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Auch Geschäftskunden schätzen Cross-Channel-Angebote – B2B-Handel im digitalen Zeitalter
Von Dr. Kai Hudetz und Dr. Jens Rothenstein, ECC Köln
Der deutsche Onlinehandel boomt – von Stagnation ist auch weiterhin nichts zu spüren. So erwirtschaftete der Online-Einzelhandel 2015 bereits 46,3 Milliarden Euro, während es nur fünf Jahre zuvor lediglich rund 23,8 Milliarden Euro gewesen waren. Damit wurden im vergangenen Jahr knapp 10 Prozent des Umsatzes des gesamten deutschen Einzelhandels online erzielt. Für 2020 wird gar ein Online-Umsatz im Endkundengeschäft in Höhe von 73,3 Milliarden Euro prognostiziert. Mit dem privaten Online-Shopping sind die meisten Kunden vertraut, doch wie sieht es im B2B-Bereich aus? Auch in diesem Geschäftsfeld ist eine steigende Tendenz zu beobachten: Von 2007 bis 2012 ist der Onlineanteil am Gesamtumsatz im B2B-Sektor von 8,5 auf 16,9 Prozent geklettert.
Innerhalb des B2B-E-Commerce stellt der Großhandel einen der umsatzstärksten Bereiche dar: Mit einem Umsatz von rund 40 Milliarden Euro, generiert durch Websites oder Online-Shops im Jahr 2013, fällt der Online-Anteil in diesem Bereich zwar vergleichsweise gering aus – schließlich setzte der Großhandel über den standardisierten elektronischen Datenaustausch (EDI) mit 212 Milliarden Euro deutlich mehr um. Gerade aber hinsichtlich kleinerer Gewerbekunden existiert für Onlinelösungen ein großes Potenzial.
Gemäß einer aktuellen ECC-Studie vertreiben knapp 85 Prozent der Großhändler ihre Waren über persönlichen Kontakt, nur 42 Prozent verfügen über einen eigenen Online-Shop. Eine zentrale Rolle spielen Online-Shops vor allem bei der Neukundengewinnung oder der Ansprache jüngerer Kunden und solcher, die keinen Fachhändler in ihrer Nähe haben. Online-Shops gelten daher auch im Großhandel oft als Investition in die Zukunft. So glauben 30 Prozent der Großhändler, dass E-Commerce im B2B-Bereich an Bedeutung gewinnen wird und nur Großhändler, die ihre Kunden über alle verfügbaren Kanäle ansprechen, dauerhaft erfolgreich sein werden. Nur 10 Prozent sehen im Onlinehandel eine Bedrohung.
Im B2B-Bereich existiert ein kanalübergreifendes Informations- und Beschaffungsverhalten
Wie wichtig Cross-Channel-Angebote auch im B2B-Bereich sind, zeigt eine weitere Studie des ECC Köln, die sich mit dem kanalübergreifenden Informations- und Beschaffungsverhalten von Geschäftskunden beschäftigt. Im Rahmen dieser Studie wurden 602 Entscheider aus der D-A-CH-Region zu ihrem Einkaufsverhalten in Bezug auf indirekte Güter mit geringem Warenwert befragt. Es wurde festgestellt, dass dem Kauf in einem Kanal häufig die Informationsbeschaffung in einem anderen Kanal vorausgeht. So informieren sich beispielsweise 30 Prozent der Kunden zunächst in Printmedien, bevor sie anschließend den Kauf online abwickeln.

Um auf dieses Kundenverhalten zu reagieren und die Vertriebskanäle miteinander zu verzahnen, existiert eine Vielzahl an Angeboten und Services. Diese reichen von Onlinekatalogen bis hin zur Onlineschnellbestellung per Katalognummer. Im Bereich der Verknüpfung von Online hin zum persönlichen Kontakt ist die Onlinestandortsuche fast schon eine Selbstverständlichkeit und auch der Onlineverfügbarkeitscheck stellt keine Seltenheit mehr dar. Der virtuelle Rundgang durch die Filiale ist hingegen noch die Ausnahme.
Doch wie kommen diese Angebote bei der Kundschaft an? Elektronische Kataloge, aus denen direkt im Internet bestellt werden kann, werden von knapp 80 Prozent der Kunden genutzt. Über die Hälfte der Befragten nutzt außerdem Kundenkarten, die über mehrere Kanäle hinweg eingesetzt werden können, und Kundenkonten, in denen alle Beschaffungen aus den verschiedenen Vertriebskanälen zusammengefasst und beispielsweise Rechnungen in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Doch auch vonseiten der Anbieter wird der Einsatz digitaler Services immer intensiver. Fast die Hälfte der Großhändler setzt im Kundenkontakt mobile Endgeräte ein – vor allem, um schnell auf Informationen zugreifen oder Produkte präsentieren zu können.

B2B-Marktplätze spielen in Deutschland dagegen eine zumeist untergeordnete Rolle. Auch Amazon Business ist als B2B-Plattform bislang nur in den USA verfügbar. Onlinemarktplätze zum Vergleich von Preisen und Leistungen verschiedener Anbieter finden jedoch knapp 70 Prozent der befragten Geschäftskunden interessant, knapp 45 Prozent wünschen sich eine Plattform wie Amazon Business auch in Deutschland. Doch was erwarten die Geschäftskunden von solchen Plattformen? Eine Befragung des ECC Köln zum Thema B2B-Marktplätze erfasste zentrale Aspekte bei der Beschaffung und dem Vertrieb über B2B-Märktplätze am Beispiel von Eisenwaren.
Auch Geschäftskunden sind im Privatleben Konsumenten
Bei der Beschaffung auf solchen Plattformen sind den Kunden vor allem eine hohe Benutzerfreundlichkeit im Front- und Backend, ein guter Kundenservice inklusive technischem Support sowie ein breites und tiefes Produktsortiment wichtig. Als wünschenswerte Zusatzaspekte wurden u. a. die Auswahl verschiedener Bezahlmöglichkeiten, Informationen über die Lieferverfügbarkeit und -zeit, die Verfügbarkeit technischer Zertifikate sowie eine kompetente und zuverlässige Kundenbetreuung genannt. Beim Vertrieb von Eisenwaren über B2B-Plattformen zählen ebenfalls die Benutzerfreundlichkeit und der Kundenservice, jedoch auch eine gute Optik und ansprechende Gestaltung. Generell werden einige Aspekte, die für die Beschaffung als eher neutral eingeschätzt werden, im Vertrieb wichtiger eingestuft. Wünschenswerte Zusatzaspekte sind aus dieser Perspektive ein schneller Upload von aktuellen Daten, ein suchmaschinenoptimierter Auftritt und eine einfache Bestellabwicklung sowie Datensicherheit vor unbefugten Nutzern.
Zwei zentrale Erkenntnisse lassen sich aus dem aktuellen Stand der Forschung zum B2B-E-Commerce eindeutig ableiten: Auch Geschäftskunden werden durch ihr (Online-)Konsumentenverhalten beeinflusst, weshalb Cross-Channel-Services kein Selbstzweck sein dürfen, sondern in ein kundenzentriertes Gesamtkonzept eingebettet werden müssen. Seit 2002 forscht das IFH Köln zum B2C-Cross-Channel-Verhalten und mit der nunmehr dritten Studie im B2B-Bereich wird immer deutlicher, dass sich die Erkenntnisse des B2C auch im B2B-Sektor zeigen. Die kaufmännischen Entscheider der Unternehmen sind im Privatleben eben auch Konsumenten. Was sie als Konsumenten kennenlernen, wollen sie auch im Berufsalltag wiederfinden. Cross-Channel-Lösungen sind deshalb aber noch lange kein Allheilmittel. Nur wenn konsequent aus Sicht des Kunden gedacht wird und die Technologien in einem kundenzentrierten Gesamtkonzept echten Mehrwert bieten, werden sie sich bezahlt machen.
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