Auf die Möglichkeit hin, dass wir eines Tages aufwachen und über alles lachen, könnten wir eigentlich schon jetzt damit beginnen

Oliver W. Schwarzmann, Zukunftsforscher und Publizist

Oliver W. Schwarzmann, Zukunftsforscher und Publizist

Von Oliver W. Schwarzmann

Geht es Ihnen genauso?
Ich habe keine Lust mehr auf Krise. Und ich habe keine Lust mehr auf schlechte Schlagzeilen. Bei dem allem, was momentan so passiert, muss man sich nicht mehr wundern. Aber man darf. Besser gesagt: Man soll. Ich möchte mich nur noch wundern - im positiven Sinne. Denn Wunder sind selten geworden. Wahrscheinlich, weil wir nicht mehr an sie glauben. Anscheinend ist nur noch wahr, was wir nicht wahrhaben wollen.
Wir sind am meisten von den Situationen überrascht, die wir haben kommen sehen. Denn es kommt nicht anders, als man denkt. Sondern es kommt anders, wenn man denkt.
Auch Krisen kommen nicht über Nacht. Und sie sind nicht anders, also keine Überraschung; Krisen beschleunigen lediglich längst überfällige Veränderungsprozesse. Und dass dabei einiges fällt, ist natürlich, weil es Raum für Neues schafft. Aber Neues wollen wir nicht, der Wind ist uns zu frisch, zu rau, zu stürmisch. Deshalb gibt es Rettungsschirme, mit denen wir uns vor den Wellen zu schützen suchen und uns trockenlegen wollen. Fluten wollen wir selbst – mit immer mehr Geld, mit immer mehr Schulden, aber ohne neue Ideen. Staubtrocken ist das. Nicht unter dem Schirm, denn die Nässe kommt nicht von oben, sondern von hinten. Von Hintergedanken, Misstrauen und Absichten. Schirme helfen nichts, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Wir müssen neu schwimmen lernen.
Gegen die Strömung.
Oder Brücken bauen.

Visionen, Vertrauen, Mut und Engagement sind die Bausteine für die Brücken in die Zukunft. Dieser Ambition würde auch das Kapital folgen, doch wir ziehen den Druck vor. Gerade den von Geld. Doch das Schuldenproblem können wir nicht mit neuen Schulden lösen. Das sind dann nur noch mehr Schulden, die schuld sind, wenn man auch in Zukunft kein Geld hat. Nur neues, sinnvolles Wachstum führt zu neuem, sinnvollem Geld. Ich habe noch keinen Kredit gesehen, der echtes Wachstum erzeugt hätte – außer seinem eigenen.
Eine Schuldenkrise ist immer die Folge einer Wachstumskrise, die auf einer Innovationskrise basiert, welche wiederum aus einer Kreativitäts- und Denkkrise hervorgeht. Krisen beginnen also bei der Einstellung. Die sollte grundsätzlich auf die aktive Gestaltung der Zukunft gerichtet sein, nur Zukunftsfähigkeit sichert Zahlungsfähigkeit. Es hilft also nichts, mangelnde Zahlungsfähigkeit mit immer neuen Schulden künstlich erhalten zu wollen, sondern es gilt, die eigene Zukunftsfähigkeit wieder herzustellen. Geld ist keine Alternative für mangelnde Perspektiven. Geld ersetzt keine Visionen. Die Zukunft ist offen für kluge Investitionen, sie ist aber nicht käuflich.
Nun Visionen bedeuten, neu schwimmen zu lernen. Gegen die Strömung. Oder Brücken zu bauen. In die richtige Richtung. Das ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen. Auch die von Staaten.

Staaten beziehungsweise ihre Vertretung dürfen sich nicht mehr als Institutionen begreifen, auch nicht als anonyme Konzerne; beides hat zu viel mit Macht zu tun. Nein, Staaten beziehungsweise ihre Vertretung müssen sich vielmehr als eine Art Personenunternehmen verstehen. Im Mittelstand, der ja das viel beschworene Rückgrat der Wirtschaft bildet. Und damit wären dieselben Eigenschaften bei Staaten beziehungsweise ihrer Vertretung gefragt, die sie selbst heute schon von eben solchen Betrieben einfordern. Staaten beziehungsweise ihre Vertretung müssten also …innovativ und zukunftsgerichtet sein, …die Unternehmungen positiv weiterentwickeln, …langfristig denken, …sinnvolle Produkte auf den Markt bringen beziehungsweise gute Leistungen liefern, …Orientierung besitzen und Perspektiven entwickeln, …ganzheitliche Verantwortung übernehmen, …sorgfältig mit den Ressourcen agieren, …Entscheidungen plausibel machen, …für ein gutes Arbeitsklima sorgen und ihre Belegschaft motivieren, …Werte hochhalten, aber offen bleiben, …Beziehungen pflegen und konstruktive Partnerschaften eingehen,
…kommunikativ, freundlich, kompetent und zuverlässig sein, …außergewöhnlichen Service bieten, …wettbewerbsfähig auftreten, …sich ständig weiterbilden, …für qualifizierten Nachwuchs sorgen, …eine transparente und sorgfältige Buchhaltung vorweisen können, …Vertrauens- und Kreditwürdigkeit besitzen, …klug haushalten, ja - und sie müssten letztlich auch für das eingegangene Risiko selbst haften. Eine Utopie, ich weiß.

Ich glaube, der Grund, warum wir keine paradiesischen Zustände herstellen können, liegt darin, dass wir uns im Glauben an das Gute viel zu schnell verunsichern lassen.
Doch – die größte Niete ist das Los, in das wir uns fügen.
Es gibt kein Schicksal, außer wir ergeben uns einem.
Ich habe keine Lust, mich zu ergeben.
Ich gebe mich lieber hin.
Der Fröhlichkeit.
Dem Lachen.
Vielleicht steckt das ja an.
Wäre ein Wunder.
Ein echtes.

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de