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Andreas Woppmann: "Social Media Research bietet viele neue Möglichkeiten, die nicht in direkter Konkurrenz zur "klassischen" Marktforschung stehen"

Andreas Woppmann (MAM Babyartikel GmbH)
Andreas Woppmann ist Abteilungsleiter der Marktforschung bei der MAM Babyartikel GmbH, einem Hersteller von Babyprodukten mit Sitz in Wien. Gemeinsam mit Karl Ledermüller von der Wirtschaftsuniversität Wien wurde Andreas Woppmann auf der diesjährigen General Online Konferenz GOR11 mit dem Best Practice Award geehrt. Im Interview mit marktforschung.de erläutert er das auf der GOR ausgezeichnete Tool "Quick and clever - creating an automated facebook monitoring tool for MAM" und äußert sich zur Bedeutung von Social Media Marketing und -Research für die MAM Babyartikel GmbH.
marktforschung.de: Herr Woppmann, zunächst einmal Gratulation zum Gewinn des "Best Practice Award"! In ihrer Präsentation ging es um ein Tool für Facebook - würden Sie unseren Lesern kurz erklären, welche Strategie Sie mit ihrer Facebook-Seite verfolgen und wie das von Ihnen entwickelte Tool dabei hilft?
Andreas Woppmann: Das lokale Marketing unserer Töchter war die treibende Kraft hinter unserem Facebook-Auftritt. Da wir im Headquarter natürlich wissen wollten, welche Aktivitäten von unseren Töchtern durchgeführt werden und wie effektiv diese sind, haben wir beschlossen die Facebook-Seiten der einzelnen Länder zu analysieren. Da wir aktuell in vier verschiedenen Ländern Facebook Auftritte haben, und in Kürze weitere dazu kommen, mussten wir ein Tool entwickeln, das es uns ermöglicht, mehrere Länder miteinander vergleichen zu können und mittels Benchmarks Handlungsanweisungen daraus abzuleiten.
marktforschung.de: Die Präsentation auf der GOR hatte den Titel "Quick and Clever". Was genau macht denn ihre Software so "schnell und clever"?
Andreas Woppmann: Das Hauptaugenmerk liegt auf dem "schnell". Durch die Programmierung der Analyse mittels der Open Source Software Pakete R und LaTex lässt sich ein standardisierter Bericht mit allen grundlegenden Kennzahlen und Abbildungen sozusagen mittels Knopfdruck erstellen. Auch wenn wir die Präsentation danach noch etwas visuell aufarbeiten, kann die komplette Analyse für alle Länder innerhalb eines Tages durchgeführt werden.
Aber Schnelligkeit allein reicht natürlich nicht. "Clever" daran ist die Möglichkeit, verschiedene Fanpages miteinander vergleichen zu können und so die Entwicklung von Benchmarks und Gütekriterien zu entwickeln. Es ist nicht so leicht, die Qualität einer Community zu bewerten, und durch unser neues Tool haben wir erstmals eine Reihe von Kennzahlen, die uns eine erste Einschätzung ermöglichen. Wenn diese die qualitative inhaltliche Analyse auch nicht obsolet macht.
marktforschung.de: MAM hat bei Facebook mehr als 20.000 Fans. Wie viele davon sind wirklich aktiv? Wozu nutzen ihre Kunden die Kommunikationsmöglichkeiten von Facebook und gibt es auch mal richtige Diskussionen unter den MAM-Fans?
Andreas Woppmann: Erfreulicherweise sind sehr viele Fans aktiv. Laut Facebook-Statistik haben wir im Durchschnitt 20%, die täglich und immerhin 48%, die zumindest wöchentlich unsere Facebook Seiten besuchen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass das Thema Baby viele Eltern sehr intensiv über einen bestimmten Zeitraum beschäftigt, dieses Interesse aber verständlicherweise auch wieder abnimmt. Genauso wie in unseren #break# Konsumenten-Panels ist hier die ständige Gewinnung neuer Fans notwendig, was sicher eine der Hauptherausforderungen an das Social Media Marketing von MAM stellt. Obwohl Facebook ja immer als 2-way-communication dargestellt wird, ist die Ansprache schon mehr auf die Marke MAM fokussiert. Wobei gerade Fragen über Produkte, Distribution und neue Designs sehr beliebt sind. Allerdings kommt es durchaus häufiger vor, dass sich die Fans sozusagen selbst untereinander helfen. Was für uns natürlich ideal ist, da dadurch der Community-Gedanke noch verstärkt wird und wir dann natürlich auch weniger Arbeit haben.
marktforschung.de: Ein Klischee besagt, dass eher Männer im Social-Web aktiv sind. Trifft das auch auf ihre Facebook-Fans zu?
Andreas Woppmann: Das können wir so nicht bestätigen, da wir doch eine sehr spezifische Zielgruppe besitzen. Es ist eher interessant, dass trotz unserer Produktpalette, die hauptsächlich Mütter anspricht, auch einige Männer aktiv auf unserer Seite posten, aber die kann man an - noch - einer Hand abzählen.
marktforschung.de: Bietet das Netz die Möglichkeit, Männer mehr für Babyartikel zu interessieren?
Andreas Woppmann: Wie schon gesagt, die Betreuung von Kleinkinder bis zu drei Jahren - unsere primäre Zielgruppe - ist momentan immer noch überwiegend Frauensache. Wir diskutieren zwar immer wieder intern, ob man Männer nicht doch verstärkt berücksichtigen sollte, aber wenn man konkrete Marketing-Aktionen oder Marktforschungs-Studien durchführt, ist es einfach nicht zielführend, sich auf diese Zielgruppe zu fokussieren, weil sie bisher schlicht zu klein ist. Aber wir werden das auf jeden Fall weiterhin verfolgen!
marktforschung.de: Sind junge Eltern eine Zielgruppe, die sich besonders gut online "erforschen" lässt?
Andreas Woppmann: Auf jeden Fall. All diese Personen sind zu einem großen Teil sehr Internetaffin. Natürlich unterscheidet sich das von Land zu Land, aber da unsere Produkte im Premium-Segment angesiedelt sind, korreliert der Internetzugang meist sehr hoch mit unserer Zielgruppe. Zusätzlich sind junge Eltern gerade in den ersten Monaten und Jahren oft häufig zu Hause und durchaus bereit und gewillt, uns Ihre Expertise mitzuteilen, was Onlineforschung hier zu einem perfekten Mittel für viele Untersuchungen macht - wobei einem natürlich klar sein muss, dass nicht alles online umsetzbar ist.
marktforschung.de: Was macht Facebook ihrer Meinung nach so interessant für die Marktforschung und welche Potentiale stecken noch in der Plattform?
Andreas Woppmann: Facebook bietet uns die Möglichkeit, näher am Konsumenten zu sein. Sowohl neue Trends als auch etwaige Probleme mit unseren Produkten können wir zeitnah auf Facebook verfolgen. Und wir können das nicht nur für unsere Fans, sondern wir #break# sehen auch, was die Fans der Konkurrenz beschäftigt. Gerade das sehe ich auch als große Chance der Facebook-Analysen. Alle versuchen, ihren Facebook Auftritt möglichst effektiv zu gestalten, bei gleichzeitiger vollkommener Transparenz aller Aktionen. Dabei kann man viel lernen. Andererseits gibt es auch große Limitationen beim Einsatz von Marktforschungsinstrumenten auf den Social Media Kanälen, weswegen ich klassische Marktforschung und Social Media Analyse sehr strikt trenne.
marktforschung.de: Ist auch Mobile Research eine Option für ihre weiteren Marktforschungstätigkeiten? Wenn ja, was für Erwartungen haben Sie an diesen Forschungsansatz?
Andreas Woppmann: Mobile Research ist sicherlich nur die logische Weiterentwicklung der digitalen Welt. Ich denke zwar nicht, dass Mobile Research aktuell eine Erhebungsform darstellt, die schnell im Unternehmen realisiert werden muss, da zum einen die Penetration in der Bevölkerung noch nicht sehr hoch ist - wenn auch diese stark wächst - und zum anderen der Konsument einfach noch nicht gewöhnt ist, Befragungen mobil durchzuführen. Aber in ein paar Jahren wird dies sicher ein Standardzugang zu digitalen Inhalten sein, und dann muss ich den potentiellen Umfrageteilnehmer zweifellos dort abholen, wo er sich aufhält.
Gleichzeitig sehe ich diese Entwicklung schon mit ein wenig Bedenken. Es wird sicher eine Herausforderung sein, mit einem noch schnelleren Medium und der einhergehenden verringerten Aufmerksamkeitsspanne auf der Seite des Befragten noch Erhebungen durchführen zu können, die valide Ergebnisse liefern. Hier wird man sicher die Art der Erhebung an sich überdenken müssen.
Ich könnte mir vorstellen, dass in diesem Kontext die Bedeutung von Access Panels noch steigen könnte. Bei diesen hat man eine Reihe von Informationen, die man nicht in jeder Erhebung wieder und wieder abfragen muss und kann dann auch besser mit kurzen Befragungen leben.
marktforschung.de: Wird bei MAM primär mit Social Media Research gearbeitet oder spielt "klassische" Marktforschung weiterhin eine große Rolle?
Andreas Woppmann: Wie schon zuvor erwähnt trenne ich diese beiden Bereiche sehr konsequent. Bei MAM liegt der Fokus sicher noch auf den "klassischen" Methoden, wobei es für mich da keinen großen Unterschied zwischen online und offline gibt, da ich Instrumente wie Online Fokusgruppen oder Online Fragebögen mittlerweile auch schon zu den "klassischen" Methoden zählen würde. Und meiner Meinung nach wird das auch in den nächsten Jahren so bleiben. Social Media Research bietet viele neue Möglichkeiten, #break# die nicht in direkter Konkurrenz zur "klassischen" Marktforschung stehen.
Bei wichtigen Entscheidungen, wie z.B. für einen Produktlaunch, muss der Marktforscher immer noch möglichst valide Ergebnisse liefern. Und die Grundlagen für Validität kann ich nur in einem kontrollierten Setting erreichen, mit all den Instrumenten, die über Jahrzehnte hinweg von der empirischen Sozialforschung entwickelt wurden.
Nur weil wir jetzt ein neues Medium haben, kann man die langjährige wissenschaftstheoretische Diskussion ja nicht über den Haufen werfen. Und die Personen, die auf Facebook posten, sind definitiv nicht eine repräsentative Zufallsstichprobe. Gleichzeitig wäre es auch sträflich, wenn man die neuen Möglichkeiten von Social Media nicht wahrnehmen würde. Gerade als Ideenpool und Frühwarnsystem ist dies ein geniales Medium. So ist Social Media Research für meine Arbeit ein Zusatztool, das uns helfen kann, einen Teil der Konsumenten noch besser zu verstehen, und additiv zur klassischen Marktforschung eingesetzt werden sollte. Also nicht entweder oder, sondern im Idealfall beides!
marktforschung.de: Haben die bisherigen Arbeiten mit dem Facebook-Tool schon Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess neuer Produkte?
Andreas Woppmann: Es beginnt langsam. Wir hatten zumindest schon ein paar Denkanstöße, die weitere Marktforschungen anregten. Ich sehe hier Facebook auch als eine Art "kostenloses Brainstorming" der Konsumenten. In welche Richtung man dann gehen möchte und wie man zu detaillierteren Ergebnissen kommt, ist dann immer noch eine darauf aufbauende, interne Entscheidung.
marktforschung.de: Haben Sie schon eine Möglichkeit gefunden, auch die Kinder und Babys sinnvoll in die Online Marktforschung einzubinden?
Andreas Woppmann: Da wir mit unserem bestehenden Sortiment verstärkt Kinder zwischen 0-24 Monate ansprechen und wir kein Produkt haben, das für Kinder über 3 Jahre gedacht ist, spielt das für uns momentan keine Rolle. Dafür sind unsere Verbraucher einfach viel zu jung. Sollten wir unser Produktportfolio ausweiten, muss man darüber sicher noch einmal nachdenken.
marktforschung.de: Herr Woppmann, vielen Dank für das Gespräch!
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