Peter Wiegelmann im Interview "Als BVM-Fachbeirat fühle ich mich verpflichtet, dieses Thema auch außerhalb der Verbände zu diskutieren"

In seinem kürzlich veröffentlichten offenen Brief warnt Peter Wiegelmann, Geschäftsführer von Interrogare, die Branche vor den schwerwiegenden Folgen verschwiegener Offshore-Telefonie und fordert zugleich die Branchenverbände auf, klare Richtlinien zur Qualitätssicherung zu schaffen. Mit marktforschung.de sprach Wiegelmann exklusiv über die Motive seines offenen Briefes und darüber, welche Konsequenzen er aus der Erfahrung zieht.

Peter Wiegelmann, Interrogare (Bild: Interrogare)

Peter Wiegelmann, Interrogare (Bild: Interrogare)

marktforschung.de: Herr Wiegelmann, als Geschäftsführer von Interrogare und in Ihrer Rolle als BVM-Fachbeirat prangern Sie in einem offenen Brief an die Branche nun erhebliche Qualitätsmängel bei einigen Felddienstleistern an und nennen als Beispiel Offshore-Telefonie. Was hat Sie zu diesem Brief bewogen?

Peter Wiegelmann: Wir wurden bei einer großen telefonisch durchgeführten bevölkerungsrepräsentativen Studie mit dieser beschriebenen Durchführungspraktik konfrontiert. Mein Anliegen ist es daher, betriebliche Marktforscher und Institute ohne eigene CATI Felder zu sensibilisieren und sie aufzufordern, zukünftig noch detailliertere Fragen zur konkreten Durchführung zu stellen. Außerdem fühle ich mich als BVM-Fachbeirat verpflichtet, dieses Thema auch außerhalb der Verbände zu diskutieren. 

marktforschung.de: Sie schreiben in Ihrem offenen Brief: "Was kann man an Qualität erwarten, wenn Unteraufträge ins Ausland vergeben oder die Interviews aus dem Ausland geführt werden?" – Wie sind Sie diesen Praktiken auf die Spur gekommen und wie häufig kommt so etwas Ihrer Meinung nach vor?

Peter Wiegelmann: Über die Häufigkeit kann ich nichts Genaues sagen. Die ersten Rückmeldungen lassen aber vermuten, dass es zumindest häufiger vorkommt. Um das klarzustellen: Offshore-Telefonie ist nichts Unrechtes. Jeder Telefon-Studiobetreiber kann Telefonie ins Ausland auslagern, nur sollte dies vorab und nicht erst auf Nachfrage aufgrund von Dateninkonsistenzen kommuniziert werden. 

marktforschung.de: Die Branche legt eigentlich doch großen Wert auf Qualitätsstandards und Richtlinien. Was glauben Sie, warum gibt es bisher noch keine Richtlinien beziehungsweise Auskunftspflicht bezüglich der Einbindung ausländischer Partner und Standorte bei Angebotsabgabe oder während der Feldarbeit? Warum wurde das versäumt?

Peter Wiegelmann: Nach Prüfung der aktuellen Richtlinien gibt es keine Pflicht des Anbieters im Vorfeld aktiv darüber aufzuklären, dass vorrangig aus dem Ausland telefoniert wird. Diese "Nicht-Pflicht" betrifft im Übrigen auch die Bekanntgabe des Anteils der nicht-muttersprachlichen Interviewer. Ich hoffe sehr, dass die Richtlinien nun neu diskutiert werden. Ob es ein Versäumnis ist oder nicht, wird die Zukunft zeigen. Eventuell war es bislang zu wenig relevant.  

marktforschung.de: Welche Möglichkeiten hat die Branche, um gegen schwarze Schafe beziehungsweise Offshore-Telefonie vorzugehen?

Peter Wiegelmann: Die Frage ist meiner Ansicht nach nicht richtig. Wie bereits gesagt, man muss nicht gegen Offshore-Telefonie vorgehen. Das kann jeder Dienstleister anbieten. Betriebswirtschaftlich gesehen hat es sicherlich auch seine Berechtigung. Es kann aufgrund des schlankeren Lohnniveaus wahrscheinlich preiswerter angeboten beziehungsweise können so größere Margen erwirtschaftet werden. Die, die zur Zeit intransparent auf dem Markt agieren, werden durch hoffentlich zukünftig strengere Richtlinien im Standesrecht dazu bald aufgefordert werden.

marktforschung.de: Wie können sich Unternehmen in Zukunft vor solchen Praktiken schützen, welche Empfehlungen geben Sie ab?

Peter Wiegelmann: Man darf oder sollte wohl einfach nichts erwarten. Sei es scheinbar auch noch so selbstverständlich im Vorfeld informiert zu werden, fragen Sie nach der konkreten Durchführung. Wir fragen unsere CATI Partner seit dieser Erfahrung noch detaillierter nach der Durchführungspraxis und vor allem dem geografischen Standort der eingebunden Interviewer. Unabhängig einer Verbandsmitgliedschaft oder eines ISO Zertifikates. Abschließend sei erwähnt, dass Qualität und deren Kontrolle natürlich auch für alle anderen Erhebungsmethoden und nicht zuletzt für die eigenen Prozesse entscheidend ist. Wir haben meiner Meinung nach eine hervorragende QS bei Interrogare, die wir kontinuierlich verbessern. Die Inkraftsetzung der neuen Datenschutzgrundverordnung in diesem Mai, erfordert sowieso eine neue Auseinandersetzung mit den Vertragswerken und Prozessen auch in unserer Branche. Eine gute Gelegenheit, die Zusammenarbeit aller Stakeholder zu verbessern. 

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de