Media-Inhalten analysiert hat. Dieses Engagement, diese Methodenvielfalt und Qualität vieler Orten ist beachtlich und macht Mut.

Einer für alle – Alle für Einen

Mut, den die Branche dringend brauchen kann. Auch ohne Coronakrise blickte die Branche bereits in ein schwieriges Jahr. Obgleich Daten und Zahlen immer stärker gebraucht und erhoben werden, so kämpft die Branche in den letzten Jahren zunehmend um ihre Bedeutung. An die Marktforschung angrenzende Disziplinen, wie UX, CX oder Data Analytics schneiden immer größere Stücke vom Kuchen ab. Entscheidende Fronten wie die Repräsentativitätsfrage sind noch immer ungeklärt.

Schön, dass immerhin die drei Verbände ADM, BVM und DGOF sich in der Krise ihre Zuneigung einander versichert haben und gemeinsam in den Krieg gegen den Bedeutungsverlust der Branche ziehen wollen. Ganz so liest es sich zwar nicht in der gemeinsamen Erklärung, aber gut unterrichtete Kreise berichten, dass der Schlusssatz "ADM, BVM und DGOF sorgen gemeinsam dafür, dass Marktforschung auch in Zukunft die ihr angemessene Rolle in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik spielt." eigentlich "Einer für alle – Alle für Einen" lauten sollte.

 

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